Scheibende Hand
Wenn die Handschrift sich verändert, kann das ein Anzeichen einer Erkrankung sein
> Was die Handschrift über die Gesundheit verrät
An der Handschrift lassen sich
Krankheiten erkennen. Vor allem Erkrankungen der Nerven und der
Psyche lassen sich anhand des Schriftbildes schon früh
diagnostizieren.


Hat sich die eigene Handschrift erst
einmal ausgeprägt, so bleiben ihre typischen Merkmale über
Jahrzehnte konstant. Selbst bei Menschen, die nach einem Unfall
plötzlich mit dem Fuß oder dem Mund schreiben müssen,
ändert sich der individuelle Schreibstil in den meisten Fällen
nicht. Dass die Handschrift in ihrer Unverwechselbarkeit einem
Fingerabdruck gleicht, beweist der Einsatz von Schriftgutachten vor
Gericht.





Krankhafte Veränderungen der
Handschrift werden zwar seit einem Jahrhundert international
beschrieben und untersucht, aber in der Praxis nur relativ selten
erfasst. Wenn sie jedoch auffällig werden, können sie –
genau wie andere Leitsymptome, zum Beispiel Fieber oder Schwindel –
vom Arzt zum Anlass genommen werden, die Ursache zu ermitteln. 




„Schreibstörungen können
aber auch völlig harmloser Natur sein oder rasch wieder
verschwinden“, erklärt Professor Reinhard Ludewig. Der
Allgemeinmediziner und Hochschullehrer für Klinische
Pharmakologie und Toxikologie setzt sich seit langem dafür ein,
dass die medizinische und psychologische Interpretation von
Handschriftveränderungen schon in das Studium und später in
die ärztliche Fortbildung einbezogen wird. Die Leipziger
Universität war im Jahr 1993 weltweit die erste, die
seither einen interdisziplinären Lehrauftrag für
„Medizinische Graphologie und Schriftpsychologie“ mit ihren
wissenschaftlichen Grundlagen und Anwendungsmöglichkeiten
erteilt.





Zahlreiche Erkrankungen des
Nervensystems und psychische Störungen könnten mitunter
wesentlich früher behandelt werden, wenn auffällige
Veränderungen der Handschrift beachtet würden. Auch
Vergiftungen und Unverträglichkeiten, verursacht von Drogen,
Arzneimitteln, Umwelt- oder Genussgiften, manifestieren sich oft
frühzeitig in Schriftbildveränderungen.





Ludewig nennt eine einfache Methode der
wiederholten Selbstkontrolle: „Zeichnen Sie einen Kreis, eventuell
auch mit der schreibungeübten Hand. Ein Tremor, der für
mehrere Krankheiten und Vergiftungen typisch ist, kann sich schon
frühzeitig durch zittrige Wellenlinien bemerkbar machen. Bei der
bedrohlicheren Ataxie ist ein Schließen des Kreises nicht
möglich, weil die Linienführung überschießt oder
nicht in der beabsichtigten Richtung verläuft.“





Ungewohnt häufige Verschreibungen,
Buchstaben- oder Wortauslassungen oder auch -wiederholungen bis zum
Zerfall der Schrift können Ausdruck einer Schädigung des
Nervensystems sein. Diese und diffizilere Handschriftveränderungen
können den Arzt veranlassen, durch eingehendere Untersuchungen
rechtzeitig die Ursache der Störung zu ermitteln und
gegebenenfalls in die Beurteilung des Verlaufs und des
Behandlungseffektes einzubeziehen.





Eines der bekanntesten Beispiele für
eine pathologische Schriftveränderung ist das immer kleiner
werdende Schriftbild, das mitunter schon sehr frühzeitig auf die
Parkinsonsche Krankheit oder die Nebenwirkung eines Neuroleptikums
hinweisen kann. Die gut sicht- und messbare Normalisierung der
Handschrift ergänzt eindrucksvoll die Dokumentation des
Behandlungserfolgs.



WANC 23.05.08/Quelle: dgk, Ärzteblatt
Sachsen, Ausgaben 10/2007 bis 1/2008

 
 
 
 
 
 
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