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Die Zahl der Menschen, die unter psychischen Störungen mindestens einmal im Jahr leiden, nimmt erschreckend stark zu (Foto: Stock photo)
> Psychische Störungen: Keine angemessene Behandlung
Einer neuen Untersuchung zur Folge
soll fast jeder dritte Bundesbürger im Jahr an einer psychischen
Störung leiden. Dabei sollen am häufigsten Depressionen,
Angststörungen, psychosomatische Erkrankungen und Süchte vom Arzt fest
gestellt werden. Die Initiatoren der Studie warnen, dass eine
angemessene Behandlung der Patienten nicht mehr möglich sei.
Die Untersuchung besagt, dass mittlerweile rund 30 Prozent der
Bevölkerung innerhalb eines Jahres an einer diagnostizierbaren
psychischen Störung leiden. Dieses Ergebniss haben 19 Professoren und
Klinikchefs aus den Bereichen Psychologie und Psychosomatik die
seelischen Krankheiten in Deutschland ermittelt.

Am häufigsten treten
demach Depressionen, Angststörungen, psychosomatische Erkrankungen und
Suchterkrankungen auf. Die wirtschaftlichen Behandlungskosten solcher Seelenkrisen stiegen in
Deutschland 2008 auf 28,6 Milliarden Euro, zeigen Berechnungen des
Statistischen Bundesamtes und des Robert Koch-Instituts. Die Deutsche
Rentenversicherung soll im vergangenen Jahr mit 64.000 Neu-Rentnern
wegen psychischer Erkrankungen einen neuen Rekord registriert haben. Im
übrigen kämpfen mit dieser Entwicklung alle westlichen Industrieländer
gleichermaßen.

 Angesichts dieses erschreckenden Trends warnten die Professoren und
Klinikchefs im "Focus" davor, dass die Kosten und Folgen psychosozialer
Krisen nicht mehr beherrschbar seien. Die drei Initiatoren Joachim
Galuska, Ärztlicher Direktor der Psychosomatischen Kliniken Bad
Kissingen, Thomas Loew, Universitätsprofessor für Psychosomatische
Medizin in Regensburg, sowie Johannes Vogler, Chefarzt der Klinik
Isny-Neutrauchburg, erklärten, eine adäquate Behandlung der Patienten
sei nicht mehr möglich, selbst mit hohen zusätzlichen Geldsummen.
Psychologen, Psychotherapeuten und Psychiater müssten drei bis fünf Mal
mehr Patienten behandeln, als sie könnten. Dass psychische Erkrankungen ein immer größeres Ausmaß annehmen,
belegen auch andere Zahlen. So offenbart die DAK in ihrem
Gesundheitsreport zum Jahr 2009, der eigentlich ein Krankheitsreport
ist, dass sich seit 1997 die Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen
verdoppelt haben. „Wegen psychischer Erkrankungen sind viele Menschen
immer häufiger und länger krank“, kommentierte Frank Meiners,
Diplom-Psychologe von der DAK die Entwicklung. „Im Gegensatz zu
Kurzzeiterkrankungen wie beispielsweise Erkältung führen psychische
Krankheiten meist zu langen Ausfallzeiten von mehreren Wochen oder
sogar Monaten“. Dieser Trend ist ungebrochen. Auch in den ersten drei Monaten des
Jahres 2010 legten psychische Erkrankungen mit 68 Fehltagen pro 100
Versicherte weiter zu (Vorjahr 64 Tage). Die Krankenkasse hat analysiert, dass vor allem bei jungen Erwachsenen
psychische Erkrankungen in den vergangenen zwölf Jahren
überproportional gestiegen sind. Dies ergeben die Zahlen der ärztlichen
Krankschreibungen der erwerbstätigen Versicherten. Die Krankheitsfälle durch psychische Leiden haben sich bei den 20- bis
29-jährigen Frauen seit 1997 weit mehr als verdoppelt (plus 143
Prozent). Zum Vergleich: Der Anstieg bei den berufstätigen Frauen aller
Altersgruppen lag bei 107 Prozent. Bei den Männern zeigt sich die
gleiche Entwicklung. Die 25- bis 29-Jährigen wiesen in den vergangenen
zwölf Jahren 124 Prozent mehr Fälle auf. Insgesamt stiegen bei allen
berufstätigen Männern die Krankheitsfälle um 97 Prozent. „Immer mehr junge Menschen reagieren offensichtlich mit psychischen
Problemen auf ihre Anforderungen im schulischen, beruflichen und
privaten Umfeld“, meint Meiners. „Die zunehmende Belastung durch Stress
führt offenbar schon bei jungen Erwachsenen zu immer mehr
Krankschreibungen aufgrund von Depressionen oder Ängsten.“ Doch neben
dem alltäglichen Stress würden in dieser Altersgruppe auch
Alkoholkonsum und Mobbing in der Schule ihre Spuren hinterlassen. WANC 26.10.10, Quelle: Focus, DAK,
 
 
 
 
 
 
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