> Was haben Mineralölsrückstände in der Schokolade zu suchen?

Die Stiftung Warentest hat in der Schokolade von 24 Adventskalendern Rückstände von Mineralöl und ähnlichen Substanzen gefunden. Neun  Produkte enthielten sogar besonders kritische Stoffe, die aromatischen Mineralöle. Zu suchen haben diese Rückstände dort überhaupt nichts. Die Gesundheitsgefahren bewertet das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) als relativ gering. Doch so richtig glauben kann man das nicht.

Die Tester haben aromatische Mineralöle (Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe - PAK) in Schokoladenkalendern mit Kindermotiven aufgespürt. Die betroffenen Marken: Rausch, Confiserie Heilemann, Arko, Riegelein „The Simpsons“, Feodora Vollmilch-Hochfein Chocolade, Smarties, Hachez Adventskalender „Schöne Weihnachtszeit“ sowie Friedel Adventskalender und Lindt „Adventskalender für Kinder“.  Woher diese bedenklichen Stoffe kommen? Die Stiftung vermutet, dass sie aus dem Karton stammen. Er werde häufig aus Recycling-Papier hergestellt, das mit mineralölhaltigen Farben bedruckt ist.

Aromatischen Mineralöle stehen laut Stiftung Warentest im Verdacht, Krebs zu erregen. Darüber hinaus stießen die Tester auf noch andere Mineralöl-Typen in der Schokolade, die zu den nicht-aromatischen Kohlenwasserstoffen zählen. Welche gesundheitlichen Risiken mit denen verbunden sind, konnte bisher nicht geklärt werden. Laut Stiftung würden Tierversuche einen Zusammenhang mit Entzündungserscheinungen in der Leber aufzeigen .

Eine Bewertung des gesundheitlichen Risikos dieser Verunreinigung hat  das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vorgenommen. Sie ermittelte bis zu 7 Milligramm aromatische Kohlenwasserstoffe pro Kilogramm Schokolade. Das bedeutet, dass jedes Schokoteil aus dem Kalender mit 0,022 Milligramm aromatischer Kohlenwasserstoffe belastet ist. Das BfR kommt zu folgendem Schluss: "Aus diesem Gehalt ergibt sich unter der Annahme des Verzehrs von einem Schokoladenteilchen pro Tag nur ein sehr geringer zusätzlicher Anteil zu der von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA (2012) abgeschätzten täglichen Aufnahme von aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffen über die Nahrung."

Das kling erst einmal beruhigend. Doch ganz sicher scheint sich das BfR mit seiner Analyse nicht zu sein. Deshalb schiebt sie nach, dass der Anteil an der Hintergrundbelastung zwar gering sei, "dennoch sind aromatische Kohlenwasserstoffe in Lebensmitteln unerwünscht". Und das Institut räumt auch ein: "Diese Kohlenwasserstoffgemische sind toxikologisch nicht ausreichend untersucht. Insofern kann auch ein mögliches krebserzeugendes Potential der aromatischen Kohlenwasserstofffraktion in Lebensmittel nicht ausgeschlossen werden."

Erstaunlich: Obwohl die PAK nicht ausreichend untersucht sind, gibt es Höchstwerte für die Aufnahme, die als undenklich gelten. Dabei ist es kein Geheimnis, dass diesen Stoffe endokrine (das Hormonsystem beeinflussend, gentoxische (verändern das genetische Material), kanzerogene (eine Krebserkrankung fördernd) und teratogene (ruft Fehlbildungen beim Embryo hervor) Wirkungen beigemessen werden. Diese Stoffe finden sich laut einer Untersuchung des TÜV Rheinland bei 30 verschiedenen Produkten in abenteuerlichen Bereichen. Beispiel: Wer den untersuchten Lenkradbezug eine Stunde lang anfasst, setzt sich einer Benzo(a)pyrenbelastung (PAK) aus, als würde er in der gleichen Zeit ca. 1000 Zigaretten rauchen. Und das ist insbesondere bei Kindern das Problem: Die Schokostückchen alleine sind vielleicht "nur" bedenklich, aber die Vielzahl von belasteten Gebrauchsgegenständen macht die Chemikalien hochgradig gefährlich.

Berliner Ärzteblatt 29.11.2012/ Quelle: Stiftung Warentest, Test 12/2012; Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR); Chemical Sensitivity Network

Die im Test am meisten belasteten Adventskalender: von oben Arko, Konfiserie Heilemann, Rausch (Foto: Stiftung Warentest):
Die im Test am meisten belasteten Adventskalender: von oben Arko, Konfiserie Heilemann, Rausch (Foto: Stiftung Warentest)




 
 
 
 
 
 
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