Foto: DAK/Wigger
Atemnot beim Treppensteigen? Das könnte ein erster Hinweis auf eine Herzschwäche sein. (Foto: DAK/Wigger)
> Herzschwäche: Die Anzeichen früh und richtig erkennen
Herzschwäche ist eine ernste - und oft
verkannte Krankheit. Doch viele Betroffene deuten Symptome wie
Leistungsabfall, Atembeschwerden und geschwollene Beine zu Unrecht als
unvermeidbare Alterserscheinungen. Das Risiko ist groß, dass die
Herzschwäche fortschreitet und später gar das Leben bedroht.
Rund 1,8 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einer
Herzschwäche (Herzinsuffizienz), jedes Jahr erkranken rund 300000 neu
daran und 50000 sterben jährlich an dieser Krankheit. Die Anzeichen,
die auf eine Herzschwäche hindeuten, sind in der deutschen Bevölkerung
aber nahezu unbekannt. Nur 3 Prozent wissen um die typischen
Beschwerden und Symptome der chronischen Herzschwäche. Im
fortgeschritten Stadium führt die Herzschwäche (Herzinsuffizienz) zu
einer schweren Beeinträchtigung des Alltags und kann tödlich verlaufen,
wenn die Patienten nichts dagegen tun. Um das Fortschreiten einer Herzschwäche aufhalten zu können, ist es
wichtig, die ersten Symptome wie Atemnot, Leistungsschwäche,
Schwellungen an Unterschenkel und Gelenken zu erkennen. Diese werden
jedoch häufig nicht wahrgenommen oder auf das Alter geschoben. Aber es liegt nicht nur am Patienten. Die Deutsche Gesellschaft für
Kardiologie (DGK) hat selbstkritisch festgestellt, dass Patienten mit
Herzinsuffizienz (Herzschwäche) in Deutschland anscheinend unter
Defiziten in der Betreuung leiden. Die Spezialisten für
Herzerkrankungen kritisieren zum einen mangelnde finanzielle Mittel.
Zum anderen aber auch mangelndes Fachwissen des eigenen Berufsstandes. Prof. Dr. Michael Böhm, Beiratsmitglied der Deutschen Herzstiftung,
erklärt die wichtigsten Fragen zu Beschwerden, Ursachen, Diagnostik und
Therapie der Herzschwäche. Das Herz ist der Motor des Lebens. Wir
sind darauf angewiesen, dass es gut funktioniert. Was passiert, wenn
der Motor seine Kraft verliert, schlappmacht, so dass es zu einer
chronischen Herzschwäche kommt?
Die chronische Herzschwäche ist eine Krankheit, bei der die Pumpkraft
des Herzens soweit abnimmt, dass nicht mehr genügend Blut und damit
Sauerstoff und Nährstoffe zu Organen wie Gehirn, Nieren oder Muskeln
gepumpt wird. Das hat schwerwiegende Folgen: Der ganze Körper wird in
Mitleidenschaft gezogen. Es kommt nicht nur zu einschneidenden
Beschwerden, in ihrem fortgeschrittenen Stadium bedroht die
Herzschwäche das Leben des Patienten. Je früher die Herzschwäche
(Herzinsuffizienz) erkannt wird, umso eher kann man mit den heutigen
Therapiemöglichkeiten die fatale Entwicklung der Krankheit aufhalten
oder verlangsamen. Wie erkennt man die chronische Herzschwäche? Die chronische Herzschwäche beginnt schleichend mit Atemnot und einer
Abnahme der Leistungsfähigkeit. Zunächst können die Beschwerden ganz
unspektakulär sein. Zum Beispiel: Immer hat man mit Freunden eine
Wanderung gemacht. Das gibt man auf, weil es bergan zu anstrengend ist.
