Schützt die richtige Ernährung vor Demenz? Wohl eher nicht.

Das wäre eine richtig gute Nachricht: Mit der richtigen Ernährung kann man einer Demenz vorbeugen. Und tatsächlich: In der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur finden sich die Ergebnisse von Studien, die belegen, dass z.B. eine mediterrane Ernährung vor dem Entstehen einer Demenz schützt. Doch eine neue große Untersuchung lässt an dieser Hoffnung zweifeln.

Die frohe Botschaft wird sogar von obersten Stellen verbreitet. So schreib das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in seinem Wegweiser Demenz: „Mediterrane Ernährung scheint vor Demenz zu schützen. … Die sogenannte Mittelmeerdiät kann aber auch das Risiko einer Alzheimer-Erkrankung senken, wie eine Untersuchung an der Columbia-Universität in New York ergab….“

Auch die Unabhängige Gesundheitsberatung (UGB) erklärt: „Zu den möglichen Risikofaktoren gehören das Metabolische Syndrom, chronische Entzündungen und oxidativer Stress. Die Ernährung beeinflusst alle drei Faktoren.“ Allerdings bleibt die UGB kritisch: „Einen klaren Zusammenhang zwischen einer ungünstigen Ernährungsweise und der Alzheimer-Demenz konnte die Wissenschaft bisher jedoch nicht bestätigen.“

Vorsicht und keine zu große Euphorie scheinen angebracht. Mediziner aus Frankreich, England und Finland haben jetzt die Ernährungsdaten von 8225 Teilnehmern, die beim Beginn der Datenerhebung nicht an Demenz erkrankt waren, im Durchschnittsalter von 50 Jahren ausgewertet. Die Erfassung der Daten erfolgte über den langen Zeitraum von durchschnittlich 24,8 Jahren.

Die Güte der Ernährung wurde mit dem AHEI  (Alternate Healthy Eating Index ist eine Ernährungsempfehlung) und seinen elf Komponenten bewertet. Bei sechs Komponenten (Gemüse, Obst, Vollkorn, Nüsse und Hülsenfrüchte, Omega-3-Fettsäuren, mehrfachungesättigte Fettsäuren) werden hohe Verzehrsmengen als „ideal“ angesehen, bei vier (gesüßte Limonaden und Fruchtsäfte, rotes und verarbeitetes Fleisch, Transfette und Natrium) gilt das Vermeiden einer großen Aufnahme als ideal und bei einer (Alkohol) wird diese Bewertung bei einem „moderaten“ Konsum vergeben. Der AHEI-Diät-Score rangiert von 0 bis 110, wobei die höchste Punktzahl die gesündeste Ernährungsform kennzeichnet.

In einer zweiten Bewertung wurden 127 Lebensmittel einer Liste von 37 Gruppen mit unterschiedlichen Ernährungsprofilen zugeordnet. Mittels eines Punktesystem wurde der Verzehr mengen- und gütemäßig erfasst. Es wurden drei Bereiche gebildet: Personen mit niedrigem Wert einer gesunden Ernährung (AHEI: 21 bis 49,5 Punkte), mit mittlerem Wert (AHEI: 50 bis 58 Punkte) und mit hohem Wert (AHEI: 58,5 bis 92 Punkte).

Während der Beobachtungszeit wurden 344 Fälle von Demenz diagnostiziert. Grundsätzlich ergaben sich nur geringe Unterschiede in der Erkrankungshäufigkeit, wenn die einzelnen  Drittel miteinander verglichen wurden. Einen kleinen Vorteil konnten die Mediziner bei einer langen Andauer der sehr gesunden Ernährung im Vergleich zu der am wenigsten gesunden Ernährungsform erkennen, aber selbst dabei kamen sie zu dem Ergebnis: „Die Qualität der Ernährung im mittleren Alter hat keinen bedeutenden Einfluß auf das Risiko für eine Demenz.“

Im übrigen wurden auch die geistigen Fähigkeiten getestet. Die Analyse der geistigen Funktionen (z.B. Erinnerungs-, Rechen- und Ausdrucksvermögen) wurde mittels verschiedener Testverfahren durchgeführt. Auch dabei ergab sich kein „signifikanter“ Zusammenhang zwischen der Güte der Ernährung und der Abnahme der geistigen Leistungsfährigkeiten.

Warum sind die Ergebnisse dieser Studie so unterschiedliche zu anderen? Es gibt einige Erklärungen:
-Die Dauer der aktuellen Studie mit fast 25 Jahren ist länger als die anderer mit rund 10 Jahren. Die Veränderungen durch eine Demenz erscheinen aber meist erst in einem Zeitraum von 15 bis 20 Jahren.
-In den meisten Studien wurden nicht Ernährungsmuster sondern Ernährungsindizes verwendet. Außerdem waren die meisten als prospektive Studien angelegt, wobei die Daten in Bezug auf eine vorher getroffene Annahmen erfaßt werden. Die neue Studie ist eine sogenannte retrospektive Auswertung, die vorhandenes Datenmaterial auswertet.
-In andere Studien wurden überwiegend ältere Menschen (älter als 65 Jahre) beobachtet.

Auf eines weisen die Mediziner hin. Obwohl der Zusammenhang zwischen der Ernährung und dem Risiko für eine Demenz statistisch gesehen nicht so offensichtlich erscheint, gibt es doch einen möglicherweise wichtigen Hinweis, er untersucht werden sollte. Aus den Daten lässt sich ablesen, dass manchen Demenzdiagnosen eine Verschlechterung der Ernährungsqualität voraus geht und dass das neben anderen Einflüssen das Entstehen der Demenz begünstigt haben könnte.

13.3.2019 cs / Quelle: JAMA





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/ernaehrung-demenz-13-3-2019.php
powered by webEdition CMS