> Lebensstiländerungen bei Diabetes: Oft ohne Wirkung
Wer Diabetes verhindern will, dem wird fast immer empfohlen, sich gesund zu ernähren und regelmäßig zu bewegen. Doch nur bei etwa der Hälfte der Menschen mit Prädiabetes - also einer Vorstufe zum Diabetes - normalisiert sich der Blutzucker wieder, wenn sie diese Tipps befolgen. Insbesondere bei übergewichtigen Jugendlichen bessert ein anderer Lebensstil häufig nicht das Krankheitsbild. Warum der Stoffwechsel bei manchen Menschen auf diese Maßnahmen nicht ausreichend reagiert, ist bislang unklar.
 
Eine Studie mit 699 übergewichtigen Jugendlichen, die bereits im Alter von zehn bis 17 Jahren an Diabetes Typ 2, dem „Alterszucker“, erkrankt waren, wollte herauszufinden, welche Therapie den Blutzucker bei heranwachsenden Menschen am zuverlässigsten normalisiert. Dazu wurden die Jugendlichen Tauf drei verschiedene Behandlungsgruppen verteilet: Gruppe eins erhielt die Blutzucker senkenden Tabletten Metformin, ein Präparat, das auch bei Erwachsenen häufig als erstes gegeben wird. Gruppe zwei kombinierte Metformin mit einem in Deutschland nicht mehr zugelassenen Medikament (Rosiglitazon). Gruppe drei  änderte zusätzlich zur Metformintherapie auch ihren Lebensstil: Die Jugendlichen lernten, kalorienreiche Nahrungsmittel zu meiden, vermehrt ballaststoffreiche Kost zu essen und 200 Minuten Sport pro Woche zu treiben.
 
„Die Ergebnisse der Fünf-Jahres-Studie waren leider ernüchternd“, bedauert Prof. Dr. med. Stephan Matthaei von der Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). Nur die Hälfte der jungen Patienten erreichte mit dem Medikament Metformin einen akzeptablen Blutzucker. Und die Änderung des Lebensstils brachte keine zusätzliche Besserung. Auch eine andere Studie, die ebenfalls Metformin und Lebensstilveränderungen einsetzte, zeigte bei erwachsenen Menschen mit einer Vorstufe zur Diabeteserkrankung bei ungefähr 50 Prozent langfristig keine Normalisierung des Blutzuckers.
 
Dass diese Ergebnisse die Schuld der Patienten/innen sei, weil sie die Therapien nur mangelhaft erfüllt hätten, will die DDG nicht bestätigen. Die Autoren der Studie hätten selbst berichtet, dass mehr als 80 Prozent der Patienten Metformin regelmäßig eingenommen haben. Da sei ein guter Wert, betont die DDG. Gleiches gelte für die Lebensstilmaßnahmen: Die Patienten nahmen an 75 Prozent der Sitzungen in den ersten zwei Jahren der Studie teil, das sei ebenfalls ein guter Wert.
 
„Möglicherweise sind vielmehr biologische und pathophysiologische Unterschiede dafür verantwortlich, dass Metformin und Lebensstiländerung bei manchen Prädiabetikern den Diabetes nicht verhindern können, und bei Jugendlichen keine Verbesserung des Stoffwechsels erreichen“, erklärt Prof. Dr. med. Andreas Fritsche aus Tübingen. Menschen, die schon in ihrer Jugend an Diabetes erkranken, leiden offensichtlich an einer besonders aggressiven Form des Diabetes Typ 2.
 
wanc 23.07.2012/ Quelle: N Engl J Med 2012; 366 (24): 2247–56, Lancet 2012; 379 (9833): 2243–51
 
 
 
 
 
 
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