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Was ist eigentlich in unserem Essen? Welche Schadstoffe nehmen wir zu uns, ohne genau zu wissen welche und wie viel? (Foto: TK)
> Gifte in Lebensmitteln

Lebensmittel sollen eigentlich der Gesundheit nutzen. Denn die Ernährung soll unseren Körper mit wertvollen Stoffen, wie Vitamine und Mineralstoffe, versorgen. Doch nicht erst mit dem neuen Dioxin-Skandal, bei dem Futtermittel mit dioxinbelastetem Fettsäuren verunreinigt wurden, fragen sich viele Menschen, was und in welchen Mengen sie Dinge zu sich nehmen, die ihrer Gesundheit mehr schaden als helfen. Ein Forschungsprojekt hat ermittelt, welche Stoffe die Schadensursache sind, wo sie drin stecken und wie gefährlich sie sind.

Der Dioxin-Skandal, in den der Tierfutterhersteller Harles & Jentzsch aus Schleswig-Holstein verwickelt ist, nimmt immer unvorstellbarere Ausmaße an. Mittlerweile scheint sich zu bestätigen, dass es sich um bis zu 150000 Tonnen verseuchtes Tierfutter handelt. Und das Futter ist schon seit längerer Zeit verseucht. Bereits im März 2010 soll es eine positive Probe gegeben haben, in der doppelt so viel Dioxin wie erlaubt gemessen wurde.

Als Quelle für die hohe Dioxinbelastung gelten nach Informationen der Verbraucherorganisation foodwatch Rückstände von Pflanzenschutzmitteln – genau genommen Rückstände einer Pentachlorphenol-Verbindung, wie sie als Fungizid eingesetzt wird. Die analysierte Futterfett-Probe war mit 123 Nanogramm Dioxin pro Kilogramm belastet - der gesetzliche Höchstwert von 0,75 ng/kg wurde damit um das 164-fache überschritten.

Foodwatch fordert nun ein Gesetz, das Futtermittelhersteller dazu verpflichtet, jede Charge jeder Futtermittelzutat selbst auf Dioxin zu testen und dies für die Behörden zu belegen. Bei Überschreitung des Grenzwertes müsse die Charge vernichtet werden. Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode  begründet die Forderung: „Nur eine derartige Test- und Entsorgungspflicht für die Firmen schafft die nötige Futtermittel- und Lebensmittelsicherheit - denn staatliche Kontrolleure, auch wenn es zehn Mal so viele gäbe wie bisher, können immer nur Stichproben nehmen."

Kein Wunder, dass sich im Angesicht derartiger Machenschaften viele Menschen fragen, was sie mit der Ernährung eigentlich zu sich nehmen. Und vor allem, welche Mengen ungesunder Stoffe sich in den Lebensmitteln verstecken, über die gemeinschaftlich geschwiegen wird. In dem Forschungsprojekt „Lebensmittelbedingte Exposition gegenüber Umweltkontaminanten“ (LExUKon) haben Wissenschaftler/innen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), des Forschungs- und Beratungsinstituts für Gefahrstoffe (FoBiG) und der Universität Bremen berechnet, welche Mengen Cadmium, Blei, Quecksilber, Dioxine und polychlorierte Biphenyle (PCB) Verbraucherinnen und Verbraucher üblicherweise mit der Nahrung aufnehmen.

Hauptquelle für die Cadmiumaufnahme sind demnach Gemüse und Getreide. Blei nehmen Verbraucherinnen und Verbraucher in erster Linie über Getränke und Getreide auf. Methylquecksilber ist hauptsächlich in Fisch enthalten, während Dioxine und PCB vor allem in Milchprodukten und Fleisch gefunden werden. „Damit können wir das Ausmaß einer möglichen gesundheitlichen Gefährdung durch kontaminierte Lebensmittel besser abschätzen,“ sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel.

Bei den Messungen der Cadmiumgehalte im Rahmen des Lebensmittel-Monitorings 2008 wurden Höchstgehaltsüberschreitungen bei 1,1 % (2 von 189 Proben) der Messwerte für Putenfleisch und bei 12,4 % (13 von 105 Proben) der Spinatproben festgestellt. Die am höchsten mit Cadmium kontaminierten Lebensmittel der eher selten verzehrten Lebensmittelgruppen Innereien, Meeresfrüchte und Algen, Ölsaaten und Pilze liefern einen geringen Beitrag zur Belastung bei durchschnittlichem Verzehr. Dagegen liefern aufgrund des höheren Verzehrs Gemüse und Getreide trotz geringer Konzentrationen zu etwa gleichen Teilen den Haupteintrag zur Cadmiumbelastung, mit großem Abstand gefolgt von Getränken und Obst, Nüssen, Kakao. Insgesamt hat sich ergeben, dass bei durchschnittlichem Verzehr die wöchentliche Cadmiumaufnahme knapp 1,5 μg/kg Körpergewicht beträgt, was einer Ausschöpfung des obigen TWI (tolerable weekly intake  =  Höchstgehalt, bis zu dem keine Gesundheitsschaden vermutet wird) von etwa 58 % entspricht. Vielverzehrer liegen unabhängig vom Geschlecht bei einer Aufnahme von 2,3 μg/kg Körpergewicht und Woche und damit einer Ausschöpfung von 94 % des TWI.

