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Rückenschmerzen und andere Beschwerden des Bewegungsapparates lassen sich durch lebenslanges Training vermeiden (Foto: DAK)
> Bewegungsapparat: Lebenslanges Training
Beschwerden des Bewegungsapparats
treten in der westlichen Welt sehr häufig auf. Allein Rückenschmerzen
plagen neun von zehn Menschen mindestens einmal in ihrem Leben. Ein
schweizerisches Projekt hat erforscht, wie Rückenschmerzen und andere
Beschwerden des Bewegungsapparates besser behandelt oder sogar
vermieden werden können. Sicher ist, dass die Erhaltung des
Bewegungsapparates eine lebenslange Aufgabe bleibt, allerdings mit
unterschiedlichen Akzenten in den verschiedenen Lebensphasen.


Der Bewegungsapparat entwickelt sich in der Kindheit und Jugend.
Abwechslungsreiche und häufige Bewegungsabläufe unterstützen während
dieser Zeit den optimalen Aufbau von Knochen- und Muskelmasse. Das
Nationale Forschungsprogramm "Muskuloskelettale Gesundheit - Chronische
Schmerzen" (NFP 53) hat gezeigt, dass für junge Menschen mit erhöhtem
Risiko für Hüft-Arthrosen nicht alle Sportarten gleich gut geeignet
sind. Michael Leunig von der Schulthess Klinik in Zürich und Peter Jüni vom
Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern haben
bei 1098 jungen Männern und 283 jungen Frauen untersucht, wie stark
sich der Oberschenkelknochen in der Hüftgelenkpfanne drehen kann. Dabei
zeigte sich, dass ein Viertel der Versuchsteilnehmer die Unterschenkel
beim Sitzen weniger stark nach aussen drehen kann und deshalb eine so
genannte verminderte Innenrotation der Hüfte aufweist. Zusätzliche
Untersuchungen legen nahe, dass die verringerte Beweglichkeit mit
strukturellen Veränderungen und erhöhten mechanischen Belastungen des
Oberschenkelknochens oder der Hüftgelenkpfanne einhergeht. Dies ist insofern wichtig, weil wiederholte Belastungen des Hüftgelenks
eine Arthrose auslösen können. Deshalb sollten Personen mit einer
verminderten Innenrotation der Hüfte zusätzliche Risiken vermeiden und
auf Sportarten mit schnellen und kraftvollen Hüftbewegungen wie zum
Beispiel Eishockey oder Karate verzichten. 

 Im Erwerbsalter drängt sich neben der Vermeidung von Risiken vor allem
die Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit auf. Erkrankungen des
Bewegungsapparates, insbesondere chronische Rückenschmerzen, gehören zu
den wichtigsten Ursachen für eine dauerhafte Invalidität: Mehr als ein
Fünftel aller zugesprochenen Invaliditätsrenten sind auf Krankheiten
des Bewegungsapparates zurückzuführen. Stefan Bachmann von der Klinik für Rheumatologie und Rehabilitation des
Bewegungsapparates in Valens hat bei 174 Patienten mit chronischen
Rückenschmerzen unterschiedliche Behandlungsmethoden miteinander
verglichen. Das aktive Training - die so genannte funktionsorientierte
Behandlung - strebt die Verbesserung der körperlichen
Leistungsfähigkeit an: Die Patienten werden aufgefordert, weiter zu
trainieren, auch wenn die Schmerzen zunehmen. Auch bei der
herkömmlichen Behandlung ist körperliche Aktivität erwünscht,
allerdings nur, wenn sie nicht weh tut. Bachmann hat festgestellt, dass Betroffene dank aktivem Training im
Vergleich zur üblichen Behandlung innerhalb eines Jahres
durchschnittlich 40 Tage weniger bei der Arbeit ausfallen. Bei einem im
Rahmen des NFP 53 durchgeführten Kostenvergleich drei Jahre nach der
Behandlung kommt er zum Schluss, dass sich aktives Training nicht nur
positiv auf den Erhalt der Arbeitsfähigkeit auswirkt, sondern den
Arbeitgeber und die Versicherung auch wesentlich günstiger zu stehen
kommt.

 Im Alter
Schliesslich gilt es im Alter, die Selbständigkeit möglichst
lange zu bewahren. Denn im Alter nimmt die Leistungsfähigkeit der
Muskeln ab, das Sturzrisiko aber zu. Stürze sind eine der häufigsten
Ursachen, weshalb betagte Menschen pflegebedürftig und in ein Heim
eingewiesen werden. Um Stürze zu vermeiden, müssen Senioren ihre Kraft,
ihre Beweglichkeit und ihre Koordination fördern. Dafür braucht es
spezifische Trainingsprogramme. Die Gruppe um Hans Hoppeler am Institut für Anatomie der Universität
Bern hat bei über 80-jährigen gesunden Frauen und Männern eine speziell
für diese Altersgruppe neu entwickelte Trainingsmethode getestet. Am so
genannten exzentrischen Ergometer, der einem Hometrainer ähnlich sieht,
werden die Pedale von einem Motor angetrieben und von den Trainierenden
abgebremst. Das Bremstraining nimmt die Beinmuskeln intensiv in Anspruch- und
steigert deren Kraft mindestens ebenso wie herkömmliche
Trainingsmethoden -, schont jedoch das Herz. Zudem stellt das
Trainingsgerät wegen der ständig wechselnden Antriebskraft hohe
Anforderungen an die Koordinationsfähigkeiten der Teilnehmenden. Laut
Hoppeler sollten die Trainingsprotokolle auch für über 80-Jährige auf
Leistungsgewinn abzielen, das erfordere jedoch ein regelmässiges
Training an mehr als 2 Tagen pro Woche.

 Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramm "Muskuloskelettale
Gesundheit - Chronische Schmerzen" (NFP 53)
 haben seit April 2004
insgesamt 26 verschiedene Forschungsprojekte die Gesundheit des
Bewegungsapparats in der Schweizer Bevölkerung ausgeleuchtet. Dabei
haben Forschende die Ursachen der Beschwerden untersucht, die
bestehenden Therapien kritisch hinterfragt und neue Ansätze entwickelt,
mit denen die Gesundheit des Bewegungsapparates aufrechterhalten oder
wiederhergestellt werden kann. Das NFP 53 betont, dass weiterhin
Anstrengungen nötig sind, um künftig die Prävention stärken, die
Rehabilitation optimieren und Fehlbehandlungen vermeiden zu können. WANC 03.11.09/ Quelle: Nationales Forschungsprogramm "Muskuloskelettale Gesundheit - Chronische Schmerzen" (NFP 53)
 
 
 
 
 
 
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