Yogaübungen können sich auf verschiedene Beschwerden positiv auswirken (Foto: Jürgen Reitböck/ pixelio.de)
Yogaübungen können sich auf verschiedene Beschwerden positiv auswirken (Foto: Jürgen Reitböck/ pixelio.de)
> Yoga: Und es hilft doch

Ob Yoga mehr Lebensart ist oder die Gesundheit fördert, darüber gibt es ganz unterschiedliche Meinungen. Doch mittlerweile haben sich Wissenschaftler unterschiedlicher Institute - darunter von der Charité und der Harvard Universität - mit der Wirkung von Yoga beschäftigt und das therapeutische Potenzial von Yoga bei chronischen Schmerzen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder psychischen Belastungen untersucht. Der Diplom-Psychologe PD Dr. rer. medic. Holger Cramer hat die wissenschaftliche Datenlage zusammengefaßt.

Cramer, Forschungsleiter an der Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin, Kliniken Essen-Mitte, Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen, sieht in Yoga mehr als einen bloßen Modetrend. Meist seien es gesundheitliche Gründe, die die Menschen zum Yoga brächten. Auch einige Krankenkassen stuften Yoga inzwischen als wirksamen Therapie- und Präventionsansatz ein.

Laut Cramer gibt es gute Gründe: In den über 300 Studien, die er ausgewertet hat, wirkte sich Yoga nachweislich positiv auf unterschiedliche Beschwerden aus. Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und chronischen Schmerzen profitierten davon ebenso  wie Menschen mit psychischen Problemen. „Dabei ist Yoga nicht gleich Yoga“, betont Cramer. „Dazu zählen auch Übungen zur Konzentration und Meditation, zu Selbstdisziplin und Atemkontrolle.“

Die Art der Übungen sei aber mit entscheidend für den therapeutischen Erfolg. Gegen Bluthochdruck etwa hätten sich Yoga-Übungen als besonders wirksam erwiesen, die sich auf die Atmung konzentrieren. Offenbar setzen diese als Pranayama bezeichneten Übungen körpereigene Mechanismen in Gang, die die Auswirkungen von chronischem Stress mildern.

Der meditative Aspekt des Yoga wiederum scheint Patienten mit leichten Depressionen gut zu tun. Die angestrebte „Beruhigung der Gedankenwellen des Geistes“ könne den Betroffenen helfen, aus dem belastenden Grübeln auszubrechen. „Bildgebungsstudien konnten zeigen, dass Yoga in den Stoffwechsel der hierfür verantwortlichen Botenstoffe eingreift“, weiß Cramer.

Für Schmerzpatienten dagegen sind die speziellen Haltungsübungen hilfreich, die sogenannten Asanas. Die isometrischen Übungen, bei denen Muskeln angespannt werden, aber nicht ihre Länge ändern, verlangen eine hohe Konzentration auf Gelenkstellung und Muskeltonus. So brechen sie eingeschliffene Bewegungsmuster auf, fördern die Körperwahrnehmung und führen außerdem zu einer besseren Schmerzakzeptanz.

Die positiven Effekte würden sich oft noch ein Jahr nach Ende des Kurses nachweisen lassen. An der Charité Berlin führten Patienten mit Nackenschmerzen zehn Wochen lang entweder eine 90-minütig Yogaeinheit durch oder ein Rückenschulprogramm in Eigenregie. Die Patienten, die Yoga gemacht hatten, reduzierten ihre Schmerzen deutlicher als die Rückenschul-Gruppe. Bei einer Studie an der Universität von Washington übten Rückenschmerz-Patienten entweder ein halbes Jahr einmal wöchentlich Yoga, besuchten eine Rückenschule oder halfen sich anhand von Anweisungen selbst. Nach 26 Wochen war die Beeinträchtigung durch den Rückenschmerz in der Yogagruppe am deutlichsten reduziert, fast 80% derjenigen mit Yogaübungen konnten anschließend auf Schmerzmittel verzichten.

An der Universität von Kalifornien Yoga mit Aerobic verglichen. Yoga übertraf die positive Auswirkung von Sport in Bezug auf Stress, Depression, Vitalität und Stimmungsschwankungen deutlich. Yoga verhalf in einer Untersuchung der Harvard Universität zu einer schnelleren Einschlafzeit und einer erheblich verbesserten Schlafqualität in Vergleich mit einer Gruppe, die Schlafberatung erhielt. Die Medizinfakultät der Bostoner Universität fand heraus, dass Yoga die Konzentration von GABA im Gehirn steigert. GABA ist ein Botenstoff der Beruhigung vermittelt, in Gehirnen von Menschen mit Depressionen und Angstzuständen finden sich geringe Konzentrationen von GABA.

Damit Yoga wirken kann, müssten die Teilnehmer zu Hause selbstständig weiter üben, mahnt Cramer: „Schließlich geht es beim Yoga nicht darum, sich behandeln zu lassen, sondern selbst aktiv zu werden.“

20.12.2017 cs/ Quelle: DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2017

 
 
 
 
 
 
powered by webEdition CMS