> Impfung gegen Covid: Kein erhöhtes Risiko für Schlaganfall

Die Angst geht um: Nach einer Coronaimpfung hat man ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall. Genährt wurde diese Angst durch Meldungen in sozialen Medien, die sich allerdings nicht nur auf die Ergebnisse von Studien stützten. Doch jetzt liegen neue Daten vor, die rund 800 Mio. Impfungen auswerten. Und die besagen, dass es kein erhöhtes Schlaganfallrisiko nach einer Impfung gegen SARS-CoV-2 gibt.


Die Öffentlichkeit in Deutschland und anderen Ländern heulte Anfang 2021 auf: Über den Vektorimpfstoff ChAdOx1 von AstraZeneca wurde berichtet, dass er vor allem bei jüngeren Frauen Sinus- und Hirnvenenthrombosen hervorrufe. Die Skepsis gegenüber der Impfung stieg noch, als weitere Meldungen auftauchten, dass die Impfung mit einem mRNA-Vakzin als Nebenwirkungen Herzmuskelentzündungen und Schlaganfälle haben könnte.


Impfskepsis aufgrund von Meldungen zu Nebenwirkungen
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) schreibt dazu: „Eine im Oktober 2021 in „Nature Medicine" publizierte Auswertung zeigte diesbezüglich ein erhöhtes Risiko an den Tagen 1-7 und den Tagen 15-21 nach Impfung mit BNT162b2 (IRR: 1,27 und 1.38). Seitdem haftet allen Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 das Stigma an, sie könnten Schlaganfälle auslösen, eine Sorge, die verständlicherweise zu Ängsten führt und zur Impfskepsis beiträgt."


Die Skepsis hat dazu geführt, dass der Impfstoff von AstraZeneca nicht mehr verwendet wird. Die mRNA-Impfstoffe werden dagegen weiter benutzt. Zwei neue Studien könnten jetzt dafür sorgen, dass die Furcht vor einem Schlaganfall entkräftet werden kann.


Schlaganfallrisiko von Geimpften nicht erhöht
In der ersten Studie wurden verschiedene Untersuchungen mit insgesamt 782.989.363 Impfungen ausgewertet. Dabei wurden 17.481 Fälle ischämischer Schlaganfälle erfasst, was einer Häufigkeit von 4,7 Fälle pro 100.000 Impfungen entspricht. Die Wissenschaftler von verschiedenen medizinischen Universitäten aus Griechenland, Portugal und den Niederlanden schlussfolgern aus den Daten, dass die Schlaganfallrate nach einer Impfung mit der in der Allgemeinbevölkerung vergleichbar ist, durch die Impfung als keine Erhöhung stattfindet. Und Sinus- und Hirnvenenthrombosen stellen, zumindest nach den Vorkehrungen, die getroffen wurden, eine sehr seltene Komplikation dar. Des Weiteren betonen sie, dass die Schlaganfallrate bei SARS-CoV-2-infizierten Menschen im Vergleich deutlich höher liegt.


Bei der zweiten Studie haben französische und englische Wissenschaftler Zahlen des „French National Health Data System" ausgewertet. Untersucht wurde bei 37 Mio. geimpften Personen, wie häufig nach erster und zweiter Gabe von Vakzinen gegen SARS-CoV-2 bei Menschen im Alter von 18 bis 75 Jahren kardiovaskuläre Ereignisse (Myokardinfarkte, Lungenembolien oder Schlaganfälle) auftraten. Dokumentiert waren 73.325 Ereignisse.


Die Wissenschaftler kommen in ihrer Bewertung zu dem Ergebnis, dass es keinen Zusammenhang zwischen mRNA-Impfstoffen und dem Auftreten dieser schweren kardiovaskulären Komplikationen gab. Bei der ersten Dosis des Vektor-basierten Impfstoffs ChAdOx1 trat allerdings in Woche 2 nach der Impfung eine erhöhten Rate an Myokardinfarkten und Lungenembolien auf. Auch beim Impfstoff von Janssen-Cilag konnten die Experten einen Zusammenhang mit dem Auftreten von Myokardinfarkten in Woche 2 nach der Impfung nicht ausschließen. In Bezug auf die Schlaganfallrate ergab die Auswertung aber für keinen der Impfstoffe ein höheres Risiko.


Möglicherweise senkt eine Impfung sogar das Schlaganfallrisiko
DGN-Generalsekretär Professor Dr. Peter Berlit freut sich: „Die vorliegenden Daten zeigen zumindest für die mRNA-Impfstoffe keinerlei Sicherheitssignale in Bezug auf ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Die Tatsache, dass beide Erhebungen sehr große Kohorten auswertet haben und beide zum gleichen Ergebnis kommen, gibt uns zusätzliche Sicherheit: mRNA-Vakzine gegen SARS-CoV-2 erhöhen nicht das Schlaganfallrisiko, die Sorge davor sollte also Menschen nicht davon abhalten, sich impfen zu lassen."


Berlit sieht sogar einen Vorteil der Impfung: Die SARS-CoV-2-Infektion gehe mit einer höheren Schlaganfallrate einher und die Impfung könne sogar vor Schlaganfällen schützen. Das zeige jüngst eine koreanische Studie: Von 231.037 SARS-CoV-2-positiven Patienten:innen in der Zeit zwischen von Juli 2020 bis Dezember 2021 waren 62.727 ungeimpft, 168.310 vollständig geimpft (zwei Dosen eines mRNA- oder Vektorimpfstoffs). Die geimpften Studienteilnehmer:innen waren älter und wiesen mehr Vorerkrankungen auf. Dennoch waren schwere oder gar kritische COVID-19-Verläufe in dieser Gruppe seltener ebenso wie die Rate an Folgeerkrankungen. Das Risiko für den ischämischen Schlaganfall betrug 0,40 bei den geimpften Teilnehmern, was bedeutet, dass die Impfung das Schlaganfallrisiko im Vergleich zur Gruppe der ungeimpftem Studienteilnehmer mehr als halbierte.


Quelle: Annals of Internal Medicine, Neurology


21.9.2022

 
 
 
 
 
 
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