Glyphosat 360, Unkrautvernichter, 20 Liter - bei Ebay  für 82,90 Euro
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> Pflanzenschutzmittel Glyphosat: WHO bestätigt Krebsgefahr

Nun ist offiziell, worüber schon seit einiger Zeit gesprochen wird: Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend ein. Dabei beruft sie sich auf Ergebnisse einer zu ihr gehörenden Behörde - der Internationalen Krebsforschungsagentur (International Agency for Research on Cancer - IARC; Lyon, France). Hersteller und verbundene Organisation hatten bereits im Vorfeld versucht, diese Ergebnisse schlecht zu machen. Der Anlass ist ja auch gravierend: Ende 2015 läuft die Genehmigung für Glyphosat in der EU aus, derzeit läuft eine Neubewertung, ob das Pflanzengift weiter eingesetzt werden darf. Ins Zwielicht ist in Zusammenhang mit dieser Überprüfung dabei auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geraten.


Das BfR hatte nämlich in einer Stellungnahme im Februar 2015 die Losung ausgegeben, dass Glyphosat nicht krebserzeugend ist. Die Erkenntnisse der IARC waren darin noch nicht berücksichtigt worden. Was man davon allerdings zu halten hat, legte die Süddeutsche Zeitung offen: Recherchen hätten gezeigt, "dass für eine Neubewertung der Krebsrisiken unter anderem Leserbriefe an eine Fachzeitschrift als Studien gewertet werden. Ein großer Teil stammt von Wissenschaftlern, die direkt oder indirekt für einen der größten der Glyphosat-Hersteller arbeiten, den US-Agrarkonzern Monsanto. Also jene Firma, die seit Jahren darauf beharrt, dass der Unkrautvernichter ungefährlich sei und kritische Wissenschaftler unter Druck setzt, die zu anderen Ergebnissen kommen. 14 solcher Leserbriefe stehen auf einer Liste mit dem Titel: 'Studien, die das BfR zur Bewertung zur Kanzerogenität von Glyphosat verwendet hat'."


Das eine Bundesbehörde sich offenbar zum Büttel der Industrie macht, kritisieren die Netzfrauen: "Das BfR nimmt Argumente für Glyphosat sehr viel besser auf als Argumente dagegen." Die Organisation von Bloggerinnen vermutet auf wirtschaftlichen Erwägungen basierende enge Verbindungen zwischen BfR, der EFSA – der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority) und den Herbizidherstellern. Dabei habe sich z.B. die International Society of Doctors for the Environment (ISDE)  "mit der Forderung nach einem sofortigen Glyphosat-Verbot offiziell an das EU Parlament und die EU Kommission gewendet. Im Dokument findet man Aussagen, dass Glyphosat in Verbindung zu gesundheitlichen Störungen wie Geburtsfehlern, Unfruchtbarkeit, Schädigungen des Nervensystems, Parkinson und verschiedenen Krebsformen steht."


Die Untersuchung des IARC kommt nun zu dem Ergebnis, dass Glyphosat in der Klassifikation der Krebsgefährlichkeit chemischer Stoffe (IARC Monographs of the Evaluation of Carcinogeric Risks to Humane) in die Stufe 2A fällt. Das ist nach der Gruppe 1 - Krebsgefahr für Menschen, die zweithöchste Stufe: wahrscheinliche Krebsgefahr für Menschen. Es gibt dann noch die Gruppe 2B (möglicherweise krebserregend), 3 (Krebsgefahr nicht bewertbar) und 4 (wahrscheinlich nicht krebserregend).


Glyphosat und Mischungen mit Beistoffen (in der Expertensprache Formulierungen genannt, von denen es über 750 verschiedene gibt) würden die DNA, Zellen und Chromosomen beschädigen. Das Unkrautvernichtungsmittel sei im Blut und im Urin von Landarbeitern entdeckt worden. Dass Glyphosat nicht in die Stufe 1 bewertet wurde, liegt allein daran, dass es nur wenige und auch nur wenig wirklich aussagekräftige Studien zum Zusammenhang zwischen Glyphosat und dem Risiko für Non-Hodgkin Lymphom und Krebserkrankungen des lymphatischen Systems nach Einschätzung des IARC überhaupt gibt. Die Frage muss erlaubt sein: Warum?


Mittlerweile hat das BfR reagiert. Es kündigt an, seine Empfehlungen zu überarbeiten. Dabei macht es auf ein Problem aufmerksam, das aber viele noch mehr in der Ansicht bestärkt, dass das Mittel verboten gehört: "Bei vielen in der Wissenschaft diskutierten Studien zur möglichen Kanzerogenität und Genoxizität wird der Wirkstoff Glyphosat nicht isoliert, das heißt als Reinsubstanz, sondern nur in der Formulierung, das heißt als handelsübliches Produkt mit verschiedenen anderen Komponenten, verwendet. Da die Toxizität der Beistoffe höher sein kann als die des Wirkstoffs Glyphosat und bei Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften häufig die genaue Zusammensetzung nicht beschrieben wird, ist die Aussagekraft der Studien mit glyphosathaltigen Mitteln für die Wirkstoffprüfung im Rahmen des EU-Genehmigungsverfahrens eher gering." Für das EU-Genehmigungsverfahren empfiehlt es jetzt, "eine ausführliche Bewertung der IARC-Monographie im erneuten Genehmigungsverfahren von Glyphosat zu berücksichtigen."


Greenpeace fordert den sofortigen Risikoschutz: "Das Gift gehört sofort verboten.“ Denn es sei höchste Zeit, dass die Bundesregierung das Vorsorgeprinzip ernst nehme und die Zulassung für Glyphosat bis zur Klärung offener Fragen aussetze. 


Mit der üblichen Reaktion des Herunterspielens und des In-Frage-Stellens reagiert die Organisation der Hersteller - die Arbeitsgemeinschaft Glyphosat (AGG): Die Untersuchung der IARC habe "kaum praktische Relevanz für Bewertung als Pflanzenschutzmittel". In der Pressemeldung geht die AGG dann konsequent den bereits in der Vergangenheit gewählten und anscheinend erfolgreichen Weg weiter. Die Untersuchungsergebnisse werden in Frage gestellt, die Arbeitsweise diskreditiert, Vorwürfe formuliert und unterschwellig Fehler vorgeworfen. 


31.07.2015/ Quelle: The Lancet

 
 
 
 
 
 
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