Feinstaub aus Autoabgasen: Die gefährlichen Stoffe werden kaum abgebaut und reichern sich deshalb in der Erde an
> Feinstaub: Schadstoffe verseuchen Böden

Feinstaub ist nicht nur gefährlich, weil er leicht in die Lunge eindringen kann. An Rußpartikeln sitzen vielfach auch Krebs erzeugende Schadstoffe. Diese Schadstoffe reichern sich aber auch schleichend in Böden an. Bisher ist noch nicht klar, ob sie abgebaut werden oder gar ins Grundwasser gelangen können.

Der Feinstaub, der zum Beispiel mit den Abgasen von Dieselkraftfahrzeugen in die Luft geblasen wird, ist ins Bewusstsein von Medien und Menschen geraten. Grund ist vor allem das Inkrafttreten der EU-Richtlinie zur Begrenzung der Feinstaubkonzentration in der Luft. Gerade ihre Winzigkeit macht die Staubteilchen gefährlich: Sie werden von den Schutzvorrichtungen der Atemwege nicht aufgehalten und können direkt in die Lunge vordringen. Dort können sie Entzündungen, Asthma, Bronchitis oder auch Krebs auslösen.

Doch die Rußpartikel können aus einem weiteren Grund zur Gefahr werden: Schadstoffe hängen sich in recht großer Menge und besonders fest an. Darunter sind vielfach die so genannten polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAKs), unter denen viele Verbindungen als Krebs erzeugend gelten. Tilman Gocht, Prof. Peter Grathwohl und Dr. Johannes Barth vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Universität Tübingen untersuchen, was passiert, wenn die Rußpartikel aus der Luft in die Böden gelangen. Sie haben festgestellt, dass die gefährlichen PAKs zumindest bisher praktisch nicht im Grundwasser zu finden sind. Doch da die PAKs kaum abgebaut werden, so haben die Tübinger Wissenschaftler beobachtet, reichern sie sich schleichend in den Böden an. Noch ist unklar, ob davon eine Gefahr ausgeht.

"Atmosphärenforscher interessieren sich für den Feinstaub vor allem so lange, wie er sich in der Luft befindet. Auch medizinisch gesehen sind die Partikel wegen ihrer Lungengängigkeit in dieser Phase besonders problematisch. Doch in der Luft ändert sich die Situation häufig schon mit dem nächsten Regenguss", erklärt Gocht. Für die Geowissenschaftler, die Böden und Grundwasser im Blick haben, spielten dagegen erst deutlich längere Zeiträume eine Rolle. "Die Rußpartikel, die wir untersuchen, fallen teilweise mit einer Größe ab einem Mikrometer unter den Begriff Feinstaub, der gerade in der Diskussion ist, zum Teil sind sie aber auch größer", sagt Gocht.

"PAKs sind die Schadstoffe, die in der Umwelt in der höchsten Konzentration vorkommen. Erst danach kommen Quecksilber und Dioxine", so die Wissenschaftler. Zu den PAKs gehören rund 200 verschiedene Verbindungen, von denen meist 16 bis 20 typische Vertreter, darunter auch stark karzinogene, untersucht werden. In der Struktur ihrer Moleküle sind bis zu neun Kohlenstoffringe zu finden.

Je mehr Ringe, desto schwerer sind sie in der Regel abbaubar. Darunter ist das mit fünf Ringen schwer abbaubare und karzinogene Benzo(a)pyren. Grathwohl geht davon aus, dass die Rußpartikel mit den anhängenden Schadstoffen größtenteils aus dem Straßenverkehr stammen. Der Boden filtert die Schadstoffe praktisch heraus. "Doch die Kapazität des Bodens könnte irgendwann erschöpft sein und die PAKs würden dann in kürzerer Zeit ausgewaschen. So ähnlich war es in der Vergangenheit bei der Versauerung von Gewässern: Ein halbes Jahrhundert lang scheint es nicht viel auszumachen und plötzlich - in ein oder zwei Jahren - kippt das System um", beschreibt Grathwohl denkbare Szenarien.

"Bei solch komplexen Systemen kann es Dominoeffekte geben, die wir jetzt vielleicht noch gar nicht kennen." Die Wissenschaftler haben festgestellt, dass die PAKs im Boden sehr stabil sein müssen. "Aus Laboruntersuchungen ist bekannt, dass eine Reihe von Mikroorganismen die ringförmigen Verbindungen der PAKs gut abbauen kann. Je weniger Ringe die Verbindung enthält, desto leichter", erklärt Barth. Warum sich in den Böden draußen wenig Hinweise auf einen Abbau finden, sei noch ungeklärt.

Über die Aufnahme in Nutzpflanzen könnten die PAKs auch den Menschen gefährden. Aus Messungen an Sedimenten haben die Tübinger Wissenschaftler rekonstruiert, wie viel PAKs in den letzten 200 Jahren in die Böden eingetragen wurden. "Der Höhepunkt fand sich in den 1970er-Jahren. Seither ist die Menge etwa um den Faktor zwei zurückgegangen. Obwohl der Verkehr seither noch zugenommen hat, zeigen sich darin die Anstrengungen, die Emissionen etwa durch den Einbau von Filtern bei Kraftwerken zu senken", erklärt Grathwohl. PAKs können prinzipiell auch auf natürliche Weise entstehen, zum Beispiel bei Waldbränden. "Die heute gemessenen Werte liegen aber um den Faktor zehn höher als die natürlichen", sagt der Professor.

Als problematisch sehen die Tübinger Wissenschaftler auch die flächendeckende Verteilung der Rußpartikel mit den anhängenden Schadstoffen an. "Wenn sich der Ruß aus der Luft etwa auf den weißen Gartenmöbeln absetzt, kann man ihn wieder abwaschen. Großflächig geht das mit dem Boden aber natürlich nicht", erklärt Grathwohl. "Darum wäre es viel einfacher, diese Stoffe konzentriert gleich an der Quelle ihrer Entstehung, etwa am Auspuff des Autos, aufzufangen", setzt Barth hinzu. "Damit würde man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Sowohl der gefährliche Feinstaub als auch die Krebs erzeugenden Schadstoffe würden reduziert", gibt Gocht zu bedenken.

Ob und welche Maßnahmen gegen den Ausstoß von Rußpartikeln ergriffen werden, sieht Grathwohl auch als eine Risikoabwägung und Entscheidung von Politik und Gesellschaft: "Bei der Anreicherung der PAKs im Boden können wir von wissenschaftlicher Seite bisher nur sagen, dass wir einen Trend beobachten, der nach oben zeigt. Wir stehen erst am Anfang."

WANC 12.04.05

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