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Industrieruß verbessert beispielsweise die Eigenschaften von Reifen und dient außerdem als Pigment (Foto: Stockbyte)
> Industrieruß: Die Gefahren von Nanopartikeln

Sind Kohlenstoff-Nanopartikel – auch
als Industrieruß  bezeichnet - potenzielle Krebserreger oder
nicht? Die Beantwortung der Frage fällt nicht ganz leicht. Zwar deuten
viele Erkenntnisse darauf hin, aber an strengen wissenschaftlichen
Beweisen hapert es ein wenig. Insbesondere was ultrafeine Stäube und
Partikel betrifft, die in der Industrie gebraucht werden, sind die
Gesundheitsfolgen nur ansatzweise erkennbar. Das liegt unter anderem
auch an den fehlenden Meßmethoden. Der Forschungsverbund "Carbon Black"
(Industrieruß) will nun in den kommenden drei Jahren die
toxikologischen Wirkungen von Kohlenstoff-Nanopartikeln testen.
Industrieruß wird in großen Mengen in der Produktion von Autoreifen
verwendet, dient aber auch zur Herstellung von Lacken und Tonern. Er
besteht aus kleinsten Nanopartikeln. „Kohlenstoff-Nanopartikel können
an ihrer Oberfläche einen hohen Gehalt an Oxiden aufweisen oder auch
andere Schadstoffe anlagern", warnt Tanja Hansen vom Fraunhofer ITEM in
Hannover. „Von der WHO werden die Partikel als potenziell
krebsauslösend eingestuft. Allerdings ist unklar, ob das
Gefährdungspotenzial von den Kohlenstoff-Nanopartikeln selbst ausgeht
oder auf eine der genannten Oberflächenfunktionen beschränkt ist. Die
von uns gemachten Untersuchungen sollen Klarheit bringen." „In unserem Verbundprojekt werden gezielt Kohlenstoff-Nanopartikel mit
unterschiedlichen Oberflächenstrukturen hergestellt und deren toxische
Wirkung an Zellen und Geweben aus mehreren Lungenregionen untersucht",
so Hansen. Am ITEM werden dazu menschliche Lungenzelllinien und
Lungenschnitte eingesetzt und die Ergebnisse anschließend im Tiermodell
überprüft. „Die Lungenschnitte bieten entscheidende Vorteile im Vergleich zu
anderen In-vitro-Methoden", erklärt die Forscherin. Das in den
vergangenen Jahren entwickelte Modell ermöglicht Tests an einem Gewebe,
das verschiedene Zelltypen, Interaktionen von Zelle zu Zelle sowie
Polarität von Zellen aufweist. Auch in anderen Toxizitätsprüfungen -
etwa zur Untersuchung von inhalierbaren Chemikalien - wird das
Testsystem eingesetzt. Dass Industrieruß kanzorogen sein kann, hat eine Studie schon vor zehn
Jahren nachgewiesen (Sorahan T, Hamilton L, van Tongeren M, Gardiner K,
Harrington, JM: A cohort mortality study of U.K. carbon black workers,
1951-1996. Am J Ind Med 2001; 39: 158-70). Es wurden 1147 Männer aus
fünf Betrieben, in denen Industrieruß anfällt, in einem Zeitraum von
1951 - 1996 untersucht. Alle Teilnehmer dieser Studie waren mehr als 12
Monate dort beschäftigt gewesen, und ihre Erstanstellung datierte vor
1975. Verglichen mit Kontrollgruppen aus der englischen Bevölkerung
wurde für alle Todesursachen eine erhöhte Mortalität beobachtet, für
Lungenkrebs lag sie sogar noch höher. Dennoch kamen sie wegen der
Schwierigkeiten, die direkten betrieblichen und die möglicherweise
regionalen oder anderen Einflüsse von einander zu trennen zu dem
Ergebnis, dass diese Studie keine Verbindung zwischen der kumulativen
Exposition gegen Industrieruß und dem erhöhten Risiko an Lungenkrebs zu
lasse. Da ist sich Prof. Dr. A. Buchter, Institut und Poliklinik für
Arbeitsmedizin der Universität des Saarlandes, Homburg schon etwas
sicherer. In seiner Darstellung der Gesundheitsgefährdung durch
Nanopartikel und neue Materialien berichtet er zu Industrie-Ruß (Carbon
Black) von Partikelablagerung in der Lunge, Entzündungen,
Proliferation, und Fibrose. Außerdem von der Freisetzung reaktiver
Sauerstoffspezies als wahrscheinlichem Mechanismus der
partikelbedingten Tumorentstehung. Und davon, dass die Wirkungsstärke
mit abnehmender Partikelgröße und zunehmender Partikelzahl steigt. Anmerkung: In der Tat gibt es zu den Gefahren von kleinsten und
winzigsten Partikeln aber bisher nur wenige Studien, die strengsten
wissenschaftlichen Kriterien standhalten. Am häufigsten finden sie sich
zu dem Risiko von Tonerstäuben von Druckern und Kopierern. Dieser
Mißstand sorgt dafür, dass diejenigen, die Interesse an der
Minimalisierung der Gefahren haben, sich auf unbewiesene Zusammenhänge
und Folgen zurück ziehen können. Die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz
Baden-Württemberg beschreibt die Situation in der Analyse „Anwendung
von Nanopartikeln“: „Nachweislich führt die Gesamtheit der Feinstäube
(inkl. Ultrafeinstäube) zu vermehrtem Husten, Infekten der oberen und
unteren Atemwege wie Bronchitis oder Schnupfen, Asthmaanfällen,
Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems und Lungenkrebs.“ Sie schränkt
aber auch ein: „Feinstäube können in den Atemwegen lokale Entzündungen
hervorrufen und die Immunabwehr von Risikogruppen wie Kindern, Kranken und älteren Menschen einem Dauerstress aussetzen.
Da ultrafeine Partikel in das Blut und mit ihm in andere Organe
gelangen können, wird gegenwärtig spekuliert, dass hierdurch im
kardiovaskulären System sowie im Gehirn partikel-assoziierte Reaktionen ausgelöst werden können. Der Wirkmechanismus ultrafeiner Partikel auf
biologische Systeme bedarf dringend weiterer Untersuchungen.“ WANC 16.08.10, Quelle: Fraunhofer ITEM, pte
 
 
 
 
 
 
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