Stress wirkt sich auf die Zellen aus: Das läßt uns schneller altern (Foto: DAK/Wigger)
> Stress macht alt

Psychologischer Stress kann die Chromosome einer Frau um neun bis 17 Jahre altern lassen. Obwohl die genauen Zusammenhänge noch nicht klar sind, bedeutet das, dass sich Stress auf die Zellen des Menschen auswirken und damit den Alterungspozeß beschleunigen kann. 

Ein Team der University of California hat unter der Leitung von Elissa Epel die Auswirkungen von Stress auf die Zelle untersucht. Die Wissenschafter analysierten die Chromosome der weißen Blutkörperchen von 58 Müttern. Zwei Drittel der Frauen hatten chronisch kranke Kinder, um die sich die Mütter intensiv kümmerten. Die Kinder der restlichen Teilnehmerinnen waren gesund, so dass von einer geringeren Stressbelastung bei der Versorgung des Nachwuchses ausgegangen wurde. 

Frauen, die in beiden Gruppen am stärksten belastet waren, verfügten auch über die kürzesten Telomere. Telomere sind ein Stück DNA, die das Chromosomende schützen und die genetische Stabilität fördern. Bei jeder Zellteilung verkürzen sich die Telomere, so dass die nachfolgenden Zellen bereits über etwas kürzere Telomere verfügen. Dieser Effekt war so deutlich, dass er zwischen neun und 17 Jahren der Zellalterung entsprach.


Laut Epel kamen diese Forschungsergebnisse nicht überraschend. "Empfindet jemand Stress, muss das ernst genommen werden, da es auf der zellularen Ebene Niederschlag finden kann."

Jene Frauen, die am längsten für ein krankes Kind gesorgt hatten, verfügten über die kürzesten Telomere. Weitere Untersuchungen sind laut Epel erforderlich, um die Ergebnisse dieser Studie zu bestätigen, in der Lebensstil, sozialer Status oder Umweltbelastung nicht berücksichtigt wurden.

Schon seit einiger Zeit wird vermutet, dass Telomere mit der Entstehung von Krankheiten und dem Altern zu tun haben. So wurde die schrittweise Verkürzung der Chromosomenenden als bedeutendes Anzeichen für Alterungsprozesse identifiziert. Und der Verlust der Telomere kann dazu führen, dass Chromosome "wilde" Verbindungen eingehen, die zu Wucherungen führen. Als Folge davon entstehen Krebserkrankungen und Herzkrankheiten.

Telomere:
Telomere bilden die Endstücke menschlicher Chromosomen, sie schirmen die Erbsubstanz ab und schützen sie vor Schäden. Bei jeder Zellteilung verkürzen sich jedoch die Telomere; dadurch ist die Teilungsfähigkeit menschlicher Zellen auf 50 bis 70 Zellteilungen begrenzt. Diese "Uhr" scheint die Regeneration von Organen und Geweben während der Alterung zu begrenzen. Bisher wurde angenommen, dass dieser Mechanismus vor Krebswachstum schützt, da sich auch bei Tumorzellen die Telomere verkürzen und so die entarteten Zellen "altern" und schließlich absterben lassen.

Neuere Forschungsergebnisse lassen jedoch einen gegenteiligen Effekt vermuten: Durch verkürzte Telomere können möglicherweise auch vermehrt Tumore auftreten, weil die Chromosomen instabil werden - die chromosomale Instabilität ist ein Hauptmechanismus für Krebs im Alter. "Wir glauben, dass dadurch mikroskopisch kleine Tumoren bei alten Menschen entstehen", sagt Privatdozent Dr. Karl Lenhard Rudolph, Medizinischen Hochschule Hannover. Dabei spielt wahrscheinlich das Enzym Telomerase eine wichtige Rolle.


WANC 08.12.04/pte/idw
Die Ergebnisse der Studie wurden in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht.

 
 
 
 
 
 
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