Gesundheitsministerin Schmidt: "..., um die Gesundheit zu fördern und chronischen Krankheiten vorzubeugen."
> Stärkungskur für die Prävention


Das Kabinett hat ein Gesetz zur Stärkung der gesundheitlichen Prävention beschlossen. Doch die Regelungen stoßen nicht auf ungeteilte Gegenliebe.


 „Mit diesem Gesetz verfolgt die Bundesregierung den Weg einer vorausschauenden und nachhaltigen Gesundheitspolitik, um die Gesundheit zu fördern und chronischen Krankheiten vorzubeugen. Durch die Stärkung und den Ausbau der Prävention wird unser Sozialsystem zu einem modernen Sozialsystem weiterentwickelt, in dem Prävention, Behandlung, Rehabilitation und Pflege gleichrangig nebeneinander stehen", sagt Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt.

Das Bundeskabinett hat mit dem Beschluß das Gesetz auf den Weg gebracht, mit dem die gesundheitliche Prävention gestärkt werden soll. Das bedeutet, dass Prävention und Gesundheitsförderung stärker als bisher als gemeinsame Aufgabe gesehen werden soll.

Das bedeutet aber auch, dass die Kosten dafür auf mehrere Schultern verteilt wird. Allein die Sozialversicherung wird dafür 250 Mio. Euro jährlich aufwenden. Weitere Mittel müssen die gesetzliche Rentenversicherung, die gesetzliche Unfallversicherung und die soziale Pflegeversicherung beisteuern.

Von dem Gesetz verspricht sich die Gesundheitspolitik, "die Gesundheit, Lebensqualität, Mobilität und Leistungsfähigkeit nachhaltig zu verbessern und einen großen Teil der sonst erforderlichen Kosten zu vermeiden". Um möglichst viele Menschen zu erreichen, soll Prävention direkt im Lebensumfeld der Menschen verankert werden. Das heißt, Gesundheitsförderung muss in den Kindergärten und Schulen, in den Betrieben, im kommunalen Bereich angesiedelt werden, fordert die Gesundheitsministerin.

Und: "Durch Prävention und Gesundheitsförderung hat jeder die Chance aktiv Krankheiten vorzubeugen. Jede Krankheit, die nicht entsteht, erhöht die Lebensqualität und hilft Kosten sparen. Für die langfristige Finanzierung unseres Gesundheitswesens ist mitentscheidend, dass wir gesund alt werden. Auch deswegen müssen wir den Präventionsgedanken stärken. Und: Prävention ist eben keine Frage des Alters."

Ungeteilte Freude verbreitet das Gesetz allerdings nicht. So bekennen sich zwar die Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger "zu einer umfassenden, zielbezogenen und qualitätsgesicherten Stärkung von Prävention und Gesundheitsförderung". Allerdings sehen sie die Sozialversicherungsträger der vorgesehenen Finanzverteilung kritisch. Besonders bemängeln sie, dass die Zusage der Bundesagentur für Arbeit, sich mit 20 Millionen Euro an der Finanzierung zu beteiligen, nun wieder aus dem Entwurf gestrichen wurde.

Nach Ansicht der Sozialversicherungsträger ist Prävention eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, in die auch die Arbeitsförderung sowie die Private Krankenversicherung und die Private Pflegeversicherung mit einbezogen werden müsse. Zudem müsse das Gesetz sicherstellen, dass die Finanzautonomie der Sozialversicherungsträger erhalten bleibe. Wer
die Prävention finanziere, sollte auch darüber entscheiden, wohin die
Mittel fließen. Es gehe schließlich um Beitragsgelder der Versicherten und Arbeitgeber.

Außerdem wird moniert, dass statt Bürokratie abzubauen, eben diese gefördert und ausgedehnt werde. Trotz zahlreicher Regelungen gelinge es dem Entwurf nicht, eine einheitliche Verbindlichkeit der Präventionsziele für alle Ebenen - Bund, Länder und Gemeinden - herzustellen. Er trage sogar dazu bei, einheitliche Ziele dadurch zu verwässern, dass regionale
Abweichungen finanziell unterstützt werden müssten.


