Nanosilber: Ungeklärte Gefahren

Wie gefährlich ist Nanosilber? 
Weiß man nicht so genau, sagen Experten vom Bundesinstitut für
Risikobewertung (BfR). Deshalb solle man es auch besser nicht in
Lebensmitteln, Textilien und Kosmetika einsetzen. Quatsch sagen die
Firmen, die das Zeug verwenden. Die Datenlage sei ausreichend. Und
natürlich müsse sich der Verbraucher keinerlei Sorgen um seine
Gesundheit machen. Sollte er aber doch. Denn Nanosilber wird in vielen
Produkten eingesetzt, ohne dass Nachweise über die Unbedenklichkeit
erbracht werden müssen.
Metallisches Silber und verschiedene Silberverbindungen werden zum
Beispiel in kosmetischen Mitteln sowie in unterschiedlichen
verbrauchernahen Produkten vor allem wegen der antimikrobiellen Wirkung
eingesetzt. Für Textilien spielen neben medizinisch-therapeutischen
Anwendungen zunehmend auch Hygieneaspekte eine Rolle. Die
antimikrobiellen Ausrüstungen der Textilfasern sollen hier vor allem
der Geruchsbildung durch die mikrobielle Zersetzung von Schweiß
entgegenwirken. Inzwischen werden dabei auch zunehmend Silberpartikel
in Nanogröße verwendet. Unter Nanopartikeln werden Teilchen mit einem
Durchmesser kleiner als 100 Nanometern verstanden. In seiner Stellungnahme Nr. 24/2010 hatte das Bundesinstitut für
Risikobewertung (BfR) darauf hingewiesen, dass sich für Silber in
nanoskaliger Form (Nanosilber) möglicherweise ein Wirkprofil mit
zusätzlichen toxischen Wirkungen ergeben könnte, welche bisher für
Silber nicht beschrieben wurden. Aufgrund der besonderen
physiko-chemischen Eigenschaften der nanopartikulären Form sei ein
verändertes toxikologisches Wirkpotenzial für viele Nanomaterialien
bekannt. Die Warnung stieß bei Industrieunternehmen, die Nanosilber einsetzen,
auf wenig Gegenliebe. Sie bemängelten, dass durchaus ausreichend Daten
zur Verfügung stünden. Tatsächlich liegen für nanoskaliges Silber bislang nur wenige
toxikologische Daten vor, die das Material unter Berücksichtigung
nanospezifischer Aspekte experimentell untersuchen, betont das BfR.
Zudem war die Charakterisierung sowohl der verwendeten Partikel als
auch die der Dosierung über viele Jahre nur unzureichend, unter anderem
weil entsprechende analytische Methoden nicht zur Verfügung standen.
Viele ältere Studien zu kolloidalem Silber, das heute häufig als
Nanomaterial angesehen wird, erfüllen die Standards einer modernen
Toxikologie nicht. Neuere Studien ergaben deutliche Hinweise auf bisher für Silber nicht
bekannte Wirkungen. Dazu gehören krankhafte Veränderung von Gewebe in
der Leber nach oraler und inhalativer Verabreichung sowie in der Lunge
nach dem Einatmen, Veränderungen organspezifischer physiologischer
Parameter und eine erhöhte Wirkstärke. Nur in wenigen gesetzlichen Regelwerken werden für die Inhaltsstoffe
bestimmter Produkte Anforderungen zu Art und Umfang an toxikologischen
Daten definiert, die für eine gesundheitliche Bewertung vor einer
Vermarktung bzw. zur Fortsetzung der Vermarktung vorgelegt werden
müssen. Auf Silber basierende Biozidprodukte werden zukünftig im Rahmen
eines Zulassungsverfahrens geprüft. Für die gesundheitliche Bewertung
müssen die Antragsteller die entsprechenden toxikologischen Daten
vorlegen. Für verbrauchernahe Produkte wie Textilien gibt es hingegen keine
Melde- oder Zulassungspflicht. Da die Industrie nicht verpflichtet ist,
den Behörden toxikologische Daten für die Bewertung zur Verfügung zu
stellen, fehlen diese oftmals, so dass das gesundheitliche Risiko von
nanosilberhaltigen Produkten nur schwer oder gar nicht abgeschätzt
werden kann. So liegen in der Regel selten Informationen bezüglich der
Freisetzung von Nanosilberpartikeln aus Textilien und Produkten vor. Weiterhin ist die Datenlage über mögliche Auswirkungen auf die
Ausbreitung von Resistenzen gegen Silber oder Antibiotika unzureichend.
Auch die Aufnahme in den Körper ist bislang nicht ausreichend geklärt.
Vor allem über die Aufnahme im Respirationstrakt (Lunge, Bronchien)
sowie über die Verteilung der aufgenommenen Partikel im Körper
(Toxikokinetik) nach Einatmen ist wenig bekannt. Zudem fehlen Daten zu
Wirkungen auf die Haut (sensibilisierendes Potential, Reizwirkung),
aber auch zur Reproduktionstoxizität, zur chronischen Toxizität und zum
krebsauslösenden Potenzial. Von Bedarfsgegenständen und Produkten darf von Gesetzes wegen beim
bestimmungsgemäßen Gebrauch und beim vorhersehbaren Fehlgebrauch keine
Gefährdung der Gesundheit ausgehen. Da für nano-skalige Formen von
Silber aufgrund der Datenlücken bislang jedoch noch keine abschließende
Sicherheitsbewertung für Mensch und Umwelt vorliegt, rät das BfR auch
weiterhin von einem breiten Einsatz von Nanosilber in verbrauchernahen
Produkten ab. Eindeutiger äußerte sich da Christoph Meili von der
Innovationsgesellschaft St. Gallen in der 3sat-Sendung Nano: „Sobald
Nanopartikel in den Körper gelangen, können sie potenziell gefährlich
werden." Und wie diese Gefahr aussieht, beschreibt er drastisch: „Durch
die veränderten chemisch-physikalischen Eigenschaften können sich
Stoffe im Körper anders verhalten. Sie können in die Zellen eindringen
oder in den Zellkern." Es wäre auch möglich, dass sie die
Blut-Hirn-Schranke oder die Placenta überwinden. Schon im Jahr 2009 hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
(BUND) eine Studie mit dem Titel „Nanosilber, der Glanz täuscht“
vorgestellt. Diese berichtet, dass in Tierversuchen Schäden an Leber-
und Nervenzellen sowie Lungenschäden auftraten. Die Verbraucher wüssten
jedoch kaum, wo Nanosilber überall eingesetzt werde. Wilfried Kühling, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des BUND,
forderte: „Solange die Risiken für Umwelt und Gesundheit ungeklärt
sind, muss die Bundesregierung ein Vermarktungsverbot für
Alltagsprodukte mit Nanosilber verhängen. Außerdem müssen alle
Produkte, die Nanomaterialien enthalten, deutlich gekennzeichnet
werden. Die Käufer von Nano-Produkten im Unklaren zu lassen verstößt
gegen elementare Regeln des Verbraucherschutzes und gefährdet die
Umwelt.“ 14.04.2011/ Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), 3sat, BUND





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/14_04_nanosilber.php
powered by webEdition CMS