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Nach Ansicht des BfR schützt die EU-Spielzeug-Richtilinie Kinder nicht ausreichend vor gesundheitlichen Schäden (Foto: Stock photo)
> Kinderspielzeug: Krebszerzeugende Stoffe

Das Bundesinstitut für Risikobewertung
(BfR) hat Krebs erregende Chemikalien in Kinderspielzeug entdeckt. Die
Experten haben im Spielzeug einen Wert der gefährlichen Substanzen
gemessenen, der den noch als unbedenklich geltenden zum Teil um das
Hundertfache übersteigt. Die seit einem Jahr gültige
EU-Spielzeug-Richtlinie hält das Institut für völlig unzureichend.
Zahlreiche polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sind
krebserzeugende Substanzen, sie werden deshalb den sogenannten
CMR-Stoffen zugeordnet. CMR bedeutet, der Stoff ist krebserzeugend,
erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend. Bei den PAK handelt es
sich in der Regel um ein Substanzgemisch aus mehr als hundert
Einzelkomponenten. PAK können u.a. in verbrauchernahen Produkten aus
Gummi oder Elastomeren enthalten sein. Dazu gehört auch Spielzeug für Kinder. Ursache hierfür ist die
Verwendung von PAK-haltigen Weichmacherölen oder von Rußen, die
natürlicherweise PAK enthalten und die bei der Herstellung Gummi oder
Elastomeren zugesetzt werden, um den Materialien verschiedene
gewünschte mechanische und verarbeitungstechnische Eigenschaften zu
verleihen. Nach der neuen Spielzeugrichtlinie (RL 2009/48/EG) sind
CMR-Stoffe wie die PAK in Spielzeug zulässig, wenn deren Gehalt die im
Chemikalienrecht festgelegten Grenzwerte (RL 1999/45/EG, Verordnung
(EG) 1272/2008) nicht überschreitet. Das BfR mahnt nun, dass die mögliche Aufnahme durch die Haut von
Benzo[a]pyren (BaP), der Leitverbindung der PAK, über Spielzeug die
Aufnahme durch den Mund über die Nahrung deutlich überschreiten kann.
Auch würde diese über Spielzeug zulässige Aufnahme die nach dem TTC
(Threshold of Toxicological Concern)-Konzept für hochpotente
kanzerogene und mutagene Stoffe, wie BaP, abgeleitete gesundheitliche
Unbedenklichkeitsschwelle für die Aufnahme über alle Quellen um den
Faktor 300 überschreiten. Diesem TTC-Wert liegt ein in einigen Ländern
„gesellschaftlich akzeptiertes Lebenszeit-Krebsrisiko“ von 1 zu einer
Million zugrunde. Bei deutlicher Überschreitung des TTC-Wertes muss
dagegen von einem höheren Krebsrisiko ausgegangen werden. Das Beispiel der maximal zulässigen BaP-Exposition über Spielzeug und
dessen Vergleich mit dem TTC-Wert mache deutlich, dass eine
gesundheitliche Schädigung des spielenden Kindes nicht sicher
ausgeschlossen werden kann, folgert das BfR. Das Beispiel der PAK
verdeutliche, dass eine Übertragung der chemikalienrechtlichen
Regelungen auf die Verwendung von CMR-Stoffen in Spielzeug weder dem
Gebot zur Expositionsminimierung gerecht werde, noch ausreichenden
Schutz für die Gesundheit der Kinder biete. Es bestehe dringender Handlungsbedarf, die Exposition von Kindern
gegenüber CMR-Stoffen über alle Quellen im Sinne des
Gesundheitsschutzes zu minimieren. Dies schließe auch die Exposition
über Spielzeug ein. Kinder bis zu 6 Jahren haben im Mittel ca. 15000
Stunden gespielt. Das BfR kommt zu dem Schluss, dass die derzeit gültigen Werte die
Gesundheit von Kindern weder ausreichend schützen noch dem Gebot zur
Expositionsminimierung bei CMR-Stoffen genügen. Nach Auffassung des BfR
sollte für derartige Stoffe das ALARA Prinzip (as low as reasonably
achie-vable) gelten. Untersuchungen von Spielzeug zeigten, dass für die PAK die technisch
machbaren Gehalte deutlich unter den nach der Spielzeugrichtlinie
zulässigen Maximalgehalten liegen. Das BfR empfiehlt, sich bei
Regelungen für CMR-Stoffe in Spielzeug generell nicht auf Gehalte,
sondern analog zu Lebensmittelkontaktmaterialien auf die Migration
(Freisetzung) zu beziehen. Für diese Materialien gilt, dass die
Migration von CMR-Stoffen nicht nachweisbar sein darf. Diese
Anforderung ist nach Erkenntnissen des BfR technologisch machbar und
hat sich in der Praxis bewährt. Dass Handlungsbedarf besteht, zeigen die Daten des Krebsregisters am
Robert-Koch-Institut (RKI). Denn die belegen, dass in Deutschland die
Krebsraten bei Kindern steigen. Seit Beginn der Datendokumentation 1980
bis zum Jahre 2006 ist die Zahl der Neuerkrankungen (Inzidenz) von
malignen Erkrankungen bei Kindern bis 15 Jahren kontinuierlich um mehr
als 50% gestiegen. Bösartige Neubildungen von Tumoren sind bei Kindern
die zweithäufigste Todesursache (RKI 2008). Die Gründe hierfür werden
als „unklar“ tituliert. WANC 07.12.09/ Quelle: BfR
 
 
 
 
 
 
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