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Wer an seinem oder seiner Ex hängt, ist unglücklicher (Foto: TK)
> Trennung: Erst ein neuer Partner heilt die Wunden

Wie lange braucht man eigentlich, um
sich von seinem Expartner/seiner Expartnerin wirklich zu lösen? Manche
gehen arithmetisch vor und rechnen pro gemeinsam verbrachtem Lebensjahr
einen Monat. Doch ganz so einfach scheint das nicht zu sein. Dass die
Zeit alle Wunden heilt, scheint für Trennungen jedenfalls nicht zu
gelten. Stattdessen bewirkt häufig erst eine neue Partnerschaft die
endgültige Lösung von der oder dem Ex.
Psychologen der Universität Bonn nutzten einen Trick, um den insgesamt
144 Teilnehmern ihrer Studie ins Herz zu schauen. Zum Auftakt fragten
sie ihre Probanden nach fünf besonders charakteristischen Merkmalen
ihrer Ex-Partner – also etwa Vorname, Lieblingsmusik, Haarfarbe oder
Hobby. Dann führten die Versuchspersonen ein einfaches Computerexperiment
durch: Zunächst erschien auf dem Bildschirm nach dem Zufallsprinzip
entweder eines dieser fünf Merkmale oder aber eine Eigenschaft, die mit
der oder dem Ex nichts zu tun hatte. Direkt danach zeigte der Monitor
ein chinesisches Schriftzeichen. Die Probanden sollten nun per
Tastendruck angeben, ob sie dieses Zeichen „angenehm“ oder „unangenehm“
fanden. Dieses Vorgehen wurde 60 Mal wiederholt. „Bei Versuchen wie diesem projizieren die Teilnehmer ihre Emotionen auf
das Schriftzeichen“, erklärt der Bonner Psychologe Robert Imhoff.
„Genauer: Sie bewerten das Zeichen umso angenehmer, je positiver ihre
Assoziation bei dem zuvor gezeigten Begriff war. Wir sprechen auch von
einer Fehlzuordnung von Emotionen.“ Ein Beispiel: Hans wurde vor sechs Monaten von Britta verlassen. Im
Experiment erscheint nun hin und wieder für eine knappe Zehntel Sekunde
der Name „Britta“ auf dem Monitor. Immer, wenn das passiert, bewertet
Hans das im Anschluss gezeigte Schriftzeichen positiver. Er verrät
damit, dass er immer noch an Britta hängt. Diese Fehlzuordnung erfolgt
automatisch, also weitgehend ohne bewusste Kontrolle. Das geht so weit,
dass der Teilnehmer etwas über sich erfahren kann, was er selbst gar
nicht ahnte. Die Forscher konnten so testen, was ihre Probanden implizit von ihren
Ex-Partnern halten. Zusätzlich befragten sie die Teilnehmer explizit
nach den Charaktereigenschaften ihrer Verflossenen – also etwa: „Mein
Ex-Partner hatte viele positive Wesenszüge“ oder „Mein Ex-Partner ist
egoistisch“. Außerdem sollten die Versuchsteilnehmer angeben, wie sehr
sie mit ihrer augenblicklichen Lebenssituation zufrieden seien. Ergebnis: Je positiver die implizite Einstellung zum ehemaligen
Partner, desto unzufriedener waren die Teilnehmer mit ihrem Leben.
Überspitzt gesagt: Wer an seinem oder seiner Ex hängt, ist
unglücklicher. Das klingt zunächst wenig überraschend.
„Erstaunlicherweise ist es mit den expliziten Meinungen aber genau
andersherum“, betont der Leiter der Bonner Sozial- und
Rechtspsychologie Prof. Dr. Rainer Banse: „Wer sich positiv über den
Expartner äußert, ist tendenziell zufriedener.“ In gewisser Weise deckt sich auch dieser Befund mit unseren
Alltags-Erfahrungen: Oft schimpft gerade der am lautesten über seinen
Ex-Partner, der innerlich noch am meisten an ihm hängt. Gut über den
Verflossenen oder die Ex zu reden, ist dagegen ein Zeichen der
Souveränität. Und die besitzt man erst, wenn man wirklich mit der
zerbrochenen Beziehung abgeschlossen hat. Für diese Interpretation spricht noch eine andere Beobachtung: Die
Ergebnisse treffen nämlich nur für Singles zu. Sobald ein neuer Partner
ins Leben tritt, verliert die alte Beziehung an Bedeutung. Überrascht
waren die Forscher dagegen von einem weiteren Ergebnis: Demnach gibt es
keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Zeit seit der Trennung und
der Lebenszufriedenheit. „Unsere Studie zeigt, dass man sehr lange
unter einer Trennung leiden kann“, betont Roland Imhoff. „Oft scheint
erst mit einer neuen Beziehung auch eine Neubewertung des Expartners
einher zu gehen, der damit an Einfluss auf das Lebensglück verliert.“ WANC 10.12.2010, Quelle: Personal Relationships (doi:
10.1111/j.1475-6811.2010.01308.x), Lehrstuhl für Sozial- &
Rechtspsychologie, Institut für Psychologie, Universität Bonn
 
 
 
 
 
 
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