Person mit Spritze
Drogensucht: Ersatzstofftherapie mit Methadon und Buprenorphin ist bei Opiatabhängigen wirksam
> Suchttherapie: Studie zeigt den Erfolg

Von Opiaten abhängige
Menschen werden in der medizinischen Versorgung oft sehr
vernachlässigt. Dabei kann eine Substitionstherapie sehr
erfolgreich sein, zeigt eine Studie. Allerdings bedarf es des
Umdenkens und des Abbaus von – vor allem rechtlichen - Hürden.


"Eine
Ersatzstofftherapie mit Methadon und Buprenorphin ist bei
Opiatabhängigen, die meist zugleich an mehreren chronischen
körperlichen und psychischen Krankheiten leiden, wirksam und
ohne Alternative", betont Dr. Hans-Ulrich Wittchen. Der
Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie am
Institut für Klinische, Diagnostische und Differentielle
Psychologie der TU Dresden, hat die weltweit größte
Studie (COBRA) an über 2500 opiatabhängigen Patienten
durchgeführt. Die Studie hat drei Jahre gedauert.



Die Befunde zeigen, dass
Opiatabhängige vielerorts vom medizinischen und psychiatrischen
bzw. psychotherapeutischen Versorgungssystem massiv vernachlässigt
und in manchen Fällen in der Versorgung sogar stigmatisiert
werden. Trotz teils widriger versorgungsrechtlicher Rahmenbedingungen
erreicht man dennoch, so Wittchen, mit der empfohlenen
Ersatzstofftherapie in der Routineversorgung durch spezialisierte
Substitutionszentren und insbesondere beim suchtmedizinisch
qualifizierten Hausarzt eine unerwartet gute Wirksamkeit bei
vergleichsweise geringen Kosten.



Die ermittelten Daten
sprechen seiner Ansicht nach für einen unmittelbaren und
forcierten Ausbau der Behandlungskapazitäten, um das zunehmende
Ausmaß der Fehl- und Mangelversorgung dieser Patientengruppe
abzubauen. Zugleich müssen, folgt man den Studien-Ergebnissen,
die rechtlichen Bestimmungen für eine Substitutionstherapie, neu
geregelt werden, um die stigmatisierenden Barrieren abzubauen, die
die überwiegende Mehrzahl aller Ärzte davon abhalten, eine
Substitution in ihrer Praxis anzubieten.



Was waren die konkreten
Studien-Ergebnisse?
Die zentralen Schlüsselziele
der Ersatzstoff-Therapie mit Methadon und Buprenorphin werden bei der
Mehrzahl der untersuchten Patienten erreicht: Erstens ist die
Mortalität mit einem Prozent niedrig. Zweitens werden über
elf Prozent aller Patienten abstinent oder schaffen im Studienverlauf
den Wechsel in eine weiterführende drogenfreie
Abstinenztherapie. Auch werden über 65 Prozent aller Patienten
erfolgreich über ein Jahr lang in der Therapie gehalten und
reduzieren erfolgreich ihren Substanzkonsum.



Und schließlich wird
der extrem kritische Gesundheitszustand der Patienten, die meist
chronisch körperlich und psychisch krank sind, deutlich
gebessert.



Besonders bemerkenswert ist,
dass Hausärzte, die nur wenige Patienten und keine speziellen
personellen Zusatzressourcen haben, ähnlich gute Ergebnisse
erzielen wie die großen Substitutionszentren.



Die medizinischen und
sonstigen Gesamtkosten einer Ersatzstoffbehandlung sind angesichts
der hohen Krankheitslast der Patienten mit im Mittel 8.100 Euro/Jahr
vergleichsweise niedrig. Die Kosten werden in erster Linie durch die
Behandlung der körperlichen Krankheitslast bedingt, während
die direkten substitutionsbedingten Kosten pro Fall nur 3.800 Euro
ausmachen. Auch die durchschnittlichen Fallkosten in den kleinen
hausärztlichen Einrichtungen sind mit im Mittel 7.100 Euro
günstig.



"Angesichts der
außerordentlich widrigen Arbeitssituation von
Substitutionsärzten, die nicht nur durch eine unakzeptable
bürokratische und gesetzliche Überregulierung, sondern auch
durch abwegige und herabwürdigende Presseaktionen ("Kriminelle
Mediziner ..!", zum Beispiel Spiegel 41/2006) gekennzeichnet
sind, sind die COBRA-Befunde ein deutliches Signal zum Umdenken und
Handeln", fordern Wittchen und der wissenschaftliche Beirat der
COBRA Studie.



WANC 03.11.06

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