Sportlerin
Immer mehr, immer häufiger Sport treiben und immer weniger essen: Sportsucht macht krank (Foto: dak)
> Sportsucht: Wenn trainieren zur Krankheit wird

Die zunächst nur bei
Leistungssportlern bekannte „Anorexia athletica“, auch
„Sportsucht“ genannt, taucht immer häufiger im Breitensport
auf. Dabei paaren sich extreme Trainingsumfänge mit
unzureichender Nahrungsaufnahme. Mediziner warnen davor, dass die
Konzentration und das Überbewerten des Körpers zu Ess- und
Verhaltensstörungen führen kann.


Häufig geht es Leistungssportlern,
wie beispielsweise im Eiskunstlauf oder Turnen, um eine bewusste
Verringerung des Körpergewichts. Sie wollen damit ihre
sportlichen Leistungen steigern. Fitness- und Gesundheitssportler
haben dieses Prinzip übernommen. Für sie gilt die Regel:
„Diät und Sport machen schlank“.



Dieses Motto wird jedoch für viele
zum Selbstläufer: Sie zwingen sich zu extremen
Bewegungsprogrammen und reduzieren durch Crash-Diäten ihre
Nahrungsaufnahme. Der vermeintlich körperbewusste Mensch gerät
in eine Abwärtsspirale, die zu einer Essstörung führen
kann. Der Kanadische Soziologe und Neurowissenschaftler W. David
Pierce von der Universität Alberta nennt dieses Phänomen
„Aktivitätsanorexie“.



Das Umfeld des Sports ist ein Nährboden
für das Entstehen von Ess- und Körperwahrnehmungsstörungen.
Besonders in der Pubertät, in der eine kritische
Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper stattfindet, kann es
zu Verhaltensauffälligkeiten kommen. Die Psychologin Kelly D.
Brownell bezeichnet die Pubertät als „den Beginn eines niemals
mehr endenden Kampfes mit dem Körper“.



Eltern und Erzieher können bereits
frühzeitig auf das Ess- und Bewegungsverhalten von Kindern
einwirken: nicht durch Maßregelegung, sondern indem sie selbst
einen gesunden Lebensstil vorleben. Gleichzeitig ist es sinnvoll,
Kinder und Jugendliche zu selbstbewussten und eigenständigen
Menschen zu erziehen. Denn psychologische Studien haben gezeigt, dass
Menschen mit einem geringen und instabilen Selbstwertgefühl eher
zur Körperunzufriedenheit neigen als solche mit einer hohen
Selbstakzeptanz.



Menschen mit einer Aktivitätsanorexie
suchen Anerkennung durch ihren Körper. Durch ausbeuterisches
Training und gleichzeitige Verringerung der Nahrungsaufnahme streben
sie einen Sieg des Geistes über den Körper an. Häufig
bleibt dabei aber gerade der Körper auf der Strecke: Mangelnde
Ernährung kann vielfältige Folgen nach sich ziehen,
beispielsweise Blutarmut, Vitaminmangel, Osteoporose,
Wachstumsstörungen, Ausbleiben der Regelblutung bis hin zu
Störungen des Immunsystems und der Herztätigkeit.



Personen, die an einer Anorexia
athletica leiden, sind oft sehr ehrgeizig und haben einen hohen
Leistungsanspruch an sich selbst. Zudem wird ihnen ein Hang zum
Perfektionismus nachgesagt. Im Breitensport sollte jedoch nicht
Leistung, sondern der Einklang von Körper und Seele oberstes
Ziel sein. Damit es Körper und Geist gut gehen kann, spricht
sich die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie
bei allen sportlichen Aktivitäten für „die Betonung von
Spaß, Freude und Wohlbefinden“ aus.



WANC 28.09.06/dgk

 
 
 
 
 
 
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