Bis zum bitteren Ende: Die Extrembelastung schadet mehr als sie nutzt
> Marathon kann Gesundheit schädigen
Laufen ist gesund. Heißt es. Doch zu
viel kann auch zu viel sein. So können Extrembelastungen, wie sie
beispielsweise bei einem Marathon stattfinden, das Herz schädigen.
Selbst das notwendige Trainingspensum, um eine solche Leistung
überhaupt zu vollbringen, kann schon den Herzmuskel angreifen. Außerdem
warnen Mediziner davor, sich unberechtigte Hoffnungen zu machen:
Ausdauersport bewahre nicht unbedingt vor einer Arteriosklerose.
Insbesondere Marathonläufer weisen einer Studie zufolge eine
vergleichbare Verkalkung ihrer Herzkranzgefäße auf wie Nichtsportler.
Ein Marathonlauf ist nur unter bestimmten Voraussetzungen gesund. Wer
im Vorfeld nicht genügend trainiert, kann durch die Extrembelastung das
Herz bis zu drei Monate lang schädigen. Davor warnen kanadische
Mediziner auf einem Kardiologenkongress in Montreal. Einer deutschen
Erhebung zufolge sollte man außerdem nur dann an den Start gehen, wenn
man schmerzfrei ist. Denn Schmerzmittel direkt vor dem Lauf sind nicht
nur unwirksam für die Leistung, sondern verursachen häufig auch
Gesundheitsprobleme. Eric Larose von der Laval University testete das Herz von
Amateur-Marathonläufern zu verschiedenen Zeitpunkten vor einem Marathon
auf Belastung, machte Bluttests und untersuchte mit
Magnetresonanztomografie (MRT). Die Ergebnisse stellte er jenen direkt
nach dem Lauf gegenüber. „Wer zu wenig trainiert, schafft deutlich
weniger Herzfitness und Belastbarkeit als ein gut Vorbereiteter.
Während des Laufens trägt das Herz eines Untrainierten eher
Schädigungen davon, die zwar wieder heilen, jedoch erst nach bis zu
drei Monaten", mahnt Larose. Der Unterschied im Training zeigte sich bei den Läufern besonders in
der maximalen Sauerstoffaufnahme, der sogenannten "aeroben Kapazität".
Dieser unter Belastung gemessene Wert gibt Auskunft über den
Sauerstoff-Transport in den Muskeln und somit auch über das
Leistungsniveau des Herzens unter Stress. Der US-Mathematiker Benjamin
Rapoport, der dafür eine Formel entwickelt hat, macht von diesem Wert
auch die Kalorienzufuhr abhängig, mit der man dem Zusammenbruch im Lauf
zuvorkommen soll. Doch nicht nur Trainingsfaule, sondern auch Muskel- oder
Gelenkschmerz-Geplagte sollten den Laufwettkampf besser bleiben lassen.
Eine bei den österreichischen Schmerzwochen präsentierte Untersuchung
von Teilnehmern des Bonn-Marathons verdeutlicht, dass Schmerzmittel das
sportliche Ergebnis nicht bessern. Vielmehr haben Läufer, die derartige
Medikamente vor dem Lauf einnehmen, ein zwei- bis sechsmal höheres
Risiko für Kreislaufversagen, Erbrechen, Blut in Stuhl oder Urin. Zudem
führen die Medikamente auch manchmal zu schweren Nierenkomplikationen. Das Problem liegt hier besonders in der Umverteilung des Blutes beim
Sport weg von inneren Organen und hin zur Muskulatur und Haut. Niere,
Magen und Darm können somit ein Medikamente kaum abbauen und vertragen
es folglich schlecht. Weit herumgesprochen hat sich das bisher noch
nicht. 40 bis 55 Prozent der Läufer nehmen vor dem Start Analgetika
gegen Schmerz. Andere Studien sind sogar noch rigoroser: Zwar betonen alle, wie
wichtig regelmäßige Bewegung für die Gesundheit ist. Doch die
Extrembelastung schade mehr als sie nutze. So haben Kardiologen aus
Essen die Kalkablagerungen in den Herzarterien von über 100
Marathonläufern zwischen 50 und 72 Jahren mit denen von
Nicht-Marathonläufern verglichen. Dabei zeigte sich, dass
Kalkablagerungen in den Herzkranzgefäßen von Marathonläufern nicht
seltener auftraten als bei Nichtsportlern, wenn diese dieselben
Risikofaktoren für einen Infarkt aufwiesen. Außerdem haben Teilnehmer von Marathons und Ultra-Marathons aber auch
andere extreme Ausdauersportler ein hohes Risiko für Vorhofflimmern,
das ist eine Störung des Herzrhythmus. Ärzte warnen deshalb davor, sich
in Ausdauersportarten zu sehr anszustrengen, weil das Herz darunter
leidet. Auch das für einen Marathon oder Ultra-Marathon notwendige
Trainingspensum erhöhe die Gefahr für einen Herzschaden. Dass zu viel Sport auch schaden kann, belegt nach Ansicht von Ärzten
das lädierte Immunsystem vieler Leistungssportler. „Mit zuviel
Leistungsdruck trainieren wir unser Immunsystem kaputt," warnte schon
vor Jahren Gert von Kunhardt vom Präventologen-Verband. Denn Stress und
Anspannung könnten Auslöser zahlreicher Krankheiten sein. Das gelte
auch für den Leistungsdruck, dem sich Sportler zum Beispiel beim
Marathonlauf aussetzen. WANC 26.10.10, Quelle: pte, BDI, Deutsche Gesellschaft für Kardiologie
 
 
 
 
 
 
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