Die Zahl der 15-16jährigen, die unter Mager- oder Ess-Brech-Sucht leiden, nimmt zu
> Bulimie: Erschreckende Ausmaße

Etwa fünf Prozent aller Frauen im Alter von 14 bis 35 Jahren leiden unter Anorexie (Magersucht) und Bulimie (Ess-Brech-Sucht). Doch bei Kindern im Alter von 15 und 16 Jahren, ist der Anteil doppelt so hoch. Inzwischen nehmen Essstörungen auch bei Männern zu. Die Folgen können schwerwiegende körperliche Schäden sein.

Jedes zehnte Mädchen und jeder 50. Junge der Klassenstufe 10 zeigt in Halle bulimische Verhaltens- und Denkweisen (durchschnittlich 6,4 Prozent). "Diese Ergebnisse sind alarmierend", fasst Mareke Arends ihre Untersuchungen unter mehr als 2.300 Schülern in der Saalestadt zusammen. Studien in anderen Städten zeigen ähnliche Ergebnisse. 

Viele der jungen Schüler und Schülerinnen (15 und 16 Jahre alt) weisen bereits eine bulimische Symptomatik oder auch bulimische Denkstrukturen auf. Normalerweise liegt das Durchschnittsalter der Ersterkrankungen um zwei bis drei Jahre höher. Der durchschnittliche Body-Maß-Index (BMI) lag bei etwa 21. Bei einem BMI zwischen 18,5 und 25 gelten Menschen als normalgewichtig.

Knapp fünf Prozent aller Frauen im Alter von 14 bis 35 Jahren leiden unter Anorexie (Magersucht) und Bulimie (Ess-Brech-Sucht). Diese beiden Formen der Essstörungen betreffen zu mehr als 90 Prozent Frauen. Neuere Untersuchungen lassen aber erkennen, dass die Zahl der männlichen Betroffenen zunimmt. "Von vorher fünf Prozent sind jetzt schon zehn Prozent der Betroffenen männlich", sagt die Ärztin.

Dass deutlich mehr Frauen unter Essstörungen leiden, liege am Druck des "Schönseins", unter den sich viele setzen würden. Gerade in der Pubertät bekommen Mädchen eine "weiblichere" Form, welche nicht immer mit ihren Idealvorstellungen harmoniert. "So wird früh mit Diäten begonnen und diese stellen einen Risikofaktor für die Entwicklung von Essstörungen dar."

Eine weitere Studie, durchgeführt im gleichen Zusammenhang von Dr. Barbara Dreyer, ergab in der untersuchten Schülergruppe, dass etwa 1,4 Prozent der Schülerinnen unter Anorexia nervosa litten bzw. das Risiko trugen, an einer anorektischen Essstörung zu erkranken. Andere Untersuchungen schätzen die Häufigkeit auf zwischen 0,1 bis ein Prozent ein. Laut Meinung von Experten trägt jede/r siebte Jugendliche ein Magersucht-Risiko.

Essstörungen sind psychische Erkrankungen mit schwer wiegenden negativen Folgen für den gesamten Körper. Problematisch sei, so Mareke Arends, dass für die Betroffenen nicht genügend Therapieplätze zur Verfügung stehen und diese Erkrankungen häufig nicht von Allgemeinmedizinern diagnostiziert würden. Sie sieht bei Eltern und Schulen Handlungsbedarf. In den Schulen sollte es einen "Aufklärungsunterricht" geben, sinnvoll sei die Verfügbarkeit eines Schulpsychologen.

Die so genannte Ess-Brech-Sucht wird durch wiederholtes Auftreten von Fress- oder Heißhungerattacken charakterisiert. Die Häufigkeit dieser Essanfälle, bei denen größere Nahrungsmengen mit hohem Energiegehalt verzehrt werden, reicht von einmal in der Woche bis mehrmals täglich. Das Essverhalten der Bulimiekranken zeichnet sich durch unkontrollierbare, episodische Anfälle stark gezügelten Essverhaltens, regelmäßiges und absichtlich herbeigeführtes Erbrechen nach einer Essattacke und krankhafter Angst vor dem Dicksein aus. Einige Betroffene treiben übermäßigen Sport und nehmen Abführ- und Entwässerungsmittel, um ihr Gewicht zu halten. Bulimiker fallen meist lange nicht auf, da sie normal- oder gar übergewichtig sind. Die Patienten leiden unter ihrer Krankheit.

Von der Bulimie sind hauptsächlich Frauen betroffen. Die Häufigkeit der Erkrankung ist allerdings nur schwer zu ermitteln. Verschiedene Untersuchungen sprechen von einer Rate zwischen einem und acht Prozent. Die Bulimie kann schwer wiegende körperliche Schäden nach sich ziehen:
- Entzündungen der Speiseröhre und Speicheldrüse
- Mineralstoffmangel durch vermehrten Verlust über die Ausscheidung der Magensäure
- Zahnschäden durch Übersäuerung im Mundraum
- Magengeschwüre durch starkes Beanspruchen des Magens
- Herzrhythmusstörungen

Die Gründe für das Entstehen einer Essstörung sind vielfältig und spielen oft zusammen. Es spielen etwa genetische, soziokulturelle oder psychische Gründe eine Rolle, ebenso die Zugehörigkeit zu bestimmten Risikogruppen (Sportler, Gymnasiasten, Studenten und Ballettschüler).

WANC 16.03.05

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