Armut kann krank machen (Foto: stock photo Image ID: 100110)
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> Das Gesundheitsrisiko Armut

Armut wirkt sich auf die Gesundheit aus. Dabei geht es nicht allein darum, dass bei armen Menschen viele Erkrankungen, Gesundheitsbeschwerden und Risikofaktoren vermehrt vorkommen, der eigene Gesundheitszustand und die Lebensqualität als schlechter empfunden wird und die Sterblichkeit höher liegt. Eine Studie belegt, dass Armut bei Kindern die Entwicklung des Gehirns stört.

Kinder, die in Armut aufwachsen müssen, bezahlen das mit ihrer Gesundheit - ein Leben lang. Beobachtet wurden 146 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren, die über einen Zeitraum zwischen fünf und zehn Jahren regelmäßig untersucht wurden. Dabei zeigte sich, dass bei Kindern aus armen Familien die Entwicklung des Gehirns gestört war. In einigen Regionen des Gehirns stellten die Ärzte fest, dass diese zurück geblieben waren. Die Kinder verfügten über weniger weiße Masse des Gehirns in Bereichen, die für Emotionen, Lern- und Merkfähigkeit zuständig sind.

Die Auswirkungen dieser Defizite können diese Kinder ein Leben lang begleiten. Sie erkranken eher an Depressionen, haben Lernprobleme und können kaum Stresssituationen stand halten.

Wie sehr Armut an der Gesundheit nagt, belegt auch eine Studie, die im Auftrag der Techniker Krankenkasse durchgeführt wurde. So wurde bei 37% der Hartz-IV-Empfänger innerhalb eines Jahres mindestens eine psychische Erkrankung diagnostiziert. Das Problem verschlimmert sich: Im Jahr 2006 lag der Anteil bei knapp 22%. Die AOK hat Zahlen vorgelegt, aus denen hervor geht, dass deren Krankenversicherte Hatz-IV-Empfänger 2007 zu 32,6% unter psychischen Einschränkungen litten, 2011 waren es bereits über 40%.
Wie sehr sich Armut auf die Gesundheit auswirkt, hat auch schon das Robert Koch Institut (RKI) untersucht. Menschen, die über weniger als 60% eines mittleren Haushaltseinkommens verfügen (das ist laut EU die Definition von Armut) haben eine Lebenserwartung von 76,9 Jahren. Menschen die 100% dieses mittleren Einkommens verdienen, leben 82 Jahre und diejenigen, deren Einkommen bei über 150% dieses Wertes liegen, haben eine Lebenserwartung von 85,3 Jahren.

Das RKI fand auch heraus, dass bei Menschen ab einem Alter von 45 Jahren verschiedene Erkrankungen in der Armutsri­sikogruppe vermehrt auftreten, z.B. Herzinfarkt, Schlagen­fall, Angina pectoris, Hypertonie, Diabetes mellitus, chroni­sche Bronchitis, chronische Lebererkrankung, Osteoporose, Arthrose und Depression. Bei Frauen wird zusätzlich häufiger Asthma bron­chiale sowie erhöhte Blutfettwerten diagnostiziert. Bei Männern treten auch Herzinsuffizienz, Arthritis und chronische Nierenin­suffizienz in der Armutsrisikogruppe gehäuft auf.

Arme Menschen können darüber hinaus häufiger aufgrund einer Krankheit alltägliche Aufgaben öfter nicht oder nur eingeschränkt verrichten als Personen aus den mittleren bzw. der hohen Einkommensgruppe. Diese Unterschiede zeichnen sich spätestens ab dem 30. Lebensjahr ab; bei Frauen sind sie auch schon im jungen Erwachsenenalter zu beobachten.

Armut beeinflusst außerdem das Gesundheitsverhalten. Frauen und Männer aus der Armutsrisikogruppe rauchen etwa 1,3mal häufiger als gleichaltrige der hohen Einkommensgruppe. Dass sie in den letzten drei Monaten vor der Befragung keinen Sport getrieben haben, wird von ihnen sogar mehr als zweimal so oft angegeben. Bei Frauen aus der niedrigen Einkommensgruppe ist das Risiko für Adipositas im Vergleich zu denjenigen aus der hohen Ein­kommensgruppe um den Faktor 3,3 erhöht. Bei Männern liegt der Faktor bei 1,6.

Berliner Ärzteblatt 01.11.2013/ Quelle: JAMA Pediatr., IAB Forschungsbericht 12/2013, Robert Koch Institut

 
 
 
 
 
 
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