Finanzminister Eichel: «Es kommt kein Steuergeld ins System.»
> Mit Steuergeldern Sozialversicherung finanzieren?


Trotz der Notgesetze zur Beitragsstabilisierung rechnet der Vorsitzende der Regierungs-Kommission zur Reform der Sozialsysteme, Bert Rürup, 2003 mit höheren Krankenkassenbeiträgen.


Rürup regte ebenso wie der CDU-Sozialpolitiker Hermann Josef Arentz eine stärkere Finanzierung der Sozialversicherungen über Steuern an. Dies stieß auf die entschiedene Ablehnung von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD). Rürup schlug neben «gewissen Leistungsrücknahmen und einem Ausbau der privaten Vorsorge» auch vor, die Sozialversicherungen stärker über Steuern zu finanzieren. Neben Löhnen sollten «auch Vermögenseinkommen wie Zinsen oder Mieteinnahmen mit Sozialabgaben belegt oder der Versichertenkreis etwa auf Selbstständige oder Beamte ausgedehnt» werden.


Eine weitere Möglichkeit sei, im Gesundheitsbereich «statt der lohnabhängigen Krankenversicherungsbeiträge Kopfpauschalen zu erheben». Grundsätzlich sollten die Sozial-Beiträge von den Arbeitskosten abgekoppelt werden.


Ähnlich argumentierte Grünen-Chef Reinhard Bütikofer. Nach seinen Worten sollte «die Basis der Finanzierung über die Arbeitseinkommen hinaus ausgeweitet» werden. «Der Anteil des Gesundheitswesen am Bruttosozialprodukt ist zuletzt nicht mehr gestiegen. Der Hauptgrund der hohen Beiträge sind nicht so sehr die Kosten als die Arbeitslosigkeit - weil die Lasten von weniger Menschen getragen werden.»


CDU-Sozialexperte Arentz forderte, Krankenversicherungen über Zuschüsse aus den Tabak- und Alkoholsteuern zu entlasten. «Der Fiskus verdient jährlich insgesamt 18 Milliarden Euro an diversen Steuern für Alkohol und Tabak», sagte der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft. Zumindest die Hälfte dieser Beträge müsse an die Krankenversicherungen weitergeleitet werden.


Zu diesen Forderungen antwortete Eichel: «Es kommt kein Steuergeld ins System.» Es gebe genug Geld im Gesundheitswesen. Es werde aber teilweise ineffizient eingesetzt. Es könne nicht sein, dass Lobbyisten das Gesundheitswesen bestimmten. Man müsse vom Patienten und Beitragszahler her denken.


Wieweit die Krankenkassenbeiträge in diesem Jahr angehoben werden müssen, hängt laut Rürup vor allem «davon ab, wie sich die Konjunktur entwickelt. Im Durchschnitt sind bei den Krankenkassen im Laufe des Jahres nochmals Beitragssatzerhöhungen in der Größenordnung von einigen Zehntelprozentpunkten zu erwarten», sagte Rürup, der die 26 Mitglieder seiner Kommission aufgefordert hatte, ihre Vorstellungen zur Reform des Sozialsystems nicht mehr in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Im Oktober will das Gremium seine Vorschläge vorlegen.


Die Union sprach von einer «bitteren Blamage» für Gesundheitsminister Ulla Schmidt (SPD). Rürup habe klar gemacht, dass das zum Jahreswechsel in Kraft getretene Beitragssatzsicherungsgesetz die Beiträge nicht stoppe, sagte der CDU/CSU-Sozialexperte Andreas Storm der dpa. Für 2003 sei mit einem durchschnittlichen Beitragssatz von 14,3 Prozent zu rechnen nach 14,0 im vergangenen Jahr. Bis Ende des Jahres könnte der Satz auch noch auf 14,5 Prozent steigen. «Die Beitragswelle rollt ungebremst weiter, sagte Storm.


WANC 08.01.03

 
 
 
 
 
 
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