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Für die meisten wird die Krankenversicherung teurer (Foto: TK)
> Krankenversicherung: Das ändert sich 2009

Die gesetzliche Krankenversicherung
wartet ab 1.1.2009 mit etlichen Neuerungen auf. Die Bundesregierung und
ihre Gesunheitsministerin feiern sie mit großen Worten. Doch ob das
Geld wirklich fairer verteilt wird, ob es mehr Wettbewerb zum Wohle der
Patienten geben wird und ob der Beitragssatz wirklich gerecht ist, das
wird sich wohl erst noch zeigen. Es gibt nicht wenige Skeptiker, die
das bezweifeln.


 


Eine sichtbare und auch merkbare Folge wird die Änderungen in der
gesetzlichen Krankenversicherung ab Januar 2009 für die meisten haben:
Sie müssen mehr bezahlen. Denn der von der Regierung festgelegte
Einheitsbeitrag von derzeit 15,5% bedeutet für viele teilweise
stattliche Erhöhungen. Dadurch kommt mehr in die Kassen der
Krankenversicherung - das aber bereits schon ausgegeben ist: Mehr
bekommen Ärzte und die Krankenhäuser. Die Versorgung wird sich dadurch
keinen Deut bessern. Im Gegenteil: Schon jetzt klagen Ärzte und
Krankenhäuser, dass die vielen Mehr-Milliarden auf keinen Fall
ausreichen. Man darf deshalb gespannt sein, wie sich Beiträge und
Versicherungsschutz der gesetzlichen Krankenversicherung entwickeln
werden. Auf eines muss sich wohl jeder gefasst machen: Die einstmals
hoch gehaltene Beitragssatzstabilität taucht in keiner der
Sonntagsreden der Politiker noch auf - und dürfte damit beerdigt sein.
Es wird also immer teurer. Selbst wenn die Regierung mit ihrem
"Konjunkturprogramm" Ernst macht und die Beiträge vorne senkt. Hinten
muss sie mit Steuergeldern den Ausfall ausgleichen - und dann zahlen
letztlich doch wieder wir. Das ändert sich 2009: a. Versicherungsschutz   1.    Absicherung im Krankheitsfall für alle In der gesetzlichen Krankenversicherung gilt bereits seit dem 1. April
2007 die Versicherungspflicht für alle, die keinen anderweitigen
Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben. Ab Januar 2009 werden
nun entsprechend auch alle Personen versicherungspflichtig, die der
privaten Krankenversicherung zuzuordnen sind. Ob jemand dem
gesetzlichen oder dem privaten Versicherungssystem zugeordnet wird,
hängt insbesondere davon ab, wie er zuletzt versichert war. Damit haben
in Deutschland alle Bürgerinnen und Bürger ein Recht, aber jetzt auch
die Pflicht zum Abschluss einer Krankenversicherung, wenn sie im
Krankheitsfall keinen anderweitigen Anspruch auf Übernahme der
Behandlungskosten haben. Entsprechend dem Grundsatz „Pflegeversicherung
folgt Krankenversicherung“ besteht damit auch Versicherungsschutz für
alle Menschen in der Pflegeversicherung.

