Website des RKI zu RSV-Infektionen  (Foto: Website RKI)
Website des RKI zu RSV-Infektionen (Foto: Website RKI)
> Warum RSV sich so schnell verbreiten kann

 


Plötzlich sprechen alle vom RSV. Gemeint ist das respiratorischen Synzytial-Virus (RSV), das schwere Atemwegserkrankungen verursachen kann. Obwohl das Virus schon lange bekannt ist, beunruhigt es gerade jetzt viele Menschen, da die Zahl der Erkrankten sprunghaft angestiegen ist.


Das Robert Koch Institut (RKI) hat im Dezember die Zahl von neun Millionen Menschen ermittelt, die akut an einer Erkrankung der unteren und oberen Atemwege leiden. Das sind bedeutend mehr als in den Jahren zuvor. Betroffen sind vor allem Säuglinge und Kleinkinder. Kinderärzte berichten über volle Wartezimmer und überfüllte Kinderkliniken. Denn insbesondere bei Kindern unter zwei Jahren zeigen sich in Kombination mit Influenza häufig schwere Verläufe der Infektion. Allerdings beobachten Kinderärzte wie Dr. Mikosch Wilke, Oberarzt der Pädiatrischen Intensivmedizin im Vivantes Klinikum Neukölln, dass neuerdings „auch etwas ältere Kinder bis etwas 5 Jahren mit schweren Verläufen" betroffen sind.


RSV weit verbreitet
Warum RSV sich plötzlich so aggressiv zeigt? Tatsächlich ist das Virus kein neuer Erreger, sondern weltweit verbreitet. Kinderärzte sagen, dass fast alle Kinder in der ersten Lebensjahren eine Infektion mit RSV durchmachen - meist äußere sich das in einer harmlosen Erkältung. Das Kind bekomme Schnupfen, Husten, Halsschmerzen, manchmal Schluckbeschwerden oder auch Fieber. Erkrankte fühlten sich schlapp und müde. Meist nach einer Woche würden diese Erkältungssymptome aber wieder abklingen.


Dr. Martin Wetzke, Oberarzt an der Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie an der MHH Medizinische Hochschule Hannover erklärt: „Das RS-Virus ist eigentlich ein alter Bekannter. Es sorgt in der kalten Jahreszeit bei Menschen aller Altersstufen für Atemwegsinfektionen. Normalerweise machen die meisten schon in den ersten zwei Lebensjahren mindestens eine Infektion mit dem Erreger durch. Im Laufe des Lebens stecken sie sich dann immer wieder damit an und trainieren so ihr Immunsystem."


Immunsystem hatte keine Chance zum Lernen
Warum es dieses Mal etwas anders ist? Kinder- und Jugendärzte im Netz zitieren Dr. Jessica Ericson, amerikanische Expertin für pädiatrische Infektionskrankheiten: Demnach handele es sich jetzt höchstwahrscheinlich um eine Art Rückstau. Das bedeute, dass sich Kinder, die sich normalerweise in den letzten beiden Saisons mit RSV infiziert hätten, sind wegen Corona zuhause geblieben, haben Masken getragen und Abstand gewahrt, wenn sie mit anderen zusammentrafen. „Jetzt, wo wir damit aufgehört haben, begegnen diese Kinder zum ersten Mal RSV und anderen Viren."


So sieht das auch Dr. Wilke: „Dieses Jahr ist die Zahl der RS-Viruserkrankten wahrscheinlich nicht sehr viel höher, aber die Gesamtzahl der Atemwegserkrankungen hat deutlich zugenommen. Während der Pandemie und der Lockdowns und im Homeoffice waren Eltern und Kinder kaum Erkältungs- und Grippeviren ausgesetzt, die unser Immunsystem zum Lernen und zur Aktivierung benötigt - so erleben wir zeitversetzt eine starke Erkrankungswelle."


Dem stimmt Dr. Wetzke zu: „Eine Rolle spielt die Corona-Pandemie. Wegen Maskenpflicht, Abstandsgebot und Lockdowns haben sich in der Zeit deutlich weniger Menschen mit dem RS-Virus angesteckt und konnten darum auch keine Immunität aufbauen oder ihre Immunität boostern. Mit Lockerung der Corona-Maßnahmen kann das Virus dann auf deutlich mehr ungeschützte Menschen treffen und sich rasant verbreiten."


Übertragen wird das RS-Virus als Tröpfcheninfektion - durch Husten und Niesen. Schwere Symptome sind bläuliche Verfärbungen der Haut oder Lippen, Atembeschwerden und starker, keuchender Husten sowie Fieber. Bei diesen Anzeichen raten Kinderärzte zu einem sofortigen Besuch der Klinik.


Ältere Patienten können Lungenentzündung bekommen
Beobachtet haben Ärzte aber auch, dass zunehmend Erwachsene von einer RSV-Infektion betroffen sind. Laut infektionsschutz.de kann eine RSV-Infektion bei Erwachsenen ganz ohne Krankheitszeichen bleiben. „Aber Erwachsene können auch Krankheitszeichen eines Atemwegsinfekts zeigen. Erwachsene mit chronischen Herz- und Lungenkrankheiten, schwachem Immunsystem oder ab 65 Jahren können an einer Lungenentzündung erkranken."


Quelle: RKI, Infektionsschutz.de, Vivantes, MHH
3.1.2023

 

 
 
 
 
 
 
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