Familie Münster aus Speyer: Mehr Schadstoffe im Blut (Foto: WWF)
> Bedenkliche Chemikalien im Blut

Der WWF weist in der
Studie "Generation X"
73
bedenkliche Industriechemikalien
im Blut von 13 europäischen Familien  nach. An der in Familien aus zwölf
Ländern durchgeführten Untersuchung nahmen jeweils  Großmutter,
Mutter und ein Kind teil. Die meisten Chemikalien fanden  sich bei
den Großmüttern (63). Die teilnehmenden Kinder hatten mehr 
Schadstoffe (59) im Blut als ihre Mütter (49). Zudem wurden bei
der  jüngsten Generation einige der Chemikalien in den
höchsten  Konzentrationen nachgewiesen. Auch eine deutsche Familie
beteiligte  sich an dem Test. Aus Deutschland beteiligte sich Familie Münster aus Speyer an dem 
WWF-Test. Bei der Großmutter der Familie, Elfriede Hemminger, fanden
sich etwas weniger Industriechemikalien als bei den anderen
Vertreterinnen der älteren Generation. Bei Mutter Doris und Tochter
Caroline Münster wurden hingegen mehr Schadstoffe nachgewiesen als bei
den anderen Teilnehmern ihrer Generation. "Kein Mensch möchte miteinem
Giftcocktail im Blut leben. Wir hoffen, dass diese Ergebnisse Politik
und Industrie aufrütteln", so die 45jährige Doris Münster. Die Blutproben der 13 Familien wurden auf 107 langlebige, sich
anreichernde und/oder hormonell wirksame Industriechemikalien
untersucht. Die WWF-Studie zeigt, dass jedes Familienmitglied mit einem
Cocktail aus mindestens 18 Schadstoffen belastet ist. Neuere
Chemikalien, die in Computern, Textilien, Kosmetika oder Elektrogeräten
enthalten sind, wurden häufiger und in höheren Konzentrationen bei den Kindern gefunden. Dazu zählen bromierte
Flammschutzmittel, so genannte "Anti-Haft-Stoffe" oder synthetische Moschusverbindungen. Die Großmütter waren dagegen zumeist stärker mit älteren und bereits verbotenen Chemikalien wie DDT oder PCB belastet. Das Flammschutzmittel TBBP-A, das in Platinen elektronischer Geräte
eingesetzt wird, wurde bei 18 Familienmitgliedern nachgewiesen (3
Großmütter, 7 Mütter und 8 Kinder). Die höchste Konzentration fand man
im Blut eines Kindes. Von 31 verschiedenen untersuchten
Flammschutzmitteln des Typs PBDEs fanden sich 17 in der jüngsten
Generation, im Vergleich zu 10 bei den Großmüttern und 8 bei den
Müttern. Und die höchste Konzentration der für die Herstellung
bestimmter Kunststoffe verwendeten Chemikalie Bisphenol A - eine Substanz, die bereits in minimalen Mengen das Hormonsystem beeinträchtigen kann - wurde ebenfalls in einem Kind nachgewiesen.

Angesichts der Befunde fordert der WWF die 
Europäische Union auf, bei der Entscheidung über die
Chemikalienrichtlinie REACH den Schutz von Umwelt und Gesundheit in den
Vordergrund zu stellen. Der Gesetzentwurf dürfe nicht noch weiter
abgeschwächt werden. "Es ist ein erschreckendes Ergebnis: Das Blut
unserer Kinder ist mit Chemikalien belastet, über deren Wirkung wir
kaum etwas wissen", empört sich WWF-Expertin Dr. Ninja Reineke. "Viele
der Schadstoffe stecken in Alltagsprodukten."

Die neue WWF-Studie bestätigt die Ergebnisse früherer Bluttests bei
EU-Ministern, EU-Parlamentariern, Wissenschaftlern und Prominenten:
Viele der nachgewiesenen Chemikalien sind langlebig und reichern sich
über die Jahrzehnte im menschlichen Körper an. "REACH muss
sicherstellen, dass von den Herstellern ausreichend Informationen
vorgelegt werden, um insbesondere die Langzeitauswirkungen der
Chemikalien beurteilen zu können. Und das geplante Zulassungsverfahren muss einen starken Anreiz setzen,
gefährliche Chemikalien durch ungefährliche Alternativen zu ersetzen",
forderte WWF-Expertin Reineke.
WANC 10.10.05
 
 
 
 
 
 
powered by webEdition CMS