Zu Bahn und Bus rennt man nicht mehr, weil man schnell außer Puste
kommt. Wenn man die Treppe hinaufsteigt, geht einem die Luft aus, so
dass man zwischendurch stehen bleibt. Man ist müde, abgeschlagen, an
den Knöcheln und am Schienbein stellen sich Wassereinlagerungen ein,
die wie Schwellungen aussehen: so genannte Ödeme. Sie sind dadurch zu
erkennen, dass durch Druck mit einem Finger bleibende Dellen in dem
geschwollenen Bereich, z.B. am Schienbein, entstehen. Viele, besonders alte Menschen, haben diese Symptome - oft ohne zu wissen, dass sie an einer Herzkrankheit leiden. Die Herzschwäche ist weit verbreitet. In Deutschland wird die Zahl der
Patienten mit Herzschwäche auf 1,8 Millionen geschätzt. 300000 kommen
jedes Jahr neu hinzu. 50000 sterben jährlich an dieser Krankheit.
Trotzdem erhält die Herzschwäche nicht die nötige Aufmerksamkeit. Die
Patienten neigen dazu, Atemnot, Leistungsschwäche und Knöchelödeme
nicht wahrzunehmen oder auf das Alter zu schieben. Auch manche Ärzte
widmen ihr zu wenig Aufmerksamkeit. Was sind die Ursachen der Herzschwäche? Herzschwäche ist keine eigenständige Erkrankung. In ihr münden andere
Herzkrankheiten - bei weitem am wichtigsten: die koronare Herzkrankheit
und hoher Blutdruck. Wie führt die koronare Herzkrankheit zum schwachen Herzen? Während eines Herzinfarkts stirbt Herzmuskelgewebe ab und wird durch
Narbengewebe ersetzt. Geht viel Herzmuskelgewebe während eines
Herzinfarkts verloren, kann die Herzschwäche unmittelbar nach dem
Infarkt auftreten. Häufig ist der Patient jedoch nach einem Herzinfarkt
in seiner Leistungsfähigkeit noch wenig eingeschränkt. Die
Verschlechterung des Befindens tritt erst später ein, wenn
Umbauprozesse des Herzmuskels (kardiales Remodeling) das Herz weiter
schädigen. Der Körper reagiert auf den Verlust von Herzmuskelgewebe
durch den Infarkt damit, dass er Stresshormone ausschüttet wie
Adrenalin und Nor-adrenalin und auch die Produktion von Renin und
Angiotensin II erhöht - zwei Hormone, die die Gefäße verengen.
Kurzfristig wird dadurch der Kreislauf stabilisiert. Aber auf Dauer
bewirken diese Hormone eine weitere Schädigung oder einen Untergang von
Herzmuskelzellen. Wie wirkt der hohe Blutdruck auf das Herz? Eine chronische Druckbelastung des Herzens, wie sie bei einem erhöhten
Blutdruck vorliegt, führt zu einer Zunahme der Herzmuskeldicke. Diese
Veränderung nennt man Herzmuskelhypertrophie. Das Herz wird schwerer
und größer. Leistungsfähiger wird es dadurch nicht. Im Gegenteil: Je
größer das Herz durch den Bluthochdruck wird, desto schwächer wird es.
Hoher Blutdruck ist auch die wichtigste Ursache einer anderen Form der
chronischen Herzschwäche, die weniger bekannt, aber weit verbreitet
ist: die diastolische Herzschwäche. Bei der diastolischen Herzschwäche
hat der Herzmuskel seine Elastizität verloren. Die linke Herzkammer
kann nicht ausreichend Blut aufnehmen und deshalb wird - auch wenn die
Pumpkraft des Herzens erhalten ist - zu wenig Blut in den Organismus
ausgeworfen. Welche anderen Ursachen können zu einem schwachen Herzen führen? Defekte Herzklappen, angeborene Herzfehler, entzündliche
Herzerkrankungen wie Myokarditis, dilatative Kardiomyopathie, Alkohol-
und Drogenmissbrauch und anderes. Aber diese Ursachen sind insgesamt
nur für etwa 20 - 30% der Fälle von Herzschwäche verantwortlich.

