Hormon Oxytocin: Mehr Vertrauen in andere Menschen
> Das Hormon, das Vertrauen schafft

Ein Hormon ist mitverantwortlich dafür, dass wir Vertrauen empfinden. Es nennt sich Oxytocin und wer mehr davon hat, der vertraut leichter als jemand, der wenig davon hat. Wissenschaftler vermuten, dass das Hormon die Behandlung von Angsterkrankungen ergänzen kann.

Ohne Vertrauen wäre das Zusammenleben unerträglich. Zahlreiche Forschungsergebnisse aus der Psychologie, den Rechtswissenschaften und der Ökonomie zeigen, wie wichtig soziale und institutionelle Randbedingungen für die Existenz von Vertrauen sind. So stärken etwa das Vertragsrecht und unabhängige Gerichte das Vertrauen in Geschäftsabschlüsse, indem sie für die Vollstreckung freiwilliger Vereinbarungen sorgen.

Doch wie entsteht Vertrauen? Was geschieht im Körper des Menschen, damit sich Vertrauen bildet? Ein Forschungsteam der Universität Zürich konnte jetzt zeigen, dass das Hormon Oxytocin eine wichtige Rolle für das menschliche Vertrauen spielt. Menschen, denen Oxytocin durch die Nase verabreicht wurde, haben ein signifikant grösseres Vertrauen in andere Menschen als solche, denen ein unwirksames Mittel verabreicht wurde.

Dieser Einfluss von Oxytocin auf das Vertrauen ist jedoch nicht einfach eine Folge einer allgemein angestiegenen Risikobereitschaft. Wie die Experimente der Zürcher Wissenschafter vielmehr deutlich machen, beeinflusst das Hormon die individuelle Bereitschaft für soziale Risiken im Umgang mit anderen Menschen. "Mit unserer Studie haben wir die ersten Bausteine der biologischen Basis von Vertrauen entdeckt", erläutert Michael Kosfeld vom Institut für Empirische Wirtschaftsforschung. "Unsere Ergebnisse eröffnen die aufregende Aussicht, bald noch weitere Bausteine der Biologie des prosozialen Verhaltens zu finden."

Bei Tieren besitzt das Oxytocin eine Schlüsselposition für die Paarbindung, die mütterliche Fürsorge, das Sexualverhalten sowie die soziale Bindungsfähigkeit. Ausserdem vermindert das Hormon Ängstlichkeit und die neuroendokrine Antwort auf sozialen Stress. Männliche Präriewühlmäuse beispielsweise, die zahlreiche Oxytocinrezeptoren in den Belohnungsarealen ihres Gehirns besitzen, sind monogam und kümmern sich um ihren Nachwuchs. Die mit ihnen genetisch nahe verwandte Bergwühlmaus hingegen, die kaum Oxytocinrezeptoren in den Belohnungszentren ihres Gehirns besitzt, ist polygam und die Männchen zeigen keine elterliche Fürsorge.

Bei Menschen wird Oxytocin während des Stillens, der Geburt und während des Orgasmus ausgeschüttet. Wie der Zürcher Psychologe Markus Heinrichs in einer früheren Studie gezeigt hat, reduziert Oxytocin die Ängstlichkeit und steigert den stressausgleichenden Effekt, den soziale Unterstützung hervorruft. "Unsere neuesten Ergebnisse könnten positive Auswirkungen auf die Behandlung von Patienten mit psychischen Störungen im Bereich des Sozialverhaltens haben. Zu diesen Störungen gehören etwa soziale Phobie und Autismus."

Die soziale Phobie ist die dritthäufigste psychische Störung. Menschen mit sozialer Phobie haben Angst in sozialen Situationen und vermeiden Kontakte. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass Oxytocin die psychotherapeutische Behandlung sozialer Ängste entscheidend ergänzen könnte.

WANC 02.06.05

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