Auf dem Roche Forum in Berlin diskutierten Ärzte, Patienten und Politiker über
die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesen

> Experten fordern Diskussion über Leistungen im Gesundheitswesen

In der gegenwärtigen Diskussion
um das Gesundheitswesen steht die Finanzierbarkeit im
Mittelpunkt. Es gibt nicht wenige Ärzte,
gesundheitspolitische Experten und Patienten, die
befürchten, dass durch die politischen Maßnahmen zur
Begrenzung der Kosten neue Therapieformen zu langsam
eingeführt werden oder sie nur Patienten
zugute kommen, die diese privat bezahlen können.



Der Arzt sehe sich einem unauflösbaren Dilemma
gegenüber, kritisierte Dr. Ulrich Graeven von der
Arbeitsgemeinschaft Internistischer Onkologen. Er soll den
Patienten optimal betreuen und gleichzeitig dafür sorgen,
dass die Kosten gewisse Grenzen nicht übersteigen. Graeven
sieht das Vertrauensverhältnis gestört, da der Patient
annehmen müsse, dass ihn der Arzt aus Kostengründen nicht
optimal versorgt. Auch manche Ärzte fürchten im übrigen
finanzielle Folgen für sich, wenn sie neue Therapien
verordnen, wie sie in den Leitlinien zur Behandlung
festgelegt sind.



Leistungskürzungen sind längst Realität



Auch die Journalistin Sibylle Herbert sieht das
Verhältnis zwischen Arzt und Patient in Gefahr: "Die
Patienten leiden nicht nur an ihrer Erkrankung, sie leiden
auch am System." Patienten müssten oft teure Diagnostik
selber bezahlen. Und gerade neue Therapien würden nur
zögerlich angewandt, auch wenn sie medizinischer Standard
seien wie z. B. der Einsatz von Biologika in der
Rheumatologie.Wenn der Arzt sie verordne, laufe er Gefahr,
große Beträge aus eigener Tasche bezahlen zu müssen.



Besonders alte, arme und arbeitslose Menschen leiden
unter dieser Entwicklung,betonte Professor Dr. Friedrich
Wilhelm Schwartz, der an Medizinischen Hochschule Hannover
das Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und
Gesundheitsforschung leitet. Er wies darauf hin, dass die
Qualität der Gesundheitsvorsorge in dieser
Bevölkerungsgruppe schlechter sei als in besser gestellten
Schichten.



Keine Angst vor offenen Diskussionen



Allgemein wurde eine breite gesellschaftliche
Diskussion darüber gefordert, was das solidarische
Gesundheitswesen in Zukunft noch bezahlt und wer darüber
entscheidet, was bezahlt wird. Heiner Geißler, der in den
70er Jahren das Schlagwort von der "Kostenexplosion im
Gesundheitswesen" prägte, warnte davor, die Medizin nur
noch unter wirtschaftlichen Aspekten zu betrachten und den
Patienten zum "Kostenfaktor" zu reduzieren. Der
CDU-Politiker möchte diese Auseinandersetzung jedoch vor
allem im Parlament führen. Dagegen forderte Schwartz ein
verstärktes staatliches Engagement bei der Finanzierung.
Dr. Hagen Pfundner aus dem Vorstand des Veranstalters, des
Pharmakonzerns Roche, resümierte: "Wir haben im
internationalen Vergleich immer noch ein sehr gutes
Gesundheitssystem mit kurzen Wartezeiten, schnellem Zugang
zum Facharzt und einer relativ raschen Einführung von
Innovationen."



WANC Quelle: 3. Berliner Roche Forum "Der Solidargedanke in der
Medizin der Zukunft - zwischen Anspruch und
Finanzierbarkeit"

 
 
 
 
 
 
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