Tomaten
Sollte gesund sein – doch oft ist Obst und Gemüse mit Giften belastet (Foto: stockbyte)
> Obst und Gemüse: Zu viel Gift

Fast die Hälfte des in der EU verkauften Obstes und
Gemüses sind mit Pestiziden belastet. Die gesundheitsbelastenden Giftrückstände
haben damit einen neuen Höchstwert erreicht. Das Problem: Die Kontrollen sind
lückenhaft, haben Fehler und dauern zu lange. Und: Verstöße werden kaum
geahndet. Der Verbraucher hat das Nachsehen.


Die Pestizidbelastung pflanzlicher Lebensmittel, die in der
Europäischen Union verzehrt werden, ist im Jahr 2004 auf einen Rekordwert
angestiegen. Das belegen bisher unveröffentlichte Daten der EU-Kommission. 47
Prozent der Obst- und Gemüseproben waren im Jahr 2004 mit Pestiziden belastet - drei Prozent mehr als
noch 2003.



Das Monitoringprogramm der Kommission erfasst Pestizidrückstände
von über 60.000 Lebensmittelproben aus der ganzen EU. „Knapp die Hälfte des in
der Europäischen Union angebotenen Obst und Gemüses ist mit Pestiziden
belastet", sagt Manfred Krautter, Chemieexperte von Greenpeace. „Viele der
in Erdbeeren, Paprika oder Salat nachgewiesenen Pestizide sind krebserregend,
nervenschädigend, können das Fortpflanzungsvermögen, das Hormon- und
Immunsystem beeinträchtigen. Doch das
erfahren Verbraucher erst eineinhalb Jahre, nachdem die Lebensmittel gegessen
wurden."



Die Pestizidwerte von 2004 stellte ein Vertreter der
EU-Kommission vergangene Woche einem Fachpublikum auf dem „European Pesticides
Residue Workshop - EPRW 2006" auf Korfu vor. Weitere Ergebnisse: In 23,4
Prozent der Proben wurden mehrere Pestizide gleichzeitig gefunden, ein Anstieg
um zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt wiesen die europäischen
Prüflabore 197 verschiedene Pestizide in den Lebensmitteln nach - gegenüber 185
Pestiziden im Jahr zuvor. Die Pestizidrückstände in Lebensmitteln haben damit
den höchsten Stand seit dem Start des EU-Monitorings im Jahr 1996 erreicht.



„Die Lage ist inzwischen ernst. Doch während Chemieindustrie
und Landwirte immer mehr Gifte auf Äckern und Obstplantagen spritzen, greifen
weder EU-Kommission noch die Verbraucher- und Landwirtschaftsminister der
Länder gegen die steigende Giftbelastung ein", stellt Krautter fest.



Auch die Überwachungsbehörden in 20 der 25
EU-Mitgliedsländer wurden vom Lebensmittel- und Veterinäramt der EU-Kommission
überprüft. Dieses stellte unter anderem schwere Defizite bei den Kontrollen in
Deutschland fest. Die meisten Lebensmittellabore könnten lediglich 25 bis 150 der insgesamt 400 in der EU
zugelassenen Pestizide nachweisen. Bei der Probennahme würden häufig Fehler
gemacht und die Untersuchungen mit durchschnittlich vier Wochen viel zu lange
dauern. Viele Verstöße gegen gesetzliche Pestizidgrenzwerte würden zudem nicht
geahndet.



Schon 2004 hatten sich Bund und Länder in einem „Reduktionsprogramm
chemischer Pflanzschutz" verpflichtet, den Anteil an pflanzlichen
Lebensmitteln, in denen die gesetzlichen Höchstmengen überschritten werden auf
unter ein Prozent zu senken - von derzeit in Deutschland acht Prozent. Doch
bisher wurde noch nicht einmal ein Maßnahmenplan zur Umsetzung dieses Ziels aufgelegt, moniert
Greenpeace.



WANC 01.06.06

 
 
 
 
 
 
powered by webEdition CMS