Ob Vollmond den Schlaf beeinträchtigt, wird von einigen verneint, von einigen aber bejaht (Foto: knipseline/pixelio.de)
Ob Vollmond den Schlaf beeinträchtigt, wird von einigen verneint, von einigen aber bejaht (Foto: knipseline/pixelio.de)
> Der Mond und der Schlaf: Umstrittener Einfluß

Umfragen machen es deutlich: 40% der Deutschen glauben mondfühlig zu sein und 92% sind fest vom Einfluss des Vollmondes überzeugt. So soll man bei Vollmond trink- und gebärfreudiger werden sowie gewaltbereiter sein. Vor allem soll einen Vollmond schlechter schlafen lassen. Alles Mythen und reinste Einbildung behaupten jetzt Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München. In ihrer Untersuchung konnten sie keinen Zusammenhang zwischen dem menschlichen Schlaf und den Mondphasen finden. Das dürfte zumindest umstritten sein, denn es liegen auch Studien vor, die genau das Gegenteil berichten.

Gefragt haben sich die Forscher, warum Menschen seit Jahrhunderten glauben, dass ihre Gesundheit oder ihr Verhalten durch den Mond beeinflusst werden? Und warum sich auch die Überzeugung hält, dass man in Vollmondnächten schlechter schläft? Deshalb haben sie sich auf die Suche nach einem wissenschaftlich nachweisbaren Zusammenhang gemacht. Dabei fanden sie durchaus sich widersprechende Ergebnisse.

In manchen Studien schienen sich die Mondphasen besonders auf Frauen auszuwirken, in andern wiederum besonders auf Männer. Zwei Analysen von Datensätzen mit jeweils 30 bis 50 Teilnehmern aus den Jahren 2013 und 2014 belegten übereinstimmend, dass die Schlafdauer in Vollmondnächten verkürzt ist. Für andere Messungen kamen sie jedoch zu kontroversen Ergebnissen. Beispielsweise setzte in einer der beiden Analysen der REM-Schlaf – das ist die Schlafphase, in welcher wir vor allem träumen – bei Neumond verzögert ein. In der anderen Studie fand diese Verzögerung allerdings in Vollmondnächten statt.

Einen Mangel hatten fast alle Studien: Die Auswirkungen des Mondes auf den Schlaf wurden selten mit objektiven Methoden, wie z.B. dem Schlaf-EEG, untersucht. Deshalb werteten die Münchner Schlafmediziner nun objektiv erhobene Schlafdaten von 1.265 Probanden aus 2.097 Nächten aus. So konnten sie den Einfluss des - für die meisten störenden - Mondlichtes ausschließen.

„Nachdem wir diese große Anzahl von Daten ausgewertet hatten, konnten wir frühere Ergebnisse aus anderen Studien nicht bestätigen“, konstatiert der Neurowissenschaftler Martin Dresler. „Wir konnten keinen statistisch belegbaren Zusammenhang zwischen menschlichem Schlaf und den Mondphasen aufzeigen.“

Interessant ist, dass im Rahmen dieser Untersuchungen sein Team unveröffentlichte Analysen von über 20.000 Schlafnächten ausgrub. Diese ergaben ebenfalls keinen Einfluss des Mondes auf den Schlaf. Dressler kategorisiert das Nichtveröffentlichen dieser Ergebnisse als „Schubladenproblem“ ein. Mit diesem Begriff werde das aus anderen medizinischen Bereichen bekannte Phänomen bezeichnet, dass viele Untersuchungen zwar durchgeführt, aber nie veröffentlicht werden – sie verbleiben stattdessen in der Schublade der Forscher. Auch bei Studien zur Wirkung von Medikamenten kenne man die Tendenz, nur positive oder signifikante Ergebnisse zu veröffentlichen, nicht aber negative oder nicht eindeutige.

Schweizer Forscher hatten vor etwa einem Jahr genau die gegenteiligen Ergebnisse veröffentlicht. Im Schlaflabor wurden die Hirnströme von 33 Schlafenden unterschiedlichen Alters aufgezeichnet, im übrigen war dabei der Einfluss des Mondlichtes ausgeschlossen. Bei der Auswertung der Daten, fanden sich bei Vollmond ein Veränderung der Hirnströme - 30% weniger Delta-Wellen, die die Tiefschlaf-Phase anzeigen. Die Testpersonen benötigen fünf Minuten länger, um einzuschlafen, die Nachtruhe war im Durchschnitt um 20 Minuten kürzer. Von den Studienteilnehmern wurde der Schlaf bei Vollmond als schlechter bezeichnet.

Berliner Ärzteblatt 18.06.2014/ Quelle: Current Biology

 
 
 
 
 
 
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