Arzt
Unzureichene Informationen von den behandelnden Ärzten sind ein wahrscheinlicher Grund für das eigenmächtige Absetzen von wichtigen Medikamenten seitens der Patienten.
> Tabletten, die einfach nicht genommen werden ...

Viele Patienten nehmen die ihnen verschriebenen
Medikamente einfach nicht. Ohne ihren Arzt oder Apotheker zu fragen.
Ärzte können sich dieses Phänomen der fehlenden
Compliance, wie das so schön heißt, nicht wirklich
erklären. Doch Patienten reagieren oft nur auf fehlende,
unzureichende, unverständliche Informationen.


Das Problem ist schon länger bekannt,
mehrere Studien haben jedoch erneut darauf aufmerksam gemacht:
Patienten mit einer chronischen Erkrankung, denen dauerhaft oder
zumindest für einen längeren Zeitraum Medikamente
verschrieben wurden, nehmen diese Medikamente nach einiger Zeit nicht
mehr ein, und zwar ohne ärztliche Rücksprache. Rund 20-30
Prozent aller Patienten mit einer längerfristigen
Arzneimittel-Verordnung, so schätzt man, setzen das Medikament
vorzeitig ab. Diese fehlende "Compliance" oder "Adherence",
wie neuerdings die mangelhafte Therapietreue und unzureichende
Befolgung ärztlicher Therapie-Anweisungen genannt wird,
gefährdet in vielen Fällen nicht nur den Behandlungserfolg.
Darüber hinaus werden damit Milliardensummen im Gesundheitswesen
völlig unsinnig ausgegeben.



Beispielsweise das Medikament Tamoxifen, das bei
Brustkrebs-Patientinnen häufig angewendet wird, wird von fast
jeder vierten Frau (22 Prozent) schon nach etwa einem Jahr wieder
abgesetzt, obwohl es fünf Jahre lang eingenommen werden soll.
Dies hat jetzt eine große irische Studie mit über 2800
Frauen in den Jahren 2001-2004 gezeigt, die jetzt in der Zeitschrift
"Cancer" veröffentlicht wurde. Nach einem Zeitraum von
dreieinhalb Jahren waren es bereits 35 Prozent der
Studienteilnehmerinnen, die das Medikament gar nicht mehr einnahmen.



Dabei zeigten vor allem die jüngsten und
die ältesten Frauen die höchsten "Verweigerungs"-Quoten.
Bei den älteren Frauen, so erklärten die Wissenschaftler,
lässt sich dies noch relativ plausibel erklären durch
fehlende soziale Unterstützung und unzureichende
Erinnerungshilfen: Die Ehegatten der Frauen sind in vielen Fällen
bereits verstorben. Auch kann hier altersbedingte Vergesslichkeit
eine Rolle spielen. Bei jüngeren Frauen fanden die Forscher
bislang keine völlig überzeugende Erklärung. Sie
vermuten jedoch, dass jüngere Frauen möglicherweise in
vielen Fällen die ärztliche Diagnose anzweifeln oder
aufgrund von Ängsten verdrängen.



In einer zweiten Studie, die im Januar 2007 in
der Zeitschrift "Drugs & Aging" veröffentlicht
wurde, fanden Wissenschaftler ein ähnliches Ergebnis bei
Patienten, denen aufgrund von Osteoporose (übermäßiger
Abbau der Knochensubstanz und -struktur und erhöhte Anfälligkeit
für Brüche) Medikamente für einen längeren
Zeitraum verschrieben wurden. Etwa 20-30 Prozent der Patienten, die
täglich oder wöchentlich Medikamente einnehmen sollten,
folgten dieser Verordnung nach 6-12 Monaten nicht mehr. Die
Wissenschaftler vermuten als Gründe dahinter tatsächlich
verspürte Nebenwirkungen oder Ängste davor. Auch psychische
Probleme sind für sie ein Erklärungsfaktor:
Vergesslichkeit, Depressionen und Anforderungen zu genauen Planungen,
um mehrere verschriebene Medikamente zu unterschiedlichen Zeiten und
in unterschiedlicher Dosierung einzunehmen.



Die
jährlichen Kosten der Non-Compliance werden in Deutschland auf
über 5-10 Milliarden Euro geschätzt, man nimmt an, dass
zusätzlich noch einmal Folgekosten in derselben Höhe
entstehen, unter anderem durch eine Chronifizierung von
Krankheitssymptomen. Die Studien haben wieder einmal eine Problematik
aufgezeigt, für die nach wie vor keine Lösung vorliegt,
obwohl andere Untersuchungen erfolgversprechende Ansatzpunkte
aufgezeigt haben. Denn Non-Compliance ist kein irrationales
Fehlverhalten von Patienten, sondern beruht in vielen Fällen auf
Informationsdefiziten durch unzureichende Hinweise von Ärzten
über die Einnahmehäufigkeit und Dauer, furchteinflößende
oder unverständliche Medikamentenbeipackzettel,
Informationsmängel, die die Angst vor
Medikamenten-Nebenwirkungen reduzieren könnten.



WANC 04.04.07

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