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Statine sind Medikamente, die die schädlichen Blutfette entfernen sollen - doch es gibt Nebenwirkungen (Foto: Stock photo)
> Statine: Heben Risiken die Nutzen auf?
Die Nebenwirkungen von Statinen sind
nicht unumstrittenen. Jüngste Forschungen zeigen, dass die Gabe dieser
Cholesterinsenker das Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln, um 9
Prozent steigern. Wissenschaftler bemerken jedoch, dass das absolute
Erkrankungsrisiko gering sei und der nützliche Effekt der Statine deren
Risiken überwiegen. Letztlich muss der Patient sagen, wofür er
sich entscheidet. Doch das sollte er mit der vernünftigen Aufklärung
seines Arztes tun.
Frage: Was sind Statine? Antwort: Medikamente die die Cholesterinwerte
senken. Das heißt also, dass sie schädliche Fette aus dem Blut
entfernen. Damit sollen sie Arteriosklerose und Herzinfarkt vorbeugen.
Inzwischen wird diesen Wirkstoffen, die in den Fettstoffwechsel des
Körpers eingreifen, auch nachgesagt, gegen Krebs, Alzheimer,
Potenzstörungen und zur Besserung der Lungenfunktion zu wirken. Eine Wunderdroge also? Das zumindest bleibt umstritten. Denn die
Statine haben auch Nebenwirkungen – und zwar nicht unerhebliche. Doch
über die wird häufig nicht geredet. Im August 2007 veröffentlichte die
US-Fachzeitschrift "Drug Safety" Ergebnisse einer von Beatrice Golomb
von der Universität von Kalifornien in San Diego durchgeführten Studie
mit 650 knapp über 60 Jahre alten und in den USA lebenden Patienten. 78 % der 650 PatientInnen beschwerten sich bei ihrem Arzt über
Muskelschmerzen, Gedächtnisverluste, Taubheit in Händen und Füßen oder
andere mögliche Nebenwirkungen. Sie sprachen ihren Arzt darauf an und
baten um (Er-)Klärung. Doch ernst genommen wurden sie nicht. Die
meisten der Patienten sagten, dass der behandelnde Arzt fast durchweg
einen Zusammenhang oder die Möglichkeit eines Zusammenhangs der
Probleme mit dem Arzneimittel ignorierten oder ins Reich der Phantasie
verwiesen bzw. sie stattdessen dem Alter der Patienten anlasteten. Dies
traf sogar auf Symptome zu, die in der gesamten Literatur als
hochgradig mit der Einnahme von Statinen in Verbindungs stehend gelten
oder wo andere Umstände einen Zusammenhang individuell hochevident
machte. Auch was die Entwicklung eines Diabetes betrifft, sind Statine ins
Gerede gekommen. Studien zu Statintherapien zeigen bislang
widersprüchliche Ergebnisse hinsichtlich des Risikos. Jetzt haben
Forscher 13 Studien aus dem Zeitraum 1994 bis 2009 erfaßt, wobei jede
Studie mehr als 1000 Patienten untersucht hatte. Die Studien glichen
sich auch bezüglich des Nachbeobachtungszeitraums. Die 13 festgelegten
Statin-Studien umfassten insgesamt 91.140 Teilnehmer, wovon 4278 (2226
Statingruppe; 2052 Kontrollgruppe) im Verlauf von im Mittel 4 Jahren
Diabetes entwickelten. Die Statintherapie war mit einem um 9 Prozent gesteigerten Risiko
verknüpft, Diabetes zu entwickeln. Dieses Risiko fand sich in breiter
Übereinstimmung über alle verschiedenen Studien hinweg. Weitere
Analysen zeigten, dass das Risiko, unter Statinbehandlung an Diabetes
zu erkranken, in den Studien mit älteren Teilnehmern höher lag.
Allerdings scheinen weder Body-Mass-Index noch Änderungen der
LDL-Cholesterinkonzentrationen das statinverknüpfte Diabetes-Risiko zu
beeinflussen. Die Behandlung von 255 Patienten mit Statinen über 4
Jahre resultierte in nur einem zusätzlichen Fall einer
Diabeteserkrankung. Die Autoren der Studie betonen, dass das gesteigerte Diabetesrisiko
unter den statinbehandelten Patienten ein Zufallsergebnis sein könnte.
Die gleichen 255 Patienten können davon ausgehen, dass sie bei einer
Verringerung der LDL-Cholesterinkonzentration um 1 Millimol pro Liter
(würden die Statine hervorrufen) fünf schwerwiegende koronare
Zwischenfälle weniger erleben (d.h. Tod durch koronare Herzkrankheit
oder nichttödlicher Herzinfarkt). Was bedeutet das für die betroffenen Patienten? Dass sie mit den
Statinen den Teufel mit dem Belzebub austreiben? Die Wissenschaftler
folgern: „Mit Blick auf den überwältigenden Nutzen der Statine in der
Verringerung kardiovaskulärer Ereignisse wird das kleine Absolutrisiko
bei jenen Personen, für die eine Statintherapie empfohlen wird, kurz-
und mittelfristig durch herzkreislaufbezogene Vorteile aufgewogen. Wir
schlagen daher vor, dass die klinische Praxis der Statintherapie bei
Patienten mit moderatem oder hohem kardiovaskulärem Risiko oder einer
bestehenden Herzkreislauferkrankung nicht geändert werden muss. Das
potenziell gesteigerte Diabetesrisiko sollte allerdings berücksichtigt
werden, wenn eine Statintherapie für Patienten mit niedrigem
kardiovaskulärem Risiko oder Patientengruppen erwogen wird, bei denen
ein herzkreislauf-bezogener Nutzen bislang nicht nachgewiesen werden
konnte." Nach Anischt der Experten, scheinen die Vorteile „das Risiko somit bei
Weitem auszugleichen“. Ob das die Patienten beruhigen kann? Irgendwie
wird man das Gefühl nicht los, dass hier unbedingt eine
Medikamentenklasse hoch gehalten werden soll. Letztendlich wird jeder
für sich selbst entscheiden müssen, ob er die Risiken in Kauf nehmen
will oder nicht. Vor allem sollte er auf eine „wirkliche“ Beratung
durch den Arzt dringen. WANC 22.02.10, Quelle: N Sattar and others. Statins and risk of
incident diabetes: a collaborative meta-analysis of randomised statin
trials. Lancet 2010; 375: 10.1016/S0140-6736(09)61965-6
 
 
 
 
 
 
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