Ulla Schmidt: Besteht auf Senkung der Kasenbeiträge
> Krankenkassen-Beiträge: Sinken nicht trotz Überschüssen

Auf rund 4 Milliarden Euro könnten die Einnahmeüberschüsse der gesetzlichen Krankenversicherungen bis zum Ende des Jahres anwachsen. Dennoch weigern sich die meisten Kassen bisher, die versprochene Beitragssenkung vorzunehmen. Ministerin Ulla Schmidt ist sauer.

Der Widerstand der Kassen gegen die von der Regierung verlangten Beitragsabsenkung wächst. Große gesetzliche Krankenkassen haben bereits in Aussicht gestellte Beitragssenkungen zum 1. Januar 2005 wieder mit Fragezeichen versehen. "Die derzeitige politische Lage ist so unsicher, dass wir nicht sinnvoll kalkulieren können", sagt ein Barmer-Sprecher.

Zuvor hatte die mit 5,6 Millionen Mitgliedern größte deutsche Krankenkasse wiederholt Hoffnung auf Beitragssatzsenkungen gemacht. Auch die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) ist vorsichtiger geworden. "Eventuell wird es zum 1. Januar eine weitere Beitragssatzsenkung geben", so DAK-Sprecher Frank Meiners. Im August hatte die DAK ihren rund fünf Millionen Mitgliedern noch eine "spürbare Senkung" des Beitragssatzes von derzeit 14,7 Prozent zum Jahresbeginn versprochen. Auch die AOK Westfalen-Lippe, die AOK Rheinland-Pfalz und die größte deutsche Betriebskrankenkasse, Deutsche BKK, stellen geplante Beitragssenkungen wieder in Frage.

Die Kassen begründen ihre Zurückhaltung mit den veränderten politischen Rahmenbedingungen. "Für eine solide Finanzplanung bräuchten wir sichere Daten und Annahmen", sagt der Barmer- Sprecher, "aber das ist derzeit nicht möglich." Bestes Beispiel sei die Zusatzversicherung für Zahnersatz, die innerhalb von vier Wochen komplett neu geregelt worden sei. "Die neue Gesetzgebung zum Zahnersatz wirft unsere ursprüngliche Planung über den Haufen", so auch Karl-Josef Steden, Sprecher der AOK Westfalen-Lippe. Die für die 2,1 Millionen Mitglieder geplante Beitragssenkung sei daher "schwieriger geworden".

Widerstand kommt auch von den Betriebskrankenkassen. "Man kann und sollte die Beiträge erst dann senken, wenn der erhoffte Überschuss Wirklichkeit geworden ist", sagt BKK-Sprecher Florian Lanz.
Die erwarteten Ausgabensteigerungen bei den Arzneimitteln und die Rücknahme der Ausgliederung des Zahnersatzes ließen den Spielraum für Beitragssenkungen zum Jahreswechsel rapide schrumpfen.

Ministerin Ulla Schmidt ist über das Verhalten der Kassen erzürnt. In einem Fernsehinterview (Morgenmagazin, 12.10.04) erklärte sie, dass die Kassen die Senkung immer wieder mit den gleichen Argumenten verzögerten. "Es ist traurig, dass viele Kassen ihre Beiträge nicht senken, obwohl sie das Potenzial dazu haben", sagte die SPD-Politikerin.

Dieses Hinhalten könne so nicht weiter gehen. Der von den Kassen vorgebrachte Schuldenabbau sei zwar "wünschenswert", solle aber über den gesetzlich vorgesehenen Zeitraum von vier Jahren erfolgen.Vor allem ist sie der Ansicht, dass die Einsparungen genauso wie die Mehreinnahmen, die derzeit erzielt werden, dauerhaft sind und dass die Änderungen zum Zahnersatz von den Versicherten getragen werde. Sie will den Druck auf die Kassen erhöhen.

Doch die scheinen dagegen immun zu sein. Schon im Juli 2003 hatten die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen in einem Gespräch mit Staatssekretär Klaus Theo Schröder vom Bundesgesundheitsministerium für das Jahr 2004 eine deutliche Senkung des Krankenversicherungsbeitrags angekündigt. Ein durchschnittlicher Beitragssatz von 13,6 Prozent sei realistisch, hieß es. Geschehen ist bisher nichts.

WANC 12.10.04/Der Tagesspiegel

 
 
 
 
 
 
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