Bei den Messungen der Bleigehalte wurden 2008 Höchstgehaltsüberschreitungen bei 1,1 % (1 von 88 Proben) der Messwerte für Reis  bei 1,9 % (2 von 103 Proben) der Spinat- und bei 0,7 % (1 von 144 Proben) der Zwiebelwerte festgestellt. Zu den Lebensmitteln mit hohen Bleigehalten gehören Fleisch vom Wild oder Wildgeflügel (z.B. Wildschwein mit 4,7 mg/kg oder Wildente mit 3,2 mg/kg), Innereien (z.B. Niere vom Schaf 0,85 mg/kg), Meeresfrüchte (z.B. Miesmuschel 0,5 mg/kg) und Gewürze (z.B. Pfeffer und Paprika je 0,36 mg/kg). Aufgrund des Verzehrsverhaltens der Bevölkerung liefern aber Getränke den größten Beitrag zur Bleiexposition, gefolgt von Gemüse, der Gruppe „Obst, Nüsse, Kakao“ und Getreide. Über die Nahrung werden zwischen 15 und 20 Prozent der höchsttolerierbaren Werte für die Aufnahme von Blei bestritten.

Zu den Lebensmitteln mit hohen Quecksilbergehalten gehören vor allem Fische, die aufgrund einer längeren Lebensdauer und räuberischer Ernährungsweise verstärkt Methylquecksilber akkumulieren (z.B. Haie mit 0,98 mg/kg oder Schwertfisch mit 0,84 mg/kg), welches über 90 % des Gesamtquecksilbers in Fischen und Meeresfrüchten darstellt. Jedoch tragen diese höher kontaminierten Fische aufgrund ihrer geringeren Verzehrsmengen im Vergleich zu anderen, weniger kontaminierten Fischen in einem geringeren Maß zur Exposition mit Quecksilber bei. Fische und Fischerzeugnisse, die in hohen Mengen verzehrt werden (z.B. Forelle), können dagegen einen großen Beitrag zur Quecksilberaufnahme leisten, auch wenn der Methylquecksilbergehalt niedrig ist. Insgesamt zeigt sich, dass Fisch aufgrund des Verzehrsverhaltens der Bevölkerung in Verbindung mit der Lebensmittelbelastung den größten Beitrag zur Exposition für Gesamtquecksilber (anorganisches Quecksilber und Methylquecksilber) liefert, gefolgt von Getreide und – mit nur geringfügig niedrigerem Beitrag – Gemüse sowie den Hauptgruppen „Fleisch“ und „Obst, Nüsse, Kakao“. Über die Ernährung schöpfen Durchschnittsverzehrer die festgelegten Höchstwerte zu 21 % und Vielverzehrer zu rund 37 % aus.

Lebensmittel weisen nicht nur vereinzelt eine Überschreitung der Höchstwerte für Dioxine - PCDD/F und PCB - auf. Zu den Lebensmitteln mit hohen Gehalten gehören in Hinsicht auf PCDD/F Schafleber, Lebertran, Dorschleber sowie Fleisch vom Wild oder Wildgeflügel. Zu Lebensmitteln mit besonders hohen Gesamt-Gehalten aus PCDD/F und dl-PCB gehören ebenfalls Schafleber, Lebertran, Dorschleber, Flussaal, Hasenfleisch und Wildente. Diese höher belasteten Lebensmittel tragen aufgrund ihrer geringeren Verzehrsmengen im Vergleich zu anderen, weniger belasteten Lebensmitteln in einem geringeren Maß zur durchschnittlichen Exposition der Verbraucher mit Dioxinen bei. Insgesamt zeigt sich, dass Milchprodukte aufgrund des Verzehrsverhaltens der Bevölkerung in Verbindung mit der Lebensmittelbelastung den größten Beitrag zur Exposition für PCDD/F und dl-PCB liefern, gefolgt von Fleisch und – mit nur geringfügig niedrigerem Beitrag – Fisch. Der Beitrag der Hauptgruppe „Ei“ ist wegen eines sehr hohen Wertes verbunden mit der vergleichsweise geringen Probenzahl mit höherer Unsicherheit behaftet. Mit einer wöchentlichen Dioxinaufnahme von 12,7-16,9 pg für Durchschnittsverzehrer wird der Höchstwert bereits zu 90-121 % ausgeschöpft bzw. überschritten. Vielverzehrer erreichen eine Ausschöpfung von rund 157-195 %.

So erkennen Sie Dioxin-Eier im Supermarkt:
Jedes Ei, das im Handel verkauft wird, trägt eine Stempelnummer. Die erste Stelle der Stempelnummer weist auf die Art der Hühnerhaltung hin: Die 1 steht hier für die Haltung im Freiland, die 2 für Bodenhaltung und die 3 für Käfighaltung. Handelt es sich bei der ersten Ziffer des Stempels um eine 0, weist dies auf Eier nach ökologischen Kriterien hin. Nach der ersten Ziffer folgen die Kürzel für die Länder, wobei DE für Deutschland steht.

Die Verbraucherzentralen der Bundesländer veröffentlichen auf ihren Webseiten die Stempelnummern der definitiv verseuchten Eier. So stand am 7.1.2011 fest, dass Dioxin in Eiern folgende Stempelnummern betrifft: 2-DE-0513912, 3-DE-0514411, 2-DE-0350121, 2-DE-0350372 , 2-DE-0355461. Eier, die durch eine der betroffenen Stempelnummern gekennzeichnet sind, sollten auf keinen Fall verzehrt werden.

WANC 10.01.11, Quelle: Aufnahme von Umweltkontaminanten über Lebensmittel, Ergebnisse des Forschungsprojektes LExUKon. Im Internet: http://www.bfr.bund.de/cm/238/aufnahme_von_umweltkontaminanten_ueber_lebensmittel.pdf

 
 
 
 
 
 
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