Schon seit 1996 fordert das damals veränderte Arbeitsschutzgesetz die Arbeitgeber auf, die körperlichen und physischen Arbeitsbelastungen am Arbeitsplatz mit einer so genannten Gefährdungsbeurteilung zu erfassen und so gering wie möglich zu halten. Doch mit der praktischen Umsetzung des Gesetzes scheint es zu hapern: Nur die Hälfte aller befragten Betriebe hat in den letzten acht Jahren die gesetzlich geforderte Gefährdungsbeurteilung durchgeführt; von den kleineren Betrieben bis zu 50 Beschäftigten sogar nur jeder dritte. Psychische Belastungen werden dabei kaum berücksichtigt. Trotz der gesetzlichen Vorgaben werden sie nur in 23 Prozent der Gefährdungsbeurteilungen ausdrücklich berücksichtigt.
Und was folgt in der betrieblichen Praxis aus den erkannten Problemen der Gefährdungsbeurteilung? Zu wenig: nach Auskunft der Betriebsräte werden nur in jedem dritten Betrieb die empfohlenen Maßnahmen auch umgesetzt. Bezogen auf alle Betriebe praktizieren also nur rund 16 Prozent von ihnen so etwas wie eine vorbeugende betriebliche Gesundheitspolitik.
Der geringe und teilweise gesetzeswidrige Stellenwert von betrieblicher Gesundheitsprävention geht nach den WSI-Befragungsergebnissen überwiegend auf die Scheu der Arbeitgeber vor entsprechenden Kosten zurück. Aber auch Gleichgültigkeit gegenüber betrieblichen Gesundheitsgefahren spielt eine große Rolle. Die Befragungsergebnisse legen insgesamt die Frage nahe, ob das Arbeitsschutzgesetz von 1996 in der jetzigen Ausprägung mit einer Betonung auf Freiwilligkeit der Betriebe seinen Zweck erfüllen kann.
WANC 27.07.04