Wie wird die Herzschwäche diagnostiziert? Jeder, der unter Atemnot leidet, sollte den Arzt aufsuchen, um zu
klären, ob es sich um eine Herzkrankheit handelt. Der Arzt erfährt
schon viel durch die Vorgeschichte des Patienten und die körperliche
Untersuchung. Bedeutsam sind die sichtbaren Stauungszeichen:
Wassereinlagerungen in der Lunge zeigen, dass die linke Herzkammer
erkrankt ist. Wenn die Pumpfunktion der rechten Herzkammer
eingeschränkt ist, kommt es zu Wassereinlagerungen an den Gelenken,
besonders im Unterschenkel. Auch kann sich Körperflüssigkeit in der
freien Bauchhöhle (Aszites) stauen oder zwischen Rippenfell und Lunge
die Entfaltung der Lunge und damit das Atmen behindern. Eine
Erweiterung der großen Halsvenen, insbesondere im Liegen, zeigt, dass
die rechte Herzkammer nicht mehr genug verbrauchtes Blut aufnehmen
kann. Wenn auch nur der geringste Verdacht auf eine Herzschwäche
besteht, hat der Hausarzt die Aufgabe, den Patienten zu einem
Kardiologen zu vermitteln, damit die Herzschwäche sicher diagnostiziert
und behandelt werden kann. Leider kommt es immer wieder vor, dass die
Überweisung zum Facharzt oder in eine Spezialambulanz für
Herzinsuffizienz unterbleibt und dadurch die Chancen sinken, die
Herzschwäche wirksam zu bekämpfen.

Welche Untersuchungen sind nötig? Die beste Beurteilung der Herzsituation ermöglicht die
Ultraschalluntersuchung (Echokardiographie). Dadurch ist zu erkennen,
ob der Herzmuskel dicker oder dünner geworden ist, ob der gesamte
Herzmuskel oder nur bestimmte Wandabschnitte geschädigt sind. Zu sehen
ist auch, ob Herzklappendefekte Ursache der Herzschwäche sind. Im EKG
kann der Arzt ebenfalls eine Vergrößerung der linken Herzkammer oder
eine Verdickung des Herzmuskels feststellen. Das EKG kann auch Hinweise
auf einen zurückliegenden Herzinfarkt geben. Das Belastungs-EKG zeigt,
inwieweit die körperliche Belastbarkeit des Patienten eingeschränkt ist
und kann auf eine koronare Herzkrankheit hinweisen. Manchmal ist eine
Röntgenaufnahme nötig, um genaue Vorstellungen von der Herzgröße zu
bekommen. Auch dient sie dazu, die Flüssigkeitseinlagerungen in der
Lunge zu sehen. Bisweilen ist eine Katheteruntersuchung des Herzens
angezeigt. Sie gibt genaue Auskunft über die Pumpfunktion der rechten
und linken Herzkammer und die Funktion der Herzklappen. Insbesondere
kann eine koronare Herzkrankheit als Ursache der Herzschwäche
nachgewiesen werden. Bei den Laboruntersuchungen ist ein Biomarker
interessant: NT-proBNP. Was zeigt dieser Biomarker? NT-proBNP (N-Terminal pro-Brain Natriuretic Peptide) ist ein
Eiweißhormon, das bei Erhöhung der Wandspannung des Herzens, die ein
Zeichen für seine Überlastung ist, vermehrt freigesetzt wird. Ist
dieser Biomarker nicht erhöht, handelt es sich um eine Luftnot, die
unabhängig von der Herzmuskelschwäche entstanden ist. Sind die Werte
erhöht, ist es zwingend notwendig, den Patienten zum Kardiologen zu
überweisen, damit die Herzschwäche abgeklärt wird. Weiterhin können
erhöhte NT-proBNP-Spiegel als Maß dienen, wie gut eine Therapie mit
Medikamenten anspricht. Die Patienten sollten unter Therapie die für
sie möglichst niedrigen BNP-Konzentrationen erreichen. Daran kann man
sehr gut die Therapieeffekte ablesen. Wenn die Diagnose Herzschwäche feststeht - auf was muss sich der Patient gefasst machen? Er muss wissen, dass die chronische Herzschwäche die Tendenz hat
fortzuschreiten. Die Pumpkraft des Herzens nimmt bei vielen Patienten
mit der Zeit immer weiter ab. Um das Fortschreiten der Krankheit zu