Inhalte des Gesetzes:

Gerechtere Verteilung der Lasten
Im Bereich der Sozialversicherung hat sich aufgrund gesetzlicher Regelungen bislang hauptsächlich die gesetzliche Krankenversicherung in der Verhinderung von Krankheiten, der sogenannten primären Prävention engagiert. Künftig sollen sich auch die gesetzliche Rentenversicherung, die gesetzliche Unfallversicherung und die soziale Pflegeversicherung an der Finanzierung der primären Prävention beteiligen. Insgesamt sollen jährlich im Ergebnis mindestens 250 Millionen Euro für präventive Maßnahmen verwendet werden, davon 180 Millionen Euro von der gesetzlichen Krankenversicherung, 40 Millionen Euro von der gesetzlichen Rentenversicherung, 20 Millionen Euro von der gesetzlichen Unfallversicherung und 10 Millionen Euro von der sozialen Pflegeversicherung.


Zielorientierung
Die Leistungen werden künftig an Präventionszielen und Umsetzungsstrategien orientiert. Damit soll sichergestellt werden, dass die vorhandenen Mittel für solche Präventionsbereiche verwendet werden, die als vordringlich eingestuft werden und deren Stärkung den größten Nutzen für alle verspricht. So wäre als Ziel die Verbesserung des Ernährungsverhaltens, aber auch die Verminderung der Sterblichkeitsrate von Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder anderen Erkrankungen vorstellbar. Ziele können sich auch auf bestimmte Bevölkerungsgruppen beziehen wie Kinder und Jugendliche.


Qualitätssicherung
Beiträge der Sozialversicherten sollen nur für Maßnahmen ausgegeben werden, deren Nutzen prinzipiell nachgewiesen und deren Qualität sichergestellt ist. Dafür legt das Präventionsgesetz verbindliche Kriterien fest. Entsprechend regelt das Gesetz, dass die Stiftung für alle Leistungen angemessene Standards definiert.


Kooperation und Koordination
Das Gesetz macht Vorgaben zur verbesserten Kooperation und Koordinierung der Leistungen von Akteuren und Kostenträgern, damit Synergieeffekte entstehen können. So werden künftig die Sozialversicherungsträger beispielsweise gemeinsam Projekte zur Förderung der Gesundheit in Schulen, Kindergärten, Seniorenheimen und Betrieben fördern.


Leistungen auf verschiedenen Ebenen
Die Sozialversicherungsträger werden 100 Millionen Euro im Jahr für individuelle Maßnahmen zur Vorbeugung von Krankheiten, der sog. primären Prävention - z. B. Kursangebote Ernährung und Bewegung - und betrieblichen Gesundheitsförderung zur Verfügung stellen. Weitere 100 Millionen Euro werden als gemeinsame Aufgabe von gesetzlicher Kranken-, Renten-, Unfall- und sozialer Pflegeversicherung in den Ländern organisiert. Diese Leistungen richten sich an Menschen in ihrer sozialen Umwelt wie Schule, Kindergarten, Betrieb, Sportverein, Senioreneinrichtung (sog. lebensweltbezogene Leistungen). Hierbei werden diese Lebenswelten auch auf gesundheitsschädliche Einflüsse untersucht und Änderungsmöglichkeiten entwickelt. Mit einer Stiftung Prävention und Gesundheitsförderung wird auf Bundesebene eine Kooperation der Sozialversicherungszweige geschaffen. Sie wird sowohl Modellprojekte als auch im Einvernehmen mit den Ländern Projekte in den Lebenswelten fördern und Kampagnen im Umfang von 50 Mio. Euro durchführen. Daneben wird sie wichtige Steuerungsaufgaben erfüllen wie die Entwicklung von Präventionszielen und die Konkretisierung der Qualitätssicherungsstandards.


Berichtspflicht
Die Bundesregierung wird regelmäßig - im Abstand von vier Jahren - mit einen Bericht Rechenschaft ablegen, ob Präventionsziele erreicht wurden und die Instrumentarien des Gesetzes gegriffen haben. Damit können veränderte Anforderungen an ein modernes Präventionssystem frühzeitig erkannt und berücksichtigt werden. Auch wird die Selbsthilfeförderung transparenter und effektiver. Das stärkt die aktiven Patientenkräfte in unserem System.

WANC 03.02.05

 
 
 
 
 
 
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