Solarium
Schön braun werden – egal, ob es der Haut schadet oder nicht (Foto: bfs.de)
> Von der Sucht, braun zu werden

Das Bräunen in Sonnenstudios kann süchtig machen. In
der Studie stellten Forscher fest, dass es zu Entzugssymptomen wie Übelkeit und
Zittern kommt, wenn regelmäßige Sonnenbankbesucher von ihrer Gewohnheit lassen.
Mehr als 50 Sonnenbäder im Jahr zu je 20 Minuten sehen Experten als gefährlich
für die Haut an.


“Die Sucht zum Bräunen gibt es tatsächlich. Man bezeichnet dies als Tanorexie",
erklärt Klaus Hoffmann, Leitender Oberarzt an der Klinik für Dermatologie und
Allergologie der Ruhr-Universität Bochum. Kunstbräune bewirke eine
Stimmungsaufhellung und schütze vor Depressivität, die Wärme des Solariums
führe zur Muskelentspannung, man schotte sich im Solarium ab und die Bräune gelte
als Schönheitsideal, auch wenn das nur von kurzer Dauer sei. Außerdem erhöhe
sich durch die Kunstsonne das Glückshormon Serotonin, so Hoffmann. Folgen wie
Hautalterung, Pigmentierung, Hautverdünnung und Hautkrebs würden bei den
meisten Nutzern allerdings verkannt und ignoriert.



Tanorexiker jagen einer Hautbräune hinterher, die ein
Nordeuropäer unter normalen Bedingungen nie erreichen könnte. Zu dem Suchtbild
gehören übertriebene, fast tägliche Besuche der Sonnenstudios und Ausnutzung
jeder Möglichkeit zum Sonnenbad. Die Betroffenen sehen die Nutzung des
Solariums als unkritisch. Dermatologen schätzen, dass rund 20 Prozent der
Bevölkerung im Laufe ihres Lebens einen Hautkrebs entwickeln, dennoch nutzen 11
Prozent der deutschen Bevölkerung bis 45 das Solarium.



An der Studie nahmen 16 Personen teil. Acht Personen waren regelmäßige Besucher
von Bräunungsstudios, sie ließen sich acht bis 15 Mal pro Monat bräunen. Die
anderen acht Personen dienten als Kontrollgruppe, sie legten sich maximal zwölf
Mal pro Jahr unter die Sonnenbank.



Beiden Versuchsgruppen wurden Naltrexon als
Opiod-Antagonisten oder Schein-Medikamente verabreicht. Wirkstoffe aus der
Gruppe der Opiod-Antagonisten blockieren den Effekt des Bräunens auf den
Endorphinhaushalt des Körpers, sie besitzen eine starke Bindungsfähigkeit an
das Zentralnervensystem. Nach der Medikamentengabe bräunten sich die
Versuchspersonen in zufälliger Reihenfolge in Solarien mit oder ohne UV-Licht.
Danach mussten sie angeben, wo sie sich wohler gefühlt hatten.



Die Forscher stellten fest, dass häufige Nutzer der Solarien
unter Placebo und einer geringen Menge von Naltrexon die Sonnenbank mit
UV-Licht bevorzugen. Dieser Anteil verringerte sich, als die Naltrexon-Menge
gesteigert wurde. Vier von acht Häufig-Bräunern hatten dabei sogar unerwünschte
Effekte wie Übelkeit und Zittern. Bei zwei Versuchspersonen waren die
Beschwerden so stark, dass sie die Studie abrechen mussten. Die Studienleiter
werteten diese Wirkung als Entzugssymptome.



Von den Betreibern der Solarien wird Kunstbräune als durchaus positiv
dargestellt. Die Stabilisierung des Immunsystems, ein verbessertes
Wohlbefinden, gesteigerte sexuelle Lust sowie eine erhöhte Vitamin D Produktion
zur Stärkung der Knochen soll potenzielle Besucher überzeugen. Diese Aussagen
sind korrekt in Bezug auf echte Sonnenstrahlen und Wärme, eine Übertragung auf
das Kunstlicht wurde bislang aber noch nicht bewiesen.



Bisher konnte nicht belegt werden, dass sich die Zahl der
Abwehrzellen nach einem Solariumsbesuch erhöht. Solarien arbeiten mit
UVA-Strahlen, die als ungefährlich galten, aktuelle Studien zeigen aber das
Gegenteil. Experten empfehlen, dass man nicht mehr als 50 Sonnenbäder im Jahr
zu je 20 Minuten genießen sollte.



WANC 21.07.06/pte

 
 
 
 
 
 
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