charakterisieren, nutzen die Ärzte die Einteilung der New York Heart
Association (siehe unten). Anfangs rufen nur große Anstrengungen
Beschwerden hervor, später auch kleine. Im Endstadium ist es fast nicht
mehr möglich, das Bett zu verlassen. Ist die Erkrankung
fortgeschritten, kann es zu Komplikationen kommen: Bei vielen Patienten
sind die Nieren so strapaziert, dass sie nicht mehr ausreichend Wasser
und Salz ausscheiden. Häufig treten Herzrhythmusstörungen auf, die das
Herz belasten. Blutarmut kann den Gesundheitszustand weiter
verschlechtern. Ziel der modernen Therapie der Herzschwäche ist es, in
die Mechanismen einzugreifen, die nach heutigem Wissen zum
Fortschreiten der Erkrankung beitragen, die Verschlechterung der
Krankheit aufzuhalten oder sie zumindest zu verlangsamen. Die Chancen
dafür sind umso besser, je früher die Herzschwäche erkannt wird. Wie sieht heute das Therapiekonzept aus? Die Therapie ist nicht nur darauf ausgerichtet, das Leben zu
verlängern, sondern die Beschwerden so zu bessern, dass ein glückliches
Leben möglich bleibt. Das Konzept umfasst vier verschiedene
Vorgehensweisen, die je nach Diagnose und Schwere der Erkrankung zur
Anwendung kommen: Behandlung der Ursachen, Medikamente, Bewegung als
Therapie, spezifische Schrittmacher.

Behandlung der Grundkrankheit - was bedeutet das? Die Behandlung der Grundkrankheit ist die beste Strategie gegen die
Herzschwäche, weil ihr dadurch der Boden entzogen wird. Zum Beispiel
durch: gewissenhafte Einstellung des hohen Blutdrucks, Operation
defekter Herzklappen, Bypassoperation oder Kathetereingriffe, um bei
koronarer Herzkrankheit schlecht durchblutetes Gewebe wieder zu
aktivieren. Was erreichen Medikamente? Betablocker schirmen das Herz gegen die Stresshormone ab. ACE-Hemmer
und Sartane verhindern schädliche Umbauprozesse und steigern die
Leistungsfähigkeit des Herzens. Diuretika fördern die Entwässerung des
Körpers und entlasten dadurch das Herz. Eine Behandlung mit
Herzglykosiden (Digitalispräparaten) kommt heutzutage nur in schweren
Fällen vor oder bei Patienten, die zusätzlich Vorhofflimmern mit
deutlich zu hohen Herzfrequenzen trotz einer Therapie mit Betablockern
haben. Was heißt "Bewegung als Therapie"? Früher galt: Bei Herzschwäche muss man sich körperlich schonen. Heute
weiß man: Bewegung hilft. Untersuchungen zum regelmäßigen
Ausdauertraining an vielen Hundert Patienten haben gezeigt: Die
Leistungsfähigkeit lässt sich um 10 - 25% verbessern - je nach
Intensität und Dauer des Trainingsprogramms. Außerdem wird erreicht,
dass die Zahl der Krankenhauseinweisungen zurückgeht und die Prognose
sich verbessert. Bei Herzschwäche empfehlen sich körperliche
Aktivitäten, bei denen viel Bewegung mit vergleichsweise geringem
Kraftaufwand möglich ist: Spazierengehen, Wandern, Nordic Walking,
Radfahren. Allerdings: Vor jedem körperlichen Training muss beim
Kardiologen mit Ergometrie oder Spiroergometrie überprüft werden, wie
gut die aktuelle körperliche Belastbarkeit ist und wie hoch sich der
Patient optimal belasten sollte. Es hat sich bewährt, das Training in
einem Herzzentrum oder einer Rehaklinik unter Aufsicht eines
Sporttherapeuten oder Arztes zu beginnen, damit Überlastungen vermieden
werden. Wann werden Schrittmacher eingesetzt? Die sogenannte Resynchronisationstherapie (CRT) mit speziellen
Schrittmachern ist für Patienten bestimmt, bei denen eine Störung der
Erregungsleitung im Herzen (Linksschenkelblock) festgestellt wurde.
