Frau
Muskel-, Atem- und Herzschwäche sowie unsicherer Gang: Symptome einer seltenen Muskelerkrankung (Foto: DAK/Wigger)
> Muskelerkrankung Morbus Pompe: Neue Therapiechance
Muskel-, Atem- und Herzschwäche, bei Erwachsenen auch
ein unsicherer, schwankender Gang sowie Wirbelsäulenprobleme - für Patienten
mit Morbus Pompe bestand bisher nur die Aussicht, den Verlauf der Krankheit zu
lindern. Jetzt gibt es eine Behandlungsmöglichkeit: ein Medikament, das seine
Wirkung genau dort entfaltet, wo sich die Krankheit ausbreitet - in den
Muskelzellen.


Morbus Pompe ist eine seltene, fortschreitende Erbkrankheit
und gehört zu den lysosomalen Speicherkrankheiten - das sind seltene
Stoffwechselerkrankungen. Die Krankheit tritt bei etwa einem von 40.000
Neugeborenen auf - so gibt es in Deutschland rund 200 Morbus-Pompe-Patienten.
Fehlerhafte Gene verursachen dabei eine fortschreitende Muskelschwäche, die
auch häufig zu Atemproblemen führt.



Ursache der Erkrankung ist ein Enzymmangel oder gar das
völlige Fehlen eines bestimmten Enzyms: Dieses Enzym wird vom Körper benötigt,
um eine in den Muskelzellen eingelagerte Zuckerform abzubauen und trägt so zu
einer reibungslosen Funktion der Muskeln bei.



Die Symptome der angeborenen Krankheit können schon bei der
Geburt, aber auch erst später, im Erwachsenenalter, auftreten. Bei Babys
gehören Schlaffheit, Atem-, Trink- und Schluckschwächen zu den Symptomen, bei
Erwachsenen treten neben der Muskel-, Atem- und Herzschwäche ein unsicherer,
schwankender Gang sowie Wirbelsäulenprobleme auf. Aufgrund der nach und nach
auftretenden Symptome dauert es oft lange, bis die Krankheit diagnostiziert
wird. Eine Heilung der Krankheit war bisher nicht möglich, es standen lediglich
Therapien zur Verfügung, um den Verlauf der Erkrankung zu lindern.



Seit kurzem gibt es nun ein neues Medikament, welches dort ansetzt, wo die
Krankheit ihre Ursache hat: in den Muskeln. Der Wirkstoff des neuen Medikaments
ist eine Kopie des menschlichen Enzyms, welches Morbus-Pompe-Patienten
teilweise oder ganz fehlt. Es handelt sich also um eine Enzymersatztherapie,
bei der Patienten mit dem fehlenden Enzym versorgt werden.



Dieses Ersatzenzym unterstützt dann - wie beim normalen
Prozess auch - den Abbau der besonderen Zuckerform in den Muskelzellen. Nach
Ergebnissen klinischer Studien - die vor der Einführung eines neuen
Medikamentes durchgeführt werden müssen - verbessert das Medikament die Herz-,
Bewegungs- und Atemfunktion und erhöht die Überlebensrate der Patienten.



Hergestellt wird das Enzym durch eine biotechnologische Methode, bei der
bestimmte tierische Zellen dazu gebracht werden, das Enzym in verwertbarer
Menge zu produzieren. Auf ähnliche Art und Weise werden bereits seit langem
Gerinnungsfaktoren oder Insulin produziert.



„Bei vier sehr seltenen Stoffwechselerkrankungen wird das
Prinzip der Enzymersatztherapie bisher erfolgreich angewandt - Morbus Pompe ist
nun die fünfte Erkrankung, bei der die Enzymersatztherapie zum Einsatz
kommt", erklärt Dr. Eugen Mengel, der an der Villa Metabolica Patienten
mit lysosomalen Speicherkrankheiten betreut. „Damit ist diese Krankheit auch
die erste, angeborene Muskelerkrankung, die therapiert werden kann."



WANC 12.05.06

 
 
 
 
 
 
powered by webEdition CMS