Ärzte
Klinikärzte: Es geht ums Geld und um die Arbeitsbedingungen
> Ärzte weiten Streiks aus

Im Tarifstreit zwischen Ärzten und Arbeitgebern hat sich die
Lage verschärft. Am vergangenen Freitag brachte auch das Spitzengespräch keine
Lösung. Nun weiten die Ärzte ihre Streiks aus. Die Dummen sind die Patienten.


Dr. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Marburger Bundes
(MB), warnt schon seit einiger Zeit, dass die Ärzte ihre Streiks ausdehnen,
falls es nicht zu einer Einigung mit den Arbeitgebern – den Ländern - komme. Ein
bisschen hörte sich das wie Erpressung an, als Montgomery im April verlautete: „Unser
Streikplan führt schon nah an die Fußball-Weltmeisterschaft heran.“



Jetzt könnte es wirklich zu dem möglichen Supergau kommen.
Denn auch die letzte Verhandlungsrunde, ein Spitzengespräch zwichen Montgomery
und dem Vorsitzenden der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), Hartmut
Möllring, ging am Freitag, 12. Mai, ohne Ergebnis zu Ende.



Jetzt setzen die Ärzte ihre Drohungen in die Tat um. Ab
heute – Montag, 15. Mai, legen die Krankenhausärzte nicht mehr nur tage-,
sondern wochenweise ihre Arbeit nieder. „Mit 35 zu bestreikenden Unikliniken
und Landeskrankenhäuser wird Herr Möllring ab Montag eine bundesweite
Streikwelle erleben, die sich gewaschen hat“, erklärte Montgomery. Rund die
Hälfte der 22.000 Mitglieder des Marburger Bundes - Ärztinnen und Ärzte an den
Universitätskliniken und psychiatrischen Landeskrankenhäusern - sollen gleichzeitig
streiken.



Dabei hatte es noch am Freitag so ausgesehen, als könnten
sich die beiden Parteien einigen. Denn in vielen Bereichen wurde
Übereinstimmung erzielt. Das betraf beispielsweise die Dauer des Tarifvertrages,
die Arbeitszeit und die Erfassung der Überstunden.



Letztlich scheiterten die Verhandlungen aber doch am Geld. Und
hier ging es zum Schluß um den Verdienst der jungen Ärzte. Die Länder wollten einem
Assistenzarzt im ersten Jahr 510 Euro pro Monat mehr zahlen. Er hätte dann
3.600 Euro für eine 42-Stunden-Woche bekommen. Im zweiten Jahr würde er 3.800
(+ 596) und im dritten 3.950 (+ 750) Euro erhalten.



Der Knackpunkt zwischen den Kontrahenten ist dabei, was man
als Basis der Berechnungen für die Gehaltserhöhungen nimmt. Möllring beruft
sich auf die derzeitige Situation, die schließlich für alle im Krankenhaus
Beschäftigten gleichermaßen gelte. Montgomery geht mehrere Jahre zurück, will
gekürztes oder gestrichenes Urlaubs- und Weihnachtsgeld und eine Arbeitszeit
von 38,5 Stunden mit einbeziehen. So kommen Möllring und Montgomery auf
unterschiedliche Zuwachszahlen. Bei dem Verhandlungsführer der TdL sind es bis
zu 16 Prozent mehr Lohn, beim Vertreter der Ärztegewerkschaft dagegen nur
magere 1,1 Prozent.



Wie soll es nun weitergehen? Gesundheitsministerin Ulla
Schmidt mahnt eine rasche Verständigung an. Der Verband der
Universitätskliniken hat sich als Vermittler angeboten, um die festgefahrenen
Verhandlungen vorwärts zu bringen. Und einige Länder denken laut darüber nach,
mit den Landesverbänden des MB zu sprechen. Nur um Meinungen auszutauschen, wie
es offiziell heißt. Doch der Unmut in den Ländern nimmt zu, auch hier wird auf
eine schnelle Lösung gedrängt.



Die Zeche zahlt der Patient. Derzeit – weil viele
Operationen auf die lange Bank geschoben werden. Und wenn eine Einigung
zustande kommt über seine Beiträge zur Krankenversicherung. Denn eines scheint
schon heute klar: Die Gehaltserhöhungen werden nicht ohne Auswirkungen auf die
Höhe der Krankenversicherungs-Abgaben bleiben.



Hier wird gestreikt:



Unikliniken: Köln, Essen, Aachen, Düsseldorf, Bonn, Münster,
Mainz, Hannover, Göttingen, LMU München, TU München, Würzburg, Erlangen,
Regensburg, Leipzig, Dresden, Rostock, Greifswald, Halle, Magdeburg (17.-19.
Mai), Jena, Heidelberg, Tübingen, Ulm, Freiburg.



Landeskrankenhäuser: Emmendingen, Winnenden, Wiesloch, Zwiefalten, Bad
Schussenried (16.-18. Mai), Ravensburg (Baden-Württemberg), Göttingen,
Wunstorf, Bad Rehburg, Lüneburg, Wehnen, Hildesheim, Tiefenbrunn
(Niedersachsen), Deutsches Herzzentrum München



WANC 15.05.06

 
 
 
 
 
 
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