Dann zieht sich der Herzmuskel nicht gleichzeitig zusammen und arbeitet
ineffizient. Durch den CRT-Schrittmacher kann das Herz wieder synchron
arbeiten und wird dadurch leistungsfähiger. Eine ganz andere Aufgabe
hat der Defibrillator: Patienten mit Herzschwäche, bei denen die
Auswurffraktion unter 30% liegt, sind durch eine lebensbedrohliche
Herzrhythmusstörung - das Kammerflimmern - gefährdet. Davor kann der
Defibrillator schützen. Wenn trotz der heutigen Therapiemöglichkeiten die Krankheit fortschreitet? Im Endstadium bleibt nur die Herztransplantation. Allerdings haben sich
die Chancen der Patienten dadurch verbessert, dass künstliche Herzen -
sogenannte Assist-Systeme - zur Verfügung stehen, die die Zeit, bis ein
passendes zweites Herz gefunden ist, überbrücken. Was kann der Patient selbst tun? Auch die beste Therapie kann nicht erfolgreich sein, wenn der Patient
sich nicht daran hält, z.B. Medikamente weglässt, vergisst oder zu
bequem ist, um die Empfehlung zur Bewegungstherapie zu befolgen.
Engagierte Mitarbeit des Patienten ist bei der chronischen Herzschwäche
besonders wichtig. Ein gesunder Lebensstil mit allem, was dazugehört
(Bewegung, gesunde Ernährung, Verzicht auf Rauchen und zu viel
Alkohol), sollte sich von selbst verstehen. Eine Besonderheit besteht
bei der Herzschwäche: Es ist wichtig, den Salzverbrauch sehr
einzuschränken und die Flüssigkeitsaufnahme auf 2 Liter, bei
fortgeschrittener Krankheit auf 1,5 Liter, zu begrenzen, um das Herz zu
entlasten. Allen Patienten mit Herzschwäche wird dringend geraten, sich
täglich zu wiegen, um Entgleisungen der Herzschwäche, die zur
Verschlechterung der Krankheit und zu Krankenhausaufenthalten führen,
rechtzeitig zu bemerken. Immer wieder ins Krankenhaus eingewiesen zu werden - das müssen viele herzschwache Patienten erleben? Die Krankenhausaufenthalte sind bei Herzschwäche ein großes Problem.
Jedes Jahr werden 300 000 Patienten wegen Herzschwäche ins Krankenhaus
eingewiesen. Wenn Patient und Arzt aufmerksam den Verlauf der
Herzschwäche verfolgen, lassen sich diese Krankenhausaufenthalte oft
vermeiden. Eine große Hilfe ist die tägliche Aufzeichnung des Gewichts.
Wenn das Gewicht um mehr als 2kg in drei Tagen steigt, ist das ein
Warnsignal dafür, dass die Herzschwäche sich verschlechtert. Dann muss
der Arzt oder die Herzambulanz aufgesucht werden, damit rechtzeitig
gegengesteuert werden kann und der Krankenhausaufenthalt vermieden
wird. Um den Patienten vor den gefürchteten Krankenhausaufenthalten zu
schützen, hat man eine Reihe von Betreuungsprogrammen entwickelt. Wie sehen diese Programme aus? Ein Beispiel ist das Würzburger Projekt, in dem Krankenschwestern in
enger Verbindung mit Kardiologen des Herzzentrums und den Hausärzten
die Patienten regelmäßig anrufen und so ihr Befinden überwachen.
