Einsame Menschen werden öfter krank und tragen ein erhöhtes Risiko für einen vorzeitigen Tod (Foto: DAK)
Einsame Menschen werden öfter krank und tragen ein erhöhtes Risiko für einen vorzeitigen Tod (Foto: DAK)
> Einsamkeit bedroht die Gesundheit, Kontakte erhalten das Leben

Menschen, die viele soziale Kontakte pflegen, leben länger und gesünder. Einsame Menschen werden dagegen öfter krank und tragen ein erhöhtes Risiko für einen vorzeitigen Tod. Der tatsächliche Einfluß von Isolation und Einsamkeit auf die Lebenserwartung wird von Medizinern immer noch diskutiert. Doch die Zahl der Studien, die belegen, dass das Fehlen von Beziehungen beispielsweise dem Herzen schadet sowie Alzheimer, Schlaganfall und Schlafstörungen fördert. Die Gesundheitsgefahren von Einsamkeit sind möglicherweise genauso erheblich wie die von Fettleibigkeit oder Rauchen.

„Wir haben den absoluten Beweis, das Einsamkeit und soziale Isolation eine Bedrohung der Gesundheit sind,“ sagt Dr. Julianne Holt-Lunstad, Professorin für Psychologie und Neurologie an der Brigham Young University in Utah, USA. Sie hat 148 Studien zu dem Thema mit mehr als 300.000 Teilnehmern ausgewertet. Das Ergebnis begleitet sie mit dem Kommentar, dass ein Mehr an sozialen Kontakten das Risiko, vorzeitig zu sterben, etwa um die Hälfte senkt.

Holt-Lunstad hat darüber hinaus auch Daten von mehr als 3,4 Millionen Menschen aus 70 Studien analysiert. Daraus ergibt sich, dass Einsamkeit, soziale Isolation und das Alleinleben einen bedeutenden Effekt auf die Lebensdauer, der etwa so groß eingeschätzt werden kann, wie der von starkem Übergewicht. Im übrigen ist Einsamkeit nicht nur ein Problem des Alters, auch junge Menschen können unter Einsamkeit leiden. Dennoch, so die Feststellung, nimmt das Problem mit der Einsamkeit im Alter zu. Laut einer Befragung im Jahre 2010 in den USA fühlen sich 35% der über 45 jährigen chronisch einsam, zehn Jahre zuvor waren es 20%.

Natürlich gibt es auch Zweifler. Sie stellen vor allem die Frage, ob wenige soziale Kontakte ein Risikofaktor für eine schlechte Gesundheit oder eine schlechte Gesundheit ein Risikofaktor für fehlende soziale Beziehungen sind. Ob die wissenschaftliche Frage nach dem Henne-und-Ei-Prinzip allerdings den Betroffenen hilft?

Die Weltgesundheitsorganisation WHO zumindest listet „social support networks“ - soziale Unterstützungs-Netzwerke, was mit zwischenmenschlichen Kontakten und Beziehungen übersetzen kann - als „Determinanten der Gesundheit“ - also Einflussgröße auf die Gesundheit - auf. Die Studienergebnisse bestätigten das. So bedeuteten Einsamkeit eine um 29% erhöhte Gefahr für Herzinfarkte oder Schlaganfall, bei sozialer Isolation betrug dieser Wert 32%. Wobei von Psychologen Einsamkeit und soziale Isolation als unterschiedlich - sozusagen zwei Seiten einer Medaille - angesehen werden, die aber vergleichbare Gesundheitsrisiken bergen.

Über einen Zeitraum von 12 Jahren gesammelte Daten von Frauen und Männern im Alter von 65 Jahren und älter zeigten, dass Einsamkeit die geistige Leistungsfähigkeit verminderte. Ein Psychiater am Women’s Hospital in Boston hat genügend Belege dafür gefunden, dass Einsamkeit Entzündungen im Körper unterstützen können. Das könne sich auf Körper genauso wie auf das Gehirn auswirken. Bei einsamen Menschen wurde eine erhöhte Konzentration von Amyloiden - das sind verklumpte Ablagerungen - in bestimmte Gehirnregionen gefunden, was einen Hinweis auf eine Alzheimer-Erkrankung bedeuten kann.

Doch egal, ob man das akzeptieren will oder nicht. Es gibt die Gegenprobe. „Einsamkeit verschlechtert definitiv die Lebensqualität,“ betont Dr. Christina Victor, Professorin für Gerontologie an der Brunel University, London. Bei 2411 Frauen und Männern wurde beobachtet, was das Schließen neuer Freundschaften und der Aufbau sozialer Beziehungen mit vormals einsamen Menschen macht: Symptome wie Depressionen oder Ängstlichkeit/Unsicherheit verbesserten sich.

8.11.2017 cs/ Quelle: JAMA

 
 
 
 
 
 
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