E-Zigaretten: Die bessere Alternative zur Tabakentwöhnung?

Cancer Research UK, eine Organisation, die sich um Krebsforschung und -bekämpfung kümmert, feiert die Ergebnisse einer Studie, in der geprüft wurde, ob E-Zigaretten bei der Rauchenentwöhnung helfen können. Doch so klar ist das alles nicht. Denn Lungenärzte warnen beispielsweise, dass die Teilnehmer der Studie eine Sucht nur durch eine andere ersetzt hätten. 


Auf den ersten Blick sieht es nach einem durchschlagenden Erfolg aus. Bei einer Gruppe von 886 Rauchern mit einem durchschnittlichen Konsum von 15 Zigaretten pro Tag wurden zwei unterschiedliche Stop-Smoking-Programme durchgeführt. Die eine Hälfte erhielt E-Zigaretten mit einem ersten Liquid mit 18 mg Nikotin, die weiteren Liquide mussten selbst gekauft werden. Die andere Hälfte bekam ein herkömmliche Ersatztherapie, wobei die Teilnehmer die Form - Pflaster, Kaugummi, Lutschtablette, Nasenspray, Inhalator, Mundstreifen oder Mikrotab - selbst wählen konnte. Diese Therapie wurde für drei Monate kostenlos zur Verfügung gestellt. 


Nach einem Jahr waren in der E-Zigaretten-Gruppe von den 438 Testpersonen 79 - also 18% - abstinent von Tabakzigaretten. In der Gruppe der herkömmlichen Nikotinersatztherapie lag dieser Anteil bei 44 von 446 Teilnehmern - also nur 9,9%. Cancer Research UK kommentiert das fast euphorisch: „E-Zigaretten sind fast zweimal so effektiv als Nikotinersatztherapien beim Raucherentwöhnen.“ Die Organisation zitiert einen Psychologen, der meint, dass die Empfehlung von E-Zigaretten das Reduzieren des Rauchens und der mit dem Tabakrauch einher gehenden Erkrankungen beschleunigen könnten. 


Dieser Meinung kann die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) nicht unbedingt folgen. Das Dampfen könne zwar helfen, zeitweise auf Tabakprodukte zu verzichten. Es führe aber auch in eine neue Abhängigkeit, deren Folgen Experten bis heute nicht genau abschätzen können. 


So kritisiert Prof. Dr. med. Stefan Andreas, Leiter der Lungenfachklinik Immenhausen bei Göttingen: „Wer E-Zigarette raucht, ist keineswegs abstinent – er ersetzt lediglich die eine Abhängigkeit durch eine andere.“ So zeigen die Ergebnisse, dass 80% der E-Zigaretten-Raucher, denen es gelungen war, auf Tabakzigaretten zu verzichten, nach einem Jahr immer noch regelmäßig E-Zigaretten inhalierten. Nur 9 Prozent derjenigen, die Pflaster und Co. verwendeten, nutzten diese Produkte ein Jahr später noch. Das Deutsche Ärzteblatt hat genau gerechnet: 40 von 446 Teilnehmer (9 %) mit den Nikotinersatzprodukten hatten ihre Nikotinsucht (zumindest vorerst) überwunden gegenüber nur 16 von 438 Teilnehmer in der E-Zigaretten-Gruppe (3,7 %).


Welche Folgen der langfristige Konsum von E-Zigaretten hat, sei heute noch nicht absehbar, betont Andreas: „Da die E-Zigarette erst einige Jahre auf dem Markt ist, gibt es noch keine Langzeitstudien zu ihren gesundheitlichen Auswirkungen. Es hat ja auch über 50 Jahre gedauert, die Folgen des Tabakrauchens zu untersuchen.“ Tierversuche und einige Studien am Menschen zeigten aber, dass der Dampf das Gewebe in den Bronchien und Lungenbläschen krankhaft verändere.


Viele andere Studien belegten auch, dass eine Raucher-Entwöhnung mit E-Zigaretten die Chancen, tatsächlich mit dem Rauchen aufzuhören, sogar verringern könne. Nach einer Metaanalyse von 38 Studien war die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Raucher-Entwöhnung mit E-Zigaretten um 28% niedriger als ohne E-Zigaretten. Viele Raucher, die auf die E-Zigarette umsteigen, würden langfristig wieder zur Tabakzigarette zurück kehren.


„Wir müssen realisieren, dass die Tabakkonzerne ihren Markt durch die E-Zigarette erweitert haben, um eine größere Zielgruppe an sich zu binden“, formuliert Andreas. „Schließlich hat die Industrie kein Interesse daran, ihren Absatz durch eine erfolgreiche Rauchentwöhnung zu verringern.“ Der Lungenarzt fordert professionelle Entwöhnungsprogramme für Raucher, die kostenfrei und flächendeckend verfügbar sind. Davon gäbe es in Deutschland nämlich viel zu wenige.


18.2.2019 cs / Quelle: N Engl J Med





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/e-zigarette-tabakentwoehnung-18-2-2019.php
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