Dadurch ließ sich in der Würzburger Studie die Sterblichkeit deutlich
reduzieren. Eine andere Form der Betreuung sind telemedizinische
Überwachungen. Hier werden Gewicht, Rhythmusstörung und Blutdruck
täglich an ein Behandlungszentrum gemeldet, und Hausarzt und Patient
werden umgehend informiert, wenn eine Entgleisung der Herzschwäche
droht. Hier gibt es Perspektiven, die Betreuung der Patienten weiter zu
verbessern. Wie wertvoll diese Konzepte sind, müssen allerdings erst
wissenschaftliche Studien zeigen. Eine solche große Studie ist zurzeit
in Berlin im Gange. Patienten mit Herzschwäche leiden oft unter den Einschränkungen des
Alltags, unter Zukunftsangst und Depressionen. Die technische Betreuung
der Patienten wird immer besser. Aber die Patienten vermissen
schmerzlich die persönliche Zuwendung des Arztes, der dafür keine Zeit
mehr hat. Die chronische Herzschwäche führt zu seelischen und sozialen Problemen.
Deshalb ist das intensive Gespräch nicht nur mit dem Patienten, sondern
auch mit seinen Angehörigen von größter Bedeutung. In diesen Gesprächen
sollte es nicht nur um die regelmäßige medizinische Betreuung und die
Medikamenteneinnahme gehen, sondern auch um Fragen, wie der Patient mit
der Einschränkung seines Alltags zurechtkommt und welche Möglichkeiten
ihm offenstehen. Oft entwickelt sich in der Herzschwäche eine
Depression, so dass überlegt werden muss, ob der Patient
psychotherapeutisch oder mit Antidepressiva behandelt werden sollte.
Herzinsuffizienzambulanzen an den großen Zentren können das leisten,
weil sie meist eine psychotherapeutische Mitbetreuung organisiert
haben. Auch viele Kardiologen haben sich in die Probleme herzschwacher
Patienten hineingedacht und können Hilfe leisten. Zum Schluss ein Satz, den jeder bis zum Überdruss gehört hat und den fast keiner ernst nimmt: Vorbeugen ist besser als heilen? So ist es. Die Herzschwäche entwickelt sich in etwa 70% der Fälle aus
koronarer Herzkrankheit und hohem Blutdruck. Beide entstehen aus den
bekannten Risikofaktoren wie Rauchen, falsche Ernährung, Übergewicht,
Bewegungsmangel. Eine Änderung des Lebensstils, die die Risikofaktoren
in den Griff bekommt, ist die beste Waffe gegen die Herzschwäche. Das
hat gerade eine große Studie (Luc Djoussé et al., JAMA
2009;302(4):394-400) an über 20 000 amerikanischen Ärzten, die länger
als 20 Jahre beobachtet wurden, gezeigt. Bei den Ärzten, die gesund und
ohne Bluthochdruck lebten, war das Risiko für eine Herzschwäche
halbiert. In Deutschland leiden zurzeit etwa 1,8 Millionen Menschen an
Herzschwäche. Überträgt man die amerikanischen Zahlen auf Deutschland
und nimmt an, die Hälfte derer, die sich achtlos verhalten, entschieden
sich für einen gesunden Lebensstil, so blieben Hunderttausende, die
sonst krank geworden wären, von der Herzschwäche, von Leiden und
Komplikationen verschont. Ein Traum - aber ein Traum, über den
nachzudenken sich lohnt. Schweregrade der Herzschwäche (NYHA-Klassifikation) I. Herzschwäche ohne körperliche Einschränkungen. Alltägliche
körperliche Belastung verursacht keine Erschöpfung, Rhythmusstörungen
oder Luftnot. II. Herzschwäche mit leichter Einschränkung der körperlichen
Leistungsfähigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe. Alltägliche körperliche
Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen oder Luftnot. III. Herzschwäche mit höhergradiger Einschränkung der
Leistungsfähigkeit bei gewohnter Tätigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe.
Geringe körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen
oder Luftnot. IV. Herzschwäche mit Beschwerden bei allen körperlichen Aktivitäten in Ruhe. Bettlägerigkeit. WANC 27.10.09/ Quelle: Deutsche Herzstiftung
 
 
 
 
 
 
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