> Chemie in Verpackung, Nahrung, Kosmetik: Stört Stoffwechsel und Hormonsystem

Es sind chemische Stoffe, die in Produkten des täglichen Lebens verwendet werden - beispielsweise in Kunststoffverpackungen, Kosmetika, Pestiziden, elektronischen Geräten und der Nahrung. Mindestens 800 solcher chemischen Substanzen haben Wissenschaftler ausgemacht, die als sogenannte Endokrine Disruptoren gelten. Also Stoffe, die in das Hormonsystem eingreifen und schwere Stoffwechselstörungen verursachen.

Das Schlimme an diesen Substanzen ist, dass ihr Einsatz nur lasch reguliert ist. Und das, obwohl die Wirkungen der Endokrinen Disruptoren kaum ausreichend untersucht wurde. Führende Wissenschaftler bemängeln in der Berlaymont Declaration, dass für eine ganze Reihe solcher verdächtigen chemischen Substanzen noch nicht einmal Testmethoden entwickelt wurden. Was bedeutet, dass der Einsatz ohne jegliche Kontrolle erfolgt.

Und bei den Substanzen, die getestet werden könnten, würde die Industrie die derzeit effektivsten Methoden nicht anwenden. Dass die aktuellen Regularien ohne jeden Nachweis davon ausgehe, dass niedrige Belastungsmengen mit diesen Stoffen ungefährlich seien, empfinden die Wissenschaftler als besonders besorgniserregend. „Eine große Zahl der Endokrinen Disruptoren beginnt schon bei kleiner Dosis zu wirken“, warnt Professor Dr. Helmut Schatz von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Für diese Stoffe gebe es keinen Schwellenwert, unterhalb dem die Substanzen ungefährlich sind. Ihre Gefährlichkeit bestehe unter anderem darin, dass sich ihre schädigende Wirkung über längere Zeiträume hinweg addiere.

Und das kann dann erheblichen Schaden anrichten. Beschreibt Schatz die Gefahren Endokriner Disruptoren: „Sie beeinflussen das Gleichgewicht des Hormonsystems und den Stoffwechsel, die Fettspeicherung und die Entwicklung der Knochen und des Immunsystems.“ Bei der Entwicklung des kindlichen Nervensystems kann das fatale Folgen haben. Sie können zu Genitalmissbildungen bei Jungen führen, die Samenbildung stören oder auch das Aufmerksamkeitsdefizit/ Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) bei Kindern fördern und bei endokrin-bezogenen Krebsformen von Prostata, Brust und Schilddrüse beteiligt sein, erklärt Schatz.

Die Berlaymont Declaration fordert umfassende Forschungsprogramme. Aus ersten Untersuchungen leite man ab, dass schwerwiegende und irreversible Schäden durch Endokrine Disruptoren wahrscheinlich sind. Allerdings fehle es  derzeit noch an genügend Daten, um das Risiko genau zu beschreiben zu können. Zu den Endokrinen Disruptoren zählen z.B. Bisphenol A, das beispielsweise für die Innenbeschichtung von Konservendosen verwendet wird, oder Phthalate, die als „Weichmacher“ vielfach in der Verpackungsindustrie benutzt werden.

Berliner Ärzteblatt 29.05.2013/ Quelle: Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)

 
 
 
 
 
 
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