b. Private Krankenversicherung   1.    Einführung des Basistarifs Zum 1. Januar 2009 wird der neue Basistarif eingeführt, den alle
privaten Krankenversicherungsunternehmen anbieten müssen. Er löst den
bisherigen modifizierten Standardtarif ab. Versicherte dürfen in diesem
Tarif nicht abgewiesen werden (Kontrahierungszwang). Es dürfen auch
keine Zuschläge wegen erhöhten gesundheitlichen Risikos erhoben und
keine Leistungsausschlüsse vereinbart werden. Die Leistungen im
Basistarif müssen in Umfang, Art und Höhe mit dem Leistungskatalog der
gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar sein. Die
Versicherungsprämie darf den jeweiligen GKV-Höchstbeitrag (2009 rund
570 Euro) nicht überschreiten. Für Beamte gelten anteilige
Höchstbeträge je nach Höhe des Anteils, den die Beihilfe abdeckt. Ist
das für die Versicherten zu teuer, weil sie durch die Zahlung des
Beitrages hilfebedürftig im Sinne der Gesetze zur Grundsicherung
würden, wird der Beitrag im Basistarif um die Hälfte reduziert. Und wer
auch dafür nicht genug Geld aufbringen kann, bekommt einen Zuschuss zu
seiner Versicherungsprämie vom Sozialamt oder Grundsicherungsträger.
Die sozialen Regelungen bei niedrigem Einkommen gelten auch für die
private Pflege-Pflichtversicherung.   2.    Wechselmöglichkeit in den Basistarif unter Mitnahme von Alterungsrückstellungen Diejenigen, die bereits privat krankenversichert sind, können vom 1.
Januar bis zum 30. Juni 2009 in den Basistarif einer anderen
Versicherung ihrer Wahl wechseln. Wer 55 Jahre und älter ist oder eine
Rente beziehungsweise eine Beamtenpension bezieht, kann darüber hinaus
jederzeit in den Basistarif innerhalb seines Versicherungsunternehmens
wechseln. Gleiches gilt für Versicherte, die nachweislich die
Versicherungsprämie nicht mehr aufbringen können. Wer nach dem 1.
Januar 2009 einen privaten Krankenversicherungsvertrag neu abschließt,
kann sofort den Basistarif wählen oder erhält ein uneingeschränktes
Wechselrecht unter Mitnahme der neu aufgebauten Alterungsrückstellungen
in den Basistarif jedes beliebigen Unternehmens der privaten
Krankenversicherung.   3.    Mitnahme von Alterungsrückstellungen Privatversicherte zahlen mit ihren Prämien zusätzlich so genannte
Alterungsrückstellungen, mit denen der Beitragsverlauf im Lebenszyklus
geglättet wird, das heißt Rücklagen für den höheren medizinischen
Versorgungsbedarf im Alter gebildet werden. Bei einem
Versicherungswechsel konnten Alterungsrückstellungen bisher nicht
mitgenommen werden. Wer bislang das Versicherungsunternehmen wechseln
wollte, musste neue Alterungsrückstellungen aufbauen, was ab einem
gewissen Alter einen Wechsel des Unternehmens selbst für gesunde
Versicherte faktisch ausgeschlossen hat, weil die im neuen Unternehmen
geforderten Beiträge durch die verlorenen Rückstellungen unbezahlbar
sind. Das ändert sich nun: Privatversicherte, die innerhalb ihrer
Versicherung in den Basistarif wechseln, nehmen die
Alterungsrückstellungen in vollem Umfang mit. Bei Privatversicherten,
die im ersten Halbjahr 2009 in den Basistarif eines anderen
Unternehmens wechseln, werden die Alterungsrückstellungen im Umfang des
Basistarifs übertragen. Für Versicherte, die nach dem 1. Januar 2009
einen neuen Vertrag schließen, gilt diese Regelung unbefristet.   Das gleiche Prinzip gilt in der privaten Pflegeversicherung: Ab 1.
Januar 2009 werden hier die Wahl- und Wechselmöglichkeiten aller
Versicherten durch die Übertragbarkeit von Alterungsrückstellungen
verbessert.   c. Gesundheitsfonds   1.    Gesundheitsfonds Am 1. Januar 2009 startet der Gesundheitsfonds, mit dem die
Finanzierungsströme in der gesetzlichen Krankenversicherung neu
organisiert werden. Wie in einem großen Topf werden im Gesundheitsfonds
die Beitragszahlungen der Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Rentnerinnen und
Rentner sowie der Selbständigen und aller sonstigen Beitragszahler
eingesammelt. Zusammen mit dem Bundeszuschuss (steigt ab 2009 jährlich
um 1,5 Mrd. Euro an) werden diese – durch den neuen Risikoausgleich
ausgerichtet am Versorgungsbedarf der Versicherten – vom Fonds an die
Krankenkassen verteilt. Rund 20 Mitarbeiter beim Bundesversicherungsamt
in Bonn verwalten den Gesundheitsfonds. Der Gesundheitsfonds ist nach wie vor heftig umstritten. Viele
