Apfel essende Frau
Vitamine: In welcher Menge sie gesund sind und wie man sie zu sich nehmen soll, ist zunehmend umstritten
> Vitamine: Wie gesund sind sie wirklich in konzentrierter Form?

Vitamine und Antioxidantien sind
gesund, weil sie giftige Stoffe im Körper eliminieren. Deshalb
werden Vitamine und Antioxidantien auch in konzentrierter Form
eingenommen. Doch diese gängige Meinung bekommt immer mehr
Risse. Jetzt haben Forscher nachgewiesen, dass als Zellgifte
verschriene Stoffe durchaus Leben verlängern können. Ein
Umdenken in der Ernährung scheint angebracht.


Es geht um die ROS: Das sind bisher als
Zellgifte bekannte "reaktive Sauerstoff-Spezies". Diese
Zellgifte werden für Alterungsprozesse verantwortlich gemacht
und gelten zudem als Auslöser zahlreicher schwerer Krankheiten
wie Arteriosklerose, Krebs oder Alzheimer.



Doch dieses einseitige Bild müsse
revidiert werden, meinen Forscher. "Diese hochreaktiven Moleküle
entstehen in geringer Menge in jeder Körperzelle. Unter normalen
Bedingungen ist das kein Problem", erklärt der Michael
Ristow vom Lehrstuhl für Humanernährung an der
Friedrich-Schiller-Universität Jena. Gemeinsam mit
Wissenschaftlern des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung
Potsdam-Rehbrücke konnte Ristow an einem Modellorganismus
(Fadenwurm) nachweisen, dass oxidativer Stress und das damit
verbundene Vorkommen von ROS die Lebenserwartung deutlich verlängert.



Doch das war nicht die einzige
Entdeckung, die das Forscherteam machte. Es fand heraus, dass die
Einnahme von bestimmten Vitaminen und Antioxidantien, die die
Entstehung von ROS verhindern, die Lebensspanne der Tiere verkürzt.



Der Ausgangspunkt der Studie war die
Beobachtung, dass der Verzicht auf Glukose (Traubenzucker) das Leben
der Würmer entscheidend ausdehnte. Normaler Haushaltszucker
besteht zur Hälfte aus Traubenzucker. So erreichten die
Fadenwürmer bei normaler Nahrung ein durchschnittliches Alter
von 30 Tagen. Blockierten die Forscher den Zucker-Stoffwechsel
der Würmer, so überlebten diese ihre normal gefütterten
Artgenossen jedoch um bis zu 40 Tage.



"Dass eine kalorienarme Ernährung
das Leben verlängern kann, ist der Wissenschaft jedoch nicht
neu", so Ristow. Die aktuelle Studie liefert nun jedoch eine
Erklärung für dieses Phänomen. Dabei spielen die
Mitochondrien eine Schlüsselrolle. In diesen "Zellkraftwerken"
wird die Glukose in kleinere Moleküle zerlegt, die der Zelle
Energie liefert.



Wenn es allerdings an Glukose fehlt,
dann schalten die Mitochondrien auf andere Wege der Energiegewinnung
um: Sie "verbrennen" mit Hilfe von Sauerstoff vorwiegend
Fette. Als Nebenprodukte dieser Verbrennung entstehen ROS - und zwar
umso mehr, je stärker dieser Stoffwechselweg ohne Zucker genutzt
wird. Genau dies verlängert das Leben der Fadenwürmer.



"ROS aktivieren die
Abwehrmechanismen der Zellen gegen oxidativen Stress, was sich in der
Bilanz positiv auf die Lebenserwartung auswirkt", erklärt
Ristow. Wie sich diese Ergebnisse auf den Menschen auswirken, ist
allerdings nicht eindeutig geklärt. Ristow sieht darin
allerdings die Möglichkeit weitreichender Konsequenzen für
die Ernährung. "Sie bestätigen nicht nur, dass Zucker
in unserer Nahrung nur in Maßen vorkommen sollte", erklärt
der Forscher.



Im Hinblick auf die heute großzügig
praktizierte Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln -
insbesondere Antioxidantien - sei ein Umdenken nötig. Vor allem
die Einnahme von Vitamin-Präparaten, wie Vitamin C oder E, sieht
Ristow kritisch. "Sie verhindern die Entstehung von ROS und
somit möglicherweise auch deren lebensverlängernde
Wirkung."



WANC 22.10.07

 
 
 
 
 
 
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