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Bei der Diagnose der Herzschwäche gehen Ärzte anscheinend oft schlampig vor und führen notwendige Untersuchungen nicht durch (Foto: DAK/Schläger)
> Herzschwäche: Ärzte diagnostizieren schlampig
Krankenakten von Hausärzten belegen,
dass diese bei der Diagnose der Herzschwäche weniger sorgfältig vor als
notwendig vorgehen. So werden notwendige Untersuchungen zu Erkennung
der Krankheit offensichtlich nicht oder nur in der Minderzahl der Fälle
vorschriftsgemäß durchgeführt. Außerdem werden die von den
medizinischen Leitlinien vorgesehenen Untersuchungen offensichtliich
häufig nur unzureichend dokumentiert.
Als Herzinsuffizienz bezeichnen die Ärzte die Unfähigkeit des
Herzmuskels, den Körper ausreichend mit Blut zu versorgen. Erfahrene
Mediziner können die Erkrankung leicht an der körperlichen Schwäche der
Patienten, ihrer Luftnot bei Belastungen und den Wasseransammlungen in
den Beinen erkennen. Auch gestaute Venen am Hals und charakteristische
Geräusche beim Abklopfen und Abhorchen des Brustkorbs lassen oft keinen
Zweifel daran, was dem Kranken fehlt. Dennoch fordern Experten, dass bei allen Patienten wenigsten einmal ein
EKG (Herzstromkurve) abgeleitet wird. Damit kann der Arzt
Herzrhythmusstörungen erkennen, deren Behandlung manchmal die
Herzschwäche lindert. Doch in den Krankenakten einer repräsentativen Stichprobe von
Hausärzten, die Professor Martin Scherer vom Campus Lübeck des
Universitätsklinikums Schleswig-Holstein ausgewertet hat, wurde nur bei
41 Prozent der Patienten ein EKG erwähnt. Eine weitere Untersuchung, die nach den Leitlinien wenigstens einmal
durchgeführt werden sollte, ist das Echokardiogramm. Diese
Ultraschalluntersuchung des Herzens sichert die Diagnose, und manchmal
finden die Ärzte einen Defekt an den Herzklappen. Dann beseitigt unter
Umständen eine Operation die Herzschwäche. Auch zur Verlaufsbeobachtung
ist das "Herzecho" sinnvoll, berichtet der Kardiologe. Doch nur bei 17
Prozent ihrer Patienten hatten Hausärzte die Untersuchung veranlasst. Nachlässig waren viele Hausärzte auch bei der Dokumentation der
körperlichen Untersuchung. Manche klinischen Zeichen, wie etwa ein 3.
Herzton oder Halsvenenstauung, die wegweisend für das Vorliegen einer
Herzinsuffizienz sind, wurden entweder gar nicht oder bei weniger als
fünf Prozent der Patienten in den Krankenakten vermerkt, moniert
Scherer. Selbst die Einstufung des Schweregrads – sie ist eine wichtige
Grundlage für die richtige Auswahl der Medikamente – fehlte in vielen
ärztlichen Aufzeichnungen. Vielleicht wurden einige der Untersuchungen
durchgeführt und aus Zeitmangel nicht notiert, gesteht der Mediziner
seinen Kollegen zu. Zum größten Teil dürften die Patientenunterlagen
aber das tatsächliche Vorgehen in der Praxis widerspiegeln. Der Experte fordert alle Hausärzte auf zu prüfen, ob ihr Vorgehen bei
Herzinsuffizienz tatsächlich den aktuellen Leitlinien entspricht.
Gleichzeitig sieht er die Entwickler künftiger Leitlinien gefordert.
Sie sollten sich in ihren Empfehlungen zur Diagnostik auf das wirklich
medizinisch Notwendige begrenzen, fordert Scherer, der als Sprecher der
Ständigen Leitlinienkommission der Deutschen Gesellschaft für
Allgemein- und Familienmedizin sowie als Mitglied der Autorengruppe der
Nationalen Versorgungsleitlinie Herzinsuffizienz selbst zu den
Verfassern der Empfehlungen gehört. WANC 18.02.10, Quelle: K. Korb, E. Hummers-Pradier, K. Stich, J.
Chenot, M. Scherer: Umsetzung von diagnostischen Empfehlungen bei
Herzinsuffizienz. DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2010; 135
(4): S. 120-124
 
 
 
 
 
 
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