erwarten, dass er schon bald mit dem Geld, das er einzieht, nicht
auskommen wird. Das könnte dann schon bald dazu führen, dass auf die
Versicherten erheblich steigende Beiträge zukommen.   2.    Einheitlicher Beitragssatz Mit dem Gesundheitsfonds wird zum 1. Januar 2009 ein einheitlicher
Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung eingeführt. Der
paritätisch finanzierte Beitragssatz beträgt 14,6 Prozent. Arbeitnehmer
und Arbeitgeber oder Rentenversicherungsträger und Rentner tragen
diesen jeweils zur Hälfte. Der ermäßigte Beitragssatz, gültig für
Personen ohne Krankengeldanspruch, liegt bei 14,0 Prozent. Zusätzlich
zum paritätisch finanzierten Beitragssatz zahlen die Mitglieder der
Krankenkassen einen Beitrag von 0,9 Prozent. Für die Festlegung des
Beitragssatzes gibt es klare Vorgaben: Der Beitragssatz ist zum Start
des Gesundheitsfonds so festgelegt, dass die voraussichtlichen Ausgaben
der Krankenkassen im Jahr 2009 (unter Berücksichtigung des
Bundeszuschusses von 4 Mrd. Euro) zu 100 Prozent gedeckt sind. Die Höhe
des Beitragssatzes ist auf Grundlage einer Empfehlung des neu
eingerichteten Schätzerkreises erfolgt und durch eine Rechtsverordnung
der Bundesregierung festgelegt worden. Ob der Betrag ausreicht, wird von vielen Experten dennoch mit
Fragezeichen versehen. Und ob sich ein staatlich verordneter
Einheitsbetrag noch etwas mit Wettbewerb zu tun hat, ist ebenfalls
nicht ohne Fragezeichen.   3.    Morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich, kurz: Morbi-RSA Der Begriff Morbidität leitet sich von „morbidus“ ab, dem lateinischen
Wort für „krank“. Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich
regelt, wie viel Geld die Krankenkassen aus dem Gesundheitsfonds zur
Deckung der Leistungsausgaben ihrer Versicherten erhalten. Die Höhe der
Zuweisungen variiert. Für Versicherte mit schwerwiegenden und
chronischen Krankheiten mit hohem Versorgungsbedarf gibt es mehr als
zum Beispiel für gesunde Versicherte. Die mehr als 200 Krankenkassen
haben eine ungleiche Versichertenstruktur: Einige haben viele gut
verdienende und gesunde Versicherte, andere viele kranke Menschen und
Beitragszahler mit niedrigem Einkommen. Den Ausgleich von Risiken
zwischen den Krankenkassen gibt es seit 1994. Der bisherige
Risikostrukturausgleich hat jedoch die Unterschiede bei den
Beitragseinnahmen der Kassen und dem jeweiligen Versorgungsbedarf von
gesunden und kranken Versicherten nach Ansicht der Bundesregierung nur
unzureichend berücksichtigt. Mit der Einführung des Gesundheitsfonds
und des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs wollte sie das
ändern. Ob die neuen Regelungen allerdings das gewünschte Ziel erreichen, ist
mehr als zweifelhaft. Derzeit beraten Krankenkassen die Ärzte, ob sie
die Verschlüsselung der Krankheiten auch „richtig“ vorgenommen haben.
Denn nur die Krankenkassen bekommt mehr Geld, die auch viele chronisch
Kranke – aus einer willkürlich zusammengestellten Liste von 80
Krankheiten – in ihren Reihen hat.   d. Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung   1.    Sozialmedizinische Nachsorge für schwerkranke Kinder Ein wichtiger Baustein bei der Betreuung und Unterstützung
schwerkranker Kinder und ihrer Familien ist die professionelle Hilfe,
wenn ein schwerkrankes Kind aus dem Krankenhaus entlassen und weiter
ambulant versorgt werden muss. Bisher hatten Versicherte gegenüber
ihrer Krankenkasse einen Ermessensanspruch auf diese so genannte
sozialmedizinische Nachsorge, der nun in einen Rechtsanspruch
umgewandelt wird. Zudem wird die Altershöchstgrenze von 12 auf 14 Jahre
angehoben, so dass noch mehr Kinder versorgt werden können. Durch die
sozialmedizinische Nachsorge sollen qualifizierte Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter das Kind und seine Familie von der stationären Behandlung
oder Rehabilitation ab begleiten und einen reibungslosen Übergang in
die häusliche Pflege und die ambulante Behandlung ermöglichen.   2.    Verbesserungen des Kinderuntersuchungsprogramms Ab 1. Januar 2009 wird im Kinderuntersuchungsprogramm eine
Früherkennungsuntersuchung auf Hörstörungen bei Neugeborenen als
Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen. Ziel ist es,
angeborene Hörstörungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, um z.
B. Verzögerungen bei der Sprachentwicklung entgegenzuwirken.   Um die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder weiter
zu erhöhen, ist im Sozialgesetzbuch V (§ 26 SGB V) eine Verpflichtung
der Krankenkassen zur Kooperation mit den Ländern verankert worden.
Konkret werden die Krankenkassen verpflichtet, mit den für den
Kindesschutz zuständigen Landesbehörden auf eine bessere
Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern
hinzuwirken und hierzu mit den Ländern Rahmenvereinbarungen zu
schließen. Wirksame Maßnahmen sind z. B. schriftliche Hinweise auf
anstehende Früherkennungsuntersuchungen. Mit dieser Neuregelung will
die Bundesregierung den Kinderschutz verbessern und Vernachlässigungen
und Misshandlungen vorbeugen.   3.    Hausarztzentrierte Versorgung Den Krankenkassen wird eine Frist bis zum 30. Juni 2009 gesetzt,
Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung zu schließen. Diese
Verträge müssen vorrangig mit Gemeinschaften geschlossen werden, die
die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden
Allgemeinärzte vertreten – was im übrigen heftig umstritten ist. Die
hausarztzentrierte Versorgung (Hausarztmodell) funktioniert so, dass
die Versicherten einen Hausarzt wählen, der sie behandelt und die
gesamte ambulante, fachärztliche und stationäre steuert. Der Hausarzt
soll also nur „bei Bedarf“ an die entsprechenden Fachärzte überweisen.
Die Teilnahme an einem Hausarztmodell ist freiwillig. Dafür können die
Kassen ihren Mitgliedern z. B. Vergünstigungen wie Prämienzahlung oder
Zuzahlungsermäßigung anbieten.   4.    Krankengeld-Wahltarife für Selbständige Für alle freiwillig versicherten Selbständigen gilt ab 2009 der
einheitliche ermäßigte Beitragssatz in Höhe von 14,0 Prozent, dazu
kommt wie bisher ein weiterer Anteil von 0,9 Beitragssatzpunkten. Der
Versicherungsschutz umfasst zunächst keinen Krankengeldanspruch. Wer
bisher schon ohne Krankengeldanspruch versichert ist und diesen auch
weiterhin nicht wünscht, für den ändert sich nichts. War der
Krankengeldanspruch mitversichert, besteht auch ab dem kommenden Jahr
die Möglichkeit, sich gegen den Verdienstausfall bei Erkrankung
abzusichern. Dazu muss zusätzlich ein Krankengeld-Wahltarif
abgeschlossen werden. Diesen Wahltarif muss jede Kasse ab Januar
anbieten. Außerdem sind die Kassen verpflichtet, ihre Versicherten
darüber zu informieren. Da die Höhe der Prämien von Kasse zu Kasse
unterschiedlich sein kann und auch die Ausgestaltung der Tarife
variiert, sollten Selbständige sich detailliert über die Angebote ihrer
Krankenkasse, aber auch anderer Krankenkassen informieren.    e. Pflegeversicherung   1.    Recht auf Pflegeberatung Im Zuge der Pflegereform wurde das Recht auf Pflegeberatung ab dem 1.
Januar 2009 gesetzlich verankert. Die Pflegekassen sind verpflichtet,
für ihre pflegebedürftigen Versicherten Pflegeberatung (Fallmanagement)
anzubieten. Die neuen Pflegeberaterinnen und -berater sollen über ein
detailliertes Wissen aus den Bereichen des Sozialrechts, der Pflege und
der Sozialarbeit verfügen. Auf Wunsch des Versicherten muss die
Pflegeberatung bei ihm zuhause stattfinden. Dort, wo in den Ländern
Pflegestützpunkte eingerichtet sind, arbeiten die Pflegeberaterinnen
und -berater auch im Stützpunkt.   2.    Bewertungssystem für Heime Die Leistungen der stationären Pflegeeinrichtungen können ab 2009
besser verglichen werden, weil die Ergebnisse von Qualitätsprüfungen
durch die Heime an einer gut sichtbaren Stelle veröffentlicht werden
müssen. Dafür haben der GKV-Spitzenverband, die Pflegekassen und die
Verbände der Leistungserbringer (Heimträger) gemeinsame Maßstäbe
entwickelt. Die Bewertung der Heime wird über Schulnoten erfolgen. In
die Endnote von „sehr gut“ bis „mangelhaft“ fließen 82
Einzelbewertungen ein, wobei die pflegerische Versorgung das größte
Gewicht hat. Bis Ende 2010 müssen alle Einrichtungen einmal geprüft
werden, anschließend ist eine jährliche Kontrolle vorgesehen.   f. Jugendschutz Die Anhebung der Altersgrenze für die Abgabe von Tabakwaren auf 18 Jahre gilt ab 1. Januar 2009 auch für die Tabakautomaten. WANC 22.12.08, Quelle: Informationsbüro Gesundheit, Bundesministerium für Gesundheit
 
 
 
 
 
 
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