Die Gleichung viel Salz gleich große Bluthochdruckgefahr und wenig Salz gleich kein Bluthochdruck stimmt so nicht. Ob Salz einen hohen Blutdruck erzeugt, hängt anscheinend vom Darm ab.
Die Gleichung viel Salz gleich große Bluthochdruckgefahr und wenig Salz gleich kein Bluthochdruck stimmt so nicht. Ob Salz einen hohen Blutdruck erzeugt, hängt anscheinend vom Darm ab.
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Eigentlich ist ja alles ganz klar: Salz ist böse. Denn Salz erhöht den Blutdruck - vor allem zu viel Kochsalz. Doch mittlerweile stellt sich immer klarer heraus: Ganz so einfach ist es nicht. Die Gleichung viel Salz gleich große Bluthochdruckgefahr und wenig Salz gleich kein Bluthochdruck stimmt so nicht. Ob Salz einen hohen Blutdruck erzeugt, hängt anscheinend vom Darm ab. Möglicherweise gibt Milchsäure den Ausschlag.


Die Erkenntnis reift inzwischen bei vielen Medizinern: Salz lässt bei manchen Menschen den Blutdruck ansteigen, bei anderen aber nicht. Offenbar gibt es salzsensitive und salzresistente Menschen. Bei salzsensitiven führt ein erhöhter Salzkonsum zu Bluthochdruck, bei salzresistenten aber nicht. Woran das liegen könnte, haben jetzt Gesundheitsforscher om Berliner Max-Delbrück-Centrum und der Charité heraus gefunden. So reduziert Kochsalz die Zahl bestimmter Milchsäurebakterien im Darm. Dies wirkt sich auf Immunzellen aus, die Autoimmunerkrankungen und Bluthochdruck mitverursachen. Milchsäurebakterien, wie sie in Sauerkraut, Joghurt oder Käse zu finden sind, milderten die Krankheitssymptome.

Prof. Dominik Müller betont, dass zuviel Kochsalz in der Nahrung kann Bluthochdruck fördern und sogar den Krankheitsverlauf der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose negativ beeinflussen könne. Ein Übermaß an Salz dezimiert die Laktobazillen im Darm, haben seine Studien ergeben. Gleichzeitig stiegen Blutdruck und die Zahl von Th17-Helferzellen. Diese Immunzellen stehen mit Bluthochdruck und Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose in Verbindung. Erhielten die Tiere jedoch probiotische Laktobazillen zusätzlich zur salzreichen Nahrung, ging die Zahl der Th17-Helferzellen wieder zurück und der Blutdruck sank. Die Milchsäure milderte auch die neurologischen Symptome von experimenteller autoimmuner Encephalomyelitis, einem Krankheitsmodell für Multiple Sklerose.

Neben den Untersuchungen an Mäusen überprüften die Forscher die Bakteriengemeinschaft im Verdauungstrakt von zwölf gesunden Männern, welche 14 Tage lang sechs zusätzliche Gramm Kochsalz täglich erhielten. Da die Personen ihre normalen Essgewohnheiten ansonsten beibehielten, verdoppelten sie damit in etwa ihre tägliche Salzzufuhr. Auch hier reagierten die Darmbakterien der Gattung Lactobacillus empfindlich. Die meisten waren nach 14 Tagen erhöhter Salzaufnahme nicht mehr nachweisbar. Gleichzeitig ermittelten die Wissenschaftler, dass der Blutdruck und die Zahl Th17-Helferzellen im Blut ansteigen.

Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) beurteilt die Ergebnisse so: „Die individuelle Zusammensetzung des Darmmikrobioms könnte somit darüber entscheiden, wie sich Kochsalz auf den Blutdruck auswirkt. Die regelmäßige Aufnahme von Laktobazillus mit der Nahrung könnte vor diesen unerwünschten Salzeffekten schützen. Laktobazillus wird auch für die Herstellung fermentierter Milchprodukte wie zum Beispiel Joghurt genutzt. Bereits seit einigen Jahren wird die Bedeutung der menschlichen Darmbakterien für die Entstehung von Bluthochdruck diskutiert. Zudem liefern die aktuellen Studienergebnisse eine mögliche Erklärung dafür, weshalb der Blutdruck bei verschiedenen Menschen unterschiedlich empfindlich auf die Kochsalzzufuhr mit der Nahrung reagiert. Die Zusammensetzung des jeweiligen Darmmikrobioms könnte der Schlüssel dazu sein.“

Und: „Bei der Diskussion über den schädlichen Einfluss von zu viel Salz auf das Herz-Kreislauf System sollte nicht vergessen werden, dass auch die Aufnahme von zu wenig Salz Herzkreislauf-Ereignisse und Gesamttodesfälle sowohl bei Menschen mit als auch bei Menschen ohne Bluthochdruck erhöht.“

21.12.2017 cs/ Nature

 
 
 
 
 
 
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