Verzweifelte Frau
Nicht einmal mehr jeder Dritte (29%) traut der Politik noch zu, die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung langfristig sicherstellen zu können
> Bundesbürger vertrauen Gesundheitspolitik immer weniger

Das Vertrauen der Bundesbürger in die
Gesundheitspolitik nimmt weiter dramatisch ab. Nur noch knapp ein Drittel
glaubt an die Fähigkeit der Politiker, die Gesundheitsversorgung erhalten zu
können. Die Menschen reagieren auf gestiegene Kosten und Vertrauensverlust Sparmaßnahmen.


Nicht einmal mehr jeder Dritte (29%) traut der Politik noch
zu, die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung langfristig sicherstellen zu
können. Im vergangenen Jahr waren dies (immerhin) noch 37 Prozent. Auch das
Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist
rückläufig. Gleichzeitig verstärkt sich bei vielen Bundesbürgern (36%) der
Eindruck, dass sich die Akteure im Gesundheitswesen deutlich stärker von
Eigeninteressen als vom Patientenwohl leiten lassen.



Die Gesundheitspolitik erhält im Vergleich zu allen anderen
Beteiligten im Gesundheitswesen in der Bevölkerung in punkto
"Sympathie", "Vertrauenswürdigkeit",
"Verlässlichkeit", "Kompetenz" und
"Patientenorientierung" mit Abstand die schlechtesten Noten. Sogar
die Arzneimittelhersteller, die in der Öffentlichkeit traditionell um ihr Image
kämpfen müssen, schneiden hier besser ab. Vorne in der Gunst der Bürger liegen
Hausärzte und Apotheker; in Sachen Kompetenz genießen letztere derzeit
sogar ein höheres Ansehen als Ärzte. Krankenkassen, Krankenversicherer und
Krankenhäuser landen im Mittelfeld der Beurteilung.



Das Gesundheitsverhalten ändert sich infolge der
gesundheitspolitischen Reformen der letzen Jahre erkennbar weiter: Nur noch
weniger als ein Viertel der Bundesbürger (23%) gehen nach eigenen Angaben
direkt zum Arzt, wenn sie spüren, dass sie krank werden. 1998 lag dieser Wert
noch doppelt so hoch (56%).



Knapp zwei Drittel der Deutschen (61%) versuchen sich bei
leichteren Beschwerden zunächst mit rezeptfreien Medikamenten selbst zu helfen
(2003: 55%). Zudem greift mehr als jeder dritte Deutsche zu Beginn leichterer Erkrankungen
auf "bewährte Hausmittel" zurück und verzichtet auf eine
Medikamenteneinnahme. Ein Viertel unternimmt bei leichteren Beschwerden sogar
gar nichts und wartet einfach ab, bis die Erkrankung vorüber geht.



Gleichzeitig ist der Stellenwert von Apothekenbesuchen als
"kleiner Arztbesuch zwischendurch" weiter gestiegen: 64 Prozent
lassen sich bei leichteren Erkrankungen von Apothekern beraten und verzichten
stattdessen auf Arztbesuche (2003: 56%).



Viele Bundesbürger haben Sparmaßnahmen ergriffen, um ihre
Ausgaben für die Gesundheit zu reduzieren: So haben den letzten 12 Monaten 5
Prozent der gesetzlich versicherten Bundesbürger nach eigenen Angaben ihre Krankenkasse
gewechselt, um die monatlichen Beiträge zu senken. 17 Prozent geben an, weniger
rezeptpflichtige Medikamente eingenommen zu haben, um Zuzahlungen einzusparen.
28 Prozent haben im vergangenen Jahr weniger rezeptfreie Medikamente gekauft;
26 Prozent haben zwar nicht weniger Medikamente eingenommen, sind aber auf preisgünstigere
Arzneimittel umgestiegen.



Viele geben zudem an, rezeptfreie Präparate auch außerhalb
von Apotheken in Drogerien, Reformhäusern oder bei Discountern eingekauft zu
haben. Die monatlichen Pro-Kopf-Ausgaben der Bundesbürger für rezeptfreie
Medikamente (OTC-Präparate) liegen nach eigenen Angaben bei 8,40 EUR (Vorjahr: 9,50 EUR).



WANC 08.06.06
Quelle: Health Care Monitoring 2006, psychonomics AG.

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