Gesetzliche Krankenkassen im Minus

Die gesetzlichen Krankenkassen haben das erste
Quartal 2006 mit einem Defizit von 1,22 Milliarden Euro abgeschlossen. Das geht
aus den Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums hervor. Die Frage ist,
inwieweit die zum Mai in Kraft getretenen Änderungen wirken.


In den Monaten Januar bis März, in denen die Ausgaben in
aller Regel die Einnahmen übersteigen, haben die Krankenkassen rd. 1,22 Mrd.
Euro mehr ausgegeben als eingenommen. Davon entfielen 1,10 Mrd. Euro auf den
Bereich der alten und rd. 120 Mio. Euro auf den Bereich der neuen Länder.



Die Einnahmen sind in der Zeit nur um 0,2 % bei den beitragspflichtigen
Einnahmen gestiegen. Auch wenn das Bundesgesundheitsministerium (BMGS) im
weiteren Jahresverlauf noch eine günstigere Entwicklung aufgrund der
konjunkturellen Belebung, der sinkenden Arbeitslosenzahlen und der neueren
Tarifabschlüsse erwartet, betont es den Handlungsbedarf für eine Verbreiterung
der Bemessungsgrundlagen und Verringerung der Abhängigkeit vom Faktor Arbeit.



Besonders gestiegen sind die Arzneimittelausgaben. Im Vergleich
zu der bereits hohen Ausgangsbasis des entsprechenden Vorjahreszeitraums haben
sie nochmals um rd. 10,5% und somit um knapp 0,6 Mrd. Euro zugelegt. Allerdings: Die neuesten Daten der Deutschen
Apothekerverbände für den Monat April mit einem Rückgang von 6,3 % gegenüber
dem April 2005 sind ein erstes Signal, dass die Regelungen des Gesetzes zur
Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung zu wirken
beginnen.



Ab dem 1. Juli 2006 treten dann neue, überwiegend abgesenkte
Festbeträge in Kraft. Gleichzeitig werden bestimmte Arzneimittel mit Preisen
mindestens von 30% unter dem Festbetrag von der Zuzahlung frei gestellt. Für
die Versicherten besteht somit die Möglichkeit, viele Medikamente
zuzahlungsfrei zu erhalten.



Die Krankenhäuser verzeichnen einen überproportionalen Zuwachs von 5,8 %,
nachdem die Ausgabenentwicklung in den letzten Jahren hier moderat verlaufen
ist. Mit rund einem Drittel ist der Krankenhausbereich der größte
Ausgabenbereich der gesetzlichen Krankenkassen. Im weiteren Jahresverlauf erwartet
das BMGS eine Abflachung der Zuwächse für Krankenhausausgaben.



Der Zuwachs von 2,3 % bei den Ausgaben für ambulante ärztliche Behandlung wird
maßgeblich von einem Anstieg von 7,5 % in den neuen Ländern getragen. Dieses
spiegelt eine Verbesserung der Honorarsituation der ostdeutschen Ärzte wieder.



Dennoch bleibt die Gesundheitsministerin positiv gestimmt. „Die
gesetzliche Krankenversicherung hat durch den Bundeszuschuss von 4,2 Mrd. Euro
und die neuen Maßnahmen zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben die
Möglichkeit, das Jahr 2006 noch mit einem weitgehend ausgeglichenen
Finanzergebnis abzuschließen. Dies erleichtert der Koalition die Aufgabe, für
2007 und die Folgejahre die Finanzgrundlagen der gesetzlichen
Krankenversicherung auf ein solides Fundament zu stellen“, erklärte Bundesgesundheitsministerin
Ulla Schmidt.



Und dann? Selbst das BMGS gibt zu, dass ab 2007 erhebliche Defizite und eine
erneute Welle von Beitragssatzsteigerungen drohen. Nicht nur der zur
Haushaltskonsolidierung beschlossene schrittweise Abbau des Bundeszuschusses
für die versicherungsfremden Leistungen sowie die Anhebung der Mehrwertsteuer
für Medikamente und Hilfsmittel führen bei den Krankenkassen in 2007 zu
Mehrbelastungen von rd. 3,5 und ab 2008 sogar von rd. 5 Mrd. Euro.



Ohne Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit auf
der Ausgabenseite und eine nachhaltige Stärkung und Verbreiterung der
Finanzgrundlagen der Krankenkassen muss auch weiterhin mit einer deutlichen
Schere zwischen Ausgaben- und Einnahmensteigerungen gerechnet werden, warnt das
BMGS. Wie das aussehen könnte, lässt sich in den Forderungen der AOK nachlesen:
Die Kasse fordert eine finanzielle Zwischenlösung bis zum Wirksamwerden einer
großen Gesundheitsreform. Demnach soll die Bundesregierung die für 2007
geplante Kürzung des Bundeszuschusses zurücknehmen.



Was sonst droht ist klar: eine Erhöhung der Beiträge. Aber
die steht uns sowieso bevor. Hatte Kanzlerin Merkel nicht vor einigen Monaten
im Parlament gewarnt, dass die Reform des Gesundheitssystems für die Patienten
teuer würde.



WANC 07.06.06





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/07_06_krankenkassenminus.php
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