Gesundheitsreform: Nicht nur die Einnahmenseite, sondern auch die Verteilung der Kosten auf der Ausgabenseite reformieren
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Gesundheitsreform greift zu kurz
Im Gesundheitssystem sind
Reformen nicht nur auf der Einnahmeseite notwendig, sondern auch bei
den Ausgaben. Denn das deutsche Medizinwesen erzielt bei hohen Kosten
nur mittelmäßige Ergebnisse, wie internationale Studien
zeigen. Die geplante Gesundheitsreform der Bundesregierung bietet
einige positive Ansatzpunkte für mehr Wettbewerb, der zu mehr
Qualität und Effizienz bei den medizinischen Leistungen führt.
Allerdings greifen die Regelungen zu kurz. Zu diesem Ergebnis kommt
eine Forschergruppe um Prof. Dr. Jürgen Wasem von der
Universität Duisburg-Essen in einer aktuellen Expertise für
die Hans-Böckler-Stiftung.
Im Gesundheitssystem sind
Reformen nicht nur auf der Einnahmeseite notwendig, sondern auch bei
den Ausgaben. Denn das deutsche Medizinwesen erzielt bei hohen Kosten
nur mittelmäßige Ergebnisse, wie internationale Studien
zeigen. Die geplante Gesundheitsreform der Bundesregierung bietet
einige positive Ansatzpunkte für mehr Wettbewerb, der zu mehr
Qualität und Effizienz bei den medizinischen Leistungen führt.
Allerdings greifen die Regelungen zu kurz. Zu diesem Ergebnis kommt
eine Forschergruppe um Prof. Dr. Jürgen Wasem von der
Universität Duisburg-Essen in einer aktuellen Expertise für
die Hans-Böckler-Stiftung.
"Insbesondere ist ein
halbwegs geschlossenes Wettbewerbskonzept nach wie vor nicht
erkennbar", schreiben die Gesundheitsökonomen. Daher sei
das "Wettbewerbsstärkungsgesetz" der großen
Koalition auch auf der Ausgabenseite nur "sehr eingeschränkt
dazu geeignet, die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems zu
erhöhen". Die Wissenschaftler untersuchten, ob die
Gesundheitsreform die Voraussetzungen für einen echten
Qualitätswettbewerb schafft. Dazu müsste sie in zentralen
Punkten Fehlsteuerungen beseitigen. Die wichtigsten Befunde:
- Einführung eines
morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (RSA): Er soll
den Krankenkassen Anreize für mehr Qualität und
Wirtschaftlichkeit geben. Durch einen morbiditätsorientierten
RSA sind kranke Versicherte keine "schlechten Risiken"
mehr, weil die Kasse angemessene Ausgleichszahlungen erhielte.
Stattdessen wird sich auch Wettbewerb um Kranke lohnen und der Anreiz
verstärkt, besonders gute Leistungserbringer unter Vertrag zu
nehmen und attraktive Versorgungsangebote zu entwickeln. Die
Gesundheitsreform bringt einige Verbesserungen, analysieren die
Essener Gesundheitsökonomen. Allerdings seien bei wichtigen
Detailregelungen die Hürden zu hoch. - Überwindung der Grenze
zwischen ambulanter und stationärer Versorgung: Eine
Budgetierung, die wie bisher strikt nach ambulanter und stationärer
Versorgung trennt, behindert die Entwicklung von innovativen,
integrativen Versorgungsformen, so die Forscher. Die Krankenkassen
sollen deshalb die Freiheit haben, Verträge
"sektorenübergreifend" so abschließen zu können,
dass sie ihr Geld in diejenigen Versorgungsformen lenken, die gute
Qualität und Wirtschaftlichkeit vereinen. Unabhängig davon,
ob diese Versorgungsformen ambulante, stationäre oder teils
ambulante, teils stationäre Einrichtungen sind. Die
Gesundheitsreform räumt hier nach Analyse der Forscher einige
Hürden beiseite. Die positiven Neuregelungen zur Finanzierung
seien aber an entscheidenden Stellen nicht bindend formuliert. Der
Krankenhausbereich bleibe in weiten Teilen vom Vertragswettbewerb
ausgenommen. - Vertragswettbewerb in der Arzneimittelversorgung: Die Kassen sollten
direkt mit den Herstellern über Preise, Mengen und
Preis-Mengen-Kombinationen von verschreibungspflichtigen
Arzneimitteln verhandeln und dabei Rabatte erzielen können. Die
Forscher sehen einige Fortschritte in der geplanten neuen
Höchstpreisregelung. Ein wichtiger Schritt zu mehr
Wirtschaftlichkeit bei der Arzneimitteldistribution stehe aber noch
aus: Diese Reserven könnten "erst erschlossen werden, wenn
der Gesetzgeber das Fremd- und Mehrbesitzverbot von Apotheken
aufhebt."
WANC
17.11.06