Personalisierte Medizin: Für alle oder für wenige?

Werden neue Behandlungsalternativen
bei allen Kranken eingesetzt? Oder werden medizinische Innovationen zum
Privileg weniger? Und fallen die neuen individuellen Therapien für den
einzelnen Patienten dem Spardruck der gesetzlichen Krankenkassen zum
Opfer?



Was bezahlen Kassen und was nicht? Diese Frage stellen sich viele, die
regelmäßig ihre Beiträge in die gesetzliche Krankenversicherung entrichten.
Dabei stellen Patienten immer häufiger fest, dass die Krankenkasse
nicht alles übernehmen wollen, was medizinisch vorteilhaft wäre. Wenn es um
Kosten und Lebensqualität geht, steht der Patient anscheinend nicht
immer an erster Stelle, sondern das Geld. Auch wenn Politiker immer
wieder betonen, dass alle Versicherten das medizinisch Notwendige
bekämen. Doch gerade um den Begriff, was notwendig ist, streiten sich
die Gelehrten.




Für den Erhalt des unmittelbaren Zuganges der Patienten zu
medizinischen Innovationen votiert natürlich der Vorstandsvorsitzende
der Roche Pharma AG, Dr. Hagen Pfundner: „Der Zugang zu wichtigen medizinischen Innovationen
sollte eine Selbstverständlichkeit sein und sich nicht auf wenige
privilegierte Patienten beschränken. Zudem brauchen wir mehr
Transparenz und Planungssicherheit bei der Frage, was Patienten künftig
nach der ärztlichen Diagnose von lebensbedrohenden Krankheiten erwarten
dürfen.“ Allerdings dürfte er damit vielen Patienten aus dem Herzen
sprechen.




Als Paradebeispiel für den medizinischen Fortschritt gilt die
Onkologie. Mittlerweile sinkt die Krebs-Sterberate in Deutschland,
wenngleich die Zahl der Neuerkrankungen weiter zunimmt. Deshalb fordert PD Dr. Stephan Schmitz,
niedergelassener Hämato-/Onkologe in Köln, dass klinisch relevante
Informationen schnellstmöglich für die medizinische Versorgung zur
Verfügung stehen müssen. „Natürlich muss auf eine gezielte und strenge
Indikationsstellung geachtet werden“, betont der Mediziner.
„Medikamente, die zugelassen und indiziert sind, sollen auch zu Lasten
der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden dürfen.




Der Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, Dr. Klaus Theo
Schröder betont, dass ein gerechter Weg gefunden werden müsse,
möglichst vielen Menschen innovative Medikamente zukommen zu lassen: „Eine Strategie könnte sein,
möglichst häufig Standardtherapien einzusetzen, um die frei werdenden
Mittel dann in Innovationen zu stecken.“




Und die werden gebraucht. Denn die Medizin geht vollkommen neue Wege.
So gehen Fachleute davon aus, dass Erkenntnisse in der Molekulargenetik
es ermöglichen werden, Medikamente gezielt für den einzelnen Patienten
oder einzelne Patientengruppen einzusetzen. Das bedeutet, dass es für
bestimmte Krankheiten keine Therapie mehr von der Stange, sondern
individuelle, auf den jeweiligen Fall zugeschneiderte
Behandlungsalternativen gibt.




Entscheidend ist dabei nicht eine hohe Anzahl initial behandelter,
sondern der Anteil dauerhaft erfolgreich therapierter Patienten.
Derartig optimierte Therapien ermöglichen ein effizientes Vorgehen und
leisten damit auch einen Beitrag zur Kostenoptimierung.




Voraussetzung für eine personalisierte Medizin ist, zunächst im Tumor
Strukturen zu finden, sogenannte „targets“, die für den Tumor typisch
sind und im gesunden Gewebe nicht oder nur in geringer Masse auftreten.
Sind die gefunden, kann gezielt darauf ein Arzneimittel entwickelt und
möglichst nebenwirkungsarm eingesetzt werden.




Dazu müssen Biomarker gefunden werden, die die größte
Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Therapie voraussagen. Ein
Beispiel für die erfolgreiche Anwendung der personalisierten Medizin
ist nach Ansicht von Experten die Behandlung des Mammakarzinoms mit
einem monoklonalen Antikörper (z.B. Trastuzumab). In Kombination mit
einer Chemotherapie kann dieser bei Frauen verwendet werden, die eine
positiven Status für das Oberflächenmolekül HER2 aufweisen.




Die Vorteile der personalisierten Medizin sind eine höhere Ansprechrate
und eine erfolgreichere Behandlung sowie weniger Therapieabbrüche und
höhere Sicherheit. Dieses Stück zusätzliche Sicherheit kann die
behandelnden Ärzte in die Lage versetzen, öfter und schneller die
richtigen Patienten auf ein neues Arzneimittel einzustellen.




WANC 05.12.2007





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/05_12_personalisiert.php
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