Schockbilder und Warnhinweise auf Zigarettenpackungen: Ob das wirklich vom Rauchen abhält, bleibt fraglich  (Foto:  European Commission)
Schockbilder und Warnhinweise auf Zigarettenpackungen: Ob das wirklich vom Rauchen abhält, bleibt fraglich (Foto: European Commission)
> Schockbilder auf Zigarettenschachteln: Halten sie wirklich vom Rauchen ab?

Ab dem 20. Mai 2016 müssen neue Zigarettenschachteln zu fast zwei Dritteln mit Schockbildern und Warnhinweisen bedruckt sein - und das sowohl auf der Vorder- wie auch auf der Rückseite. Die EU-Tabakverordnung (Richtlinie für Tabakerzeugnisse - 2014/40/EU) will das so. Für die Beantwortung der Frage, ob das überhaupt etwas bei dem Erreichen des Zieles hilft, vom Rauchen abzuschrecken, gab es nach Aussage der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA keinerlei Beweise. Eine jetzt veröffentlichte Studie will da Abhilfe schaffen. Fragen bleiben offen.


Die Richtlinie schreibt vor, dass die Warnhinweise - Abbildung und Text zusammen - 65 % der Vorder- und Rückseite von Zigaretten- und Drehtabakverpackungen bedecken müssen. Darüberhinaus werden Mindestmaße für die Warnhinweise festgelegt. Diese Vorschriften sollen gemeinsam mit anderen Beschränkungen und Auflagen die Lust am Rauchen eindämmen, insbesondere bei Jugendlichen. Bis die neuen Schachteln allerdings beim Verbraucher ankommen, wird noch einige Zeit vergehen. Die Produzenten haben vorsorglich auf Halde produziert. So schätzt der Deutsche Zigarettenverband, dass die ersten Schockschacheln nicht vor Herbst dieses Jahres in den Läden ankommen. 


Ob die Abschreckung wirklich funktioniert, war bisher nicht so klar. In einer  Befragung von Infratest dimap im Mai 2016, meinten 76 Prozent, dass es durch Warnbilder auf den Packungen nicht weniger Raucher geben wird. Und laut einer Studie der Fachzeitschrift Tobacco Control haben die Warnbilder auf den Zigarettenschachteln in Großbritannien keine Wirkung auf Raucher gezeigt. Die Forscher fanden vielmehr heraus, dass die Bilder nur bei Leuten wirkten, die sowieso nicht rauchten oder nur mit Zigaretten „experimentierten".


In der neuen Untersuchung hat Dr. Noel Brewer von der Universität North Carolina 1901 Raucher und Raucherinnen im Durchschnittsalter von 39,7 Jahren beobachtet. Diese mussten wöchentlich in einem Büro der Wissenschaftler ihren Zigarettenbedarf für die kommende Woche vorlegen. Dann wurden die Packungen entweder mit textlichen oder bildlichen Warnhinweisen beklebt. Dieses Verfahren wurde über einen Zeitraum von vier Wochen durchgeführt.


Danach wurden die Frauen und Männer befragt, ob sie einen Stop-Smoking-Versuch unternommen hatten. In der Gruppe mit den Bildwarnungen bejahten das 40%, in der mit den Texthinweisen 34%. Tatsächlich hatten 5,7% der Raucher in der Bildgruppe zumindest für eine Woche das Rauchen aufgegeben, in der Textgruppe waren es 3,8%. Die Ergebnisse dieser Studie nennt selbst Brewer "bescheiden". Dennoch ist er davon überzeugt, dass abschreckende Bilder einen "substanziellen Vorteil" bringen könnten. 


Die Pharmazeutische Zeitung (07.06.2016) meint, dass die Studie "einige Schwächen" hat. Es bleibe beispielsweise unklar, "wie die Bilder über einen längeren Zeitraum wirken. Denkbar wäre etwa, dass sich der Schockeffekt mit der Zeit abnutzt und Raucher trotz der detailreichen Darstellungen von Raucherlungen, kaputten Zähnen und sterbenden Lungenkrebs-Patienten wieder unbeirrt zum Glimmstängel greifen. Auch könnte der Wille, mit dem Rauchen aufzuhören, in der Studienpopulation überdurchschnittlich stark ausgeprägt gewesen sein – immerhin waren es Raucher, die sich von sich aus um die Teilnahme an der Studie beworben hatten."


Ob die Schockbilder letztlich wirken, ist aber noch aus einem anderen Grund heraus fraglich. Das Straubinger Tagblatt (31.5.2016) berichtete beispielsweise von einem örtlichen Händler, dem gut 80 Vorbestellungen für Zigarettenetuis vorlagen. Mittlerweile werden auch Silikonhülsen angeboten, welche die Schockbilder verbergen sollen. Für ungefähr 10 Euro kann sich der Raucher mit einem kecken Spruch oder einem flippigen Motiv eine individuelle Verpackung kaufen. Und im Internet kursieren bereits Gestaltungstipps und Anleitungen, wie man sich eine Box zu Selbstausdrucken bastelt. 


08.06.2016/ Quelle: JAMA

 
 
 
 
 
 
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