> Stoffwechselstörungen können die Funktionen des Gehirns mindern

Wer unter Adipositas (Fettsucht, sehr starkes Übergewicht) leidet, ist allein damit noch kein Kandidat für den Abbau geistiger Leistungsfähigkeit oder einer sich entwickelnden Demenz. Anders sieht es aus, wenn es sich um das metabolische Syndrom handelt. Darunter verstehen Ärzte das gleichzeitige Auftreten von starkem Übergewicht, Bluthochdruck, gestörtem Fettstoffwechsel und Diabetes. Bei Patienten mit metabolischem Syndrom treten vermehrt Demenz-Erkrankungen auf. 


Mediziner sind schon länger davon überzeugt, dass Patienten mit metabolischem Syndrom öfter und stärker unter kognitiven Problemen leiden. Als Grund dafür vermuten sie chronische Entzündungsprozesse, die zu neuroinflammatorischen (Nervenentzündungen) und neurodegenerativen (langsamer Verfall des Nervensystems) Veränderungen führen können. Ob ein Abbau geistiger Leistungsfähigkeit auch bei fettleibigen Personen stattfindet, bei denen aber kein Diabetes mellitus und Bluthochdruck sowie keine Fettstoffwechselstörungen und Albuminausscheidung im Urin vorliegen, das ist fraglich. 


Um eine Antwort zu finden, haben jetzt israelische Forscher 60 fettleibige Erwachsene mit einem Body Mass Index über 30 in zwei Gruppen eingeteilt: In die erste kamen Patienten mit höchstens einem Merkmal des Metabolischen Syndroms, in die zweite diejenigen mit mehr als zwei Merkmalen. Die geistige Leistungsfähigkeit wurde mit einem bestimmten Verfahren (Montreal Cognitive Assessment Score - MOCA) gemessen. 


Ein Ergebnis war, dass die kognitive Leistungsfähigkeit nicht vom Übergewicht allein abhängig ist bzw. von ihm beeinflußt wird. Anders sieht es aus, wenn weitere Risikofaktoren dazu kommen. „Bei fettleibigen Personen besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen metabolischen Risikofaktoren und kognitiven Beeinträchtigungen“, betont Dr. Alaa Abu Saleh vom Ziv Medical Centre in Safed, Israel. Von den 30 Patienten mit mehreren Komponenten eines Metabolischen Syndroms litten 13 Prozent an einer Demenz, 51 Prozent an milderen Formen einer kognitiven Störung und 36 Prozent zeigten keine Anzeichen einer kognitiven Dysfunktion (Gedächtnisstörung). In der Vergleichsgruppe ohne metabolische Risikofaktoren waren aber 90 Prozent ohne Probleme der geistigen Leistungskraft, nur 7 Prozent zeigten leichte Anzeichen und weitere 3 Prozent hatten bereits eine Demenz entwickelt. 


Als größte Risikofaktoren für eine Demenz stellten sich ein großer Bauchumfang sowie das Alter des Patienten heraus. Als Demenzrisiko wurden darüberhinaus Bluthochdruck oder Lebersteifigkeit erkannt. 


Eine Gruppe von Wissenschaftlern des schwedischen Karolinska Instituts in Stockholm wollte den Zusammenhang zwischen Diabetes mellitus und  Demenz genauer unter die Lupe nehmen. Analysierte wurden Daten von insgesamt 29.630 Patienten mit kognitiven Störungen, darunter  4.881 mit ebenfalls diagnostiziertem Diabetes mellitus. Dabei zeigte sich, dass die Patienten, die früher ihre Demenz-Diagnose erhalten hatten häufiger an Diabetes litten. Zudem waren Männer öfter betroffen als Frauen. Vaskuläre Demenz oder einer Mischform aus Vaskulärer und Alzheimer-Demenz kamen bei Diabetes-Patienten häufiger vor als andere Demenzformen. Andererseits traten Lewy-Körper-Demenz sowie Parkinson-Demenz bei Diabetes-Patienten seltener auf. 


Erschreckend: Patienten mit Diabetes erhielten nicht nur seltener Antidepressiva verschrieben sondern auch deutlich weniger Alzheimer-Medikamente. Prof. Dorota Religa, die an der Studie mitwirkte, bedauert: „Das könnte darauf hinweisen, dass deren Demenzstörungen weniger optimal behandelt werden als bei anderen Patienten.“


cs 29.6.2017/ Quelle: 3rd EAN Congress Amsterdam 2017

 
 
 
 
 
 
powered